GORLEBEN-CHRONIK

Das Jahr 2015

Kulturelles Widerstandsfest

Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der "Kessel von Harlingen" war rechtswidrig.

Januar

01.01.2015

Es findet der alljährliche BI-Neujahrsempfang für das Widerstandsjahr 2015 an den Atomanlagen Gorleben statt.

09.01.2015

Mehr als 60 Menschen finden sich bei Regen und Sturm zur 200. Mahnwache für Fukushima am 9. Januar auf dem Marktplatz in Dannenberg ein. Spendiert wird eine große Torte.

16.01.2015

Die Genehmigung für das Zwischenlager am Atomkraftwerk Brunsbüttel bleibt ungültig. Wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) mitteilt, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) auf Zulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 20. Juni 2013 abgelehnt. Die Aufhebung der Genehmigung wurde damit rechtskräftig.

Im Zwischenlager Brunsbüttel befinden sich derzeit neun Castoren. Die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein "duldet" die Lagerung bis Anfang 2018, weil es keine Alternative gibt.
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

Februar

22.02.2015

Am 22. Februar, 38. Jahrestag der Standortbenennung Gorlebens als "nukleares Entsorgungszentrum", nehmen weit über 100 Menschen an einer Kundgebung auf dem "Salinas-Gelände" unweit der Atomanlagen in Gorleben teil. Einige Landwirte kommen mit dem Trecker.

März

14.03.2015

Am 14. März findet aus Anlass des Fukushima-Jahrestages in Dannenberg eine Demonstration statt. 300 Menschen versammeln sich am Ostbahnhof und ziehen in Begleitung von 30 Traktoren zum Marktplatz.

20.03.2015

Die bisher von den AKW-Betreibern getätigten Rückstellungen zur Erfüllung ihrer Stillegungs- und Entsorgungsverpflichtungen sind nicht insolvenzsicher angelegt, heißt es in einem Rechtsgutachten, das die Anwaltskanzlei Becker-Büttner-Heldt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums angefertigt hat.
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

25.03.2015

Am 25. März beschließt das Bundeskabinett, die sogenannte Veränderungssperre in Gorleben bis ins Jahr 2025 zu verlängern. Die bisherige Veränderungssperre läuft am 16. August aus.

"Statt einer weißen Landkarte bei der angeblich neuen Endlagersuche wird der Salzstock als Regierungsfavorit für ein nukleares Endlager gehandelt", heißt es seitens der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. (BI). „Barbara Hendricks Beteuerungen, kein Standort sei bei der Endlagersuche gesetzt und auch keiner von vornherein ausgenommen, wird durch diese Entscheidung konterkariert". "Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts soll gegenüber den Bundesländern signalisiert werden, dass der Kelch an ihnen vorbeigehen wird".

April

Im April legt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf Drängen der BI eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Niedersachsen vor, in der erklärt wird, dass sich das Planfeststellungsverfahren in Gorleben aus dem Jahr 1977 erledigt hat.

Mitte April

Mitte April beschließt der SPD-Unterbezirksparteitag in Uelzen 5.000.000 Euro für Gorleben, solange dort Atommüll eingelagert wird. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) lehnt diese Forderung strikt ab.

Mitte April

Mitte April weist das Verwaltungsgericht Lüneburg die Klage von Bernstorff und Greenpeace gegen die Veränderungssperre Gorleben zurück. Per Eilverfahren wollten die Umweltorganisation und der Grundeigentümer Fried Graf von Bernstorff klären lassen, ob die geplante Fortschreibung der Veränderungssperre in Gorleben für unwirksam erklärt werden kann. Das Gericht wies die Anträge als unzulässig und unbegründet ab.

Mai

Kulturelles Widerstandsfest

22.05.2015

Im Rahmen der Kulturellen Landpartie feiern am 22. Mai 8.000 Menschen ein "kulturelles Widerstandsfest" rund um das Erkundungsbergwerk. Zwischen dem Areal des atomaren Zwischenlagers und der Endlagerfestung drängen sich Tausende zwischen Info- und Verkaufsständen, auf drei Bühnen spielen Bands zur Unterstützung des Gorleben-Widerstands oder laden zu Theatervorstellungen ein. Rund 50 Traktoren der Bäuerlichen Notgemeinschaft fahren auf und umrunden als Shuttle-Service das Bergwerksgelände mit unzähligen Informationshungrigen auf dem Anhänger.

"Niemand glaubt, dass in der Endlagerkommission des Deutschen Bundestages die Weichen auf ein Ende des Gorleben-Kapitels gestellt werden", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke auf einer der Kundgebungen: "Das treibt die Menschen auf die Straße."


Am Nachmittag überwinden einige hundert Besucher*innen den äußeren Begrenzungszaun des Endlagerbergwerks und fordern auf Transparenten den Rückbau der Anlage. Die Besetzungsaktion dauert bis in die frühen Morgenstunden an. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius spricht von einer "Gewaltorgie", "puren Polizeihass" und "blinde Zerstörungswut".

Juni

12.06.2015

Der Bundesrat verlängert am 12. Juni die Veränderungssperre für den Salzstock in Gorleben – anders als ursprünglich geplant allerdings nicht um weitere zehn, sondern nur zwei Jahre bis zum 15.08.2017. Bis dahin soll nach einer Lösung gesucht werden, die es möglich macht, im Sinne der geforderten Gleichbehandlung von Gorleben auch für andere potenzielle Standort-Regionen in Deutschland solche Veränderungssperren zu verfügen. Bisher ist aber offen, wie eine solche Lösung rechtlich aussehen könnte.

"Harlinger Kessel" war rechtswidrig

25.06.2015

Das Bundesverfassungsgericht gibt in einer Entscheidung vom 25. Juni einem Demonstranten in einem Verfahren zum Castortransport 2010 recht: Die Ingewahrsamnahme im "Harlinger Kessel" war nicht rechtmäßig.

27.06.2015

E.ON schaltet das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld endgültig ab. Es hätte eigentlich erst zum Jahresende stillgelegt werden müssen, doch ein Weiterbetrieb lohnte sich nicht wegen der zu zahlenden Brennelementesteuer.
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

Juli

19.07.2015

Die restlichen 26 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im Ausland, die bisher noch nicht zurücktransportiert wurde, sollen auf vier Zwischenlager an Atomkraftwerken verteilt werden. Darauf einigen sich das Bundesumweltministerium und die vier AKW-Betreiber. Damit sei noch keine Festlegung der Standorte getroffen worden, erklärt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), schlägt aber eine Verteilung auf Philippsburg, Biblis, Brokdorf und Isar vor. Diese vier Standorte seien "sowohl unter technischen, rechtlichen und verfahrensbezogenen Aspekten als auch aus politischer Sicht am besten geeignet". Bayern empört sich über Einbeziehung des Zwischenlagers Isar und droht mit Blockade der Energiewende.
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

August

06.08.2015

Am 6. August, dem Jahrestages des Abwurfes der Hiroshimabombe, beteiligen sich 25 Menschen an der Fukushima-Mahnwache in Dannenberg.

September

01.09.2015

Am 1. September wird die Klage gegen die Veränderungssperren-Verordnung durch Graf von Bernstorff und Greenpeace vom Verwaltungsgericht Lüneburg auch in der Hauptsache für unzulässig erklärt. Die Kläger behalten sich vor, gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen und in die nächste Instanz zu gehen.

24.09.2015

Am 24. September lehnt der Kreistag Lüchow-Dannenberg die Einladung der Endlager-Kommission zu Workshops ab.

Oktober

10.10.2015

Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht die Ergebnisse eines "Stresstests", mit dem untersucht werden sollte, ob die von den AKW-Betreibern gebildeten Rückstellungen ausreichen, um den Rückbau und die Stillegung der Kernkraftwerke sowie die Kosten für Entsorgung und Endlagerung abzudecken. Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ergibt sich aus dem von ihm beauftragten Gutachten, daß die bisher getätigten Rückstellungen ausreichend waren.
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

10.10.2015

In Berlin protestieren ca. 250.000 Menschen gegen die Handels- und Investitionsabkommen TTIP und CETA. Mit Bus und Bahn machen sich auch Wendländer:innen auf den Weg nach Berlin.

23.10.2015

Das Buch "Die Anti-Atom-Bewegung. Geschichte und Perspektiven" erscheint. "Keine andere soziale oder politische Bewegung in diesem Land war so erfolgreich wie die Anti-Atomkraft-Bewegung", heißt es im Kladdentext.

November

03.11.2015

Die BI Lüchow-Dannenberg mobilisiert zur Demonstration am 12. Dezember in Paris, wo die Klimakonferenz stattfindet.

15.11.2015

Bei Kaffee und Kuchen zeigt das Gorleben-Archiv im Café Grenzbereich in Platenlaase einige Filmdokumente unter dem Motto: "Deine Geschichte! … und der Fall Gorleben ist noch immer nicht Geschichte."

29.11.2015

Es gibt neue Einwände gegen ein Endlager in Salzgestein: Bei bestimmten Temperatur- und Druckverhältnissen, wie sie in den oberen Erdschichten ohnehin schon vorhanden sind, wird Salz porös.

Dezember

06.12.2015

Mehrere Dutzend Atomkraftgegner:innen spazieren am Nikolaustag um das Erkundungsbergwerk in Gorleben. Weitere Protestaktionen finden in Neckarwestheim, Gronau und Brokdorf statt.

08.12.2015

Nach einem Treffen zwischen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) unterzeichnen beide eine gemeinsame Erklärung, derzufolge "die Rückführung der 26 Behälter mit verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung im europäischen Ausland eine gesamtstaatliche Aufgabe darstellt, bei der auch Bayern bereit ist, Mitverantwortung zu übernehmen".
Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de

28.12.2015

Am Montag nach Weihnachten findet in Dannenberg die 250ste Fukushima-Mahnwache statt, an der rund 60 Menschen teilnehmen und ein großes, leuchtendes Widerstands-X formen.

Die ganze Geschichte: