GORLEBEN-CHRONIK

Das Jahr 2024

Neubau statt Kartoffelscheune!

BI fordert Transportestopp ins Fasslager und Neubau des Zwischenlagers. Der "Rückbau" des verhinderten Endlagers wird immer teurer.

Januar

01.01.2024

Zum traditionellen Neiujahrsempfang an den Atomanlagen in Gorleben kommen bei Sekt und Berliner dieses Jahr etwa 50 Menschen zusammen. BI-Pressesprecher Wolfgang Ehmke kündigt an, man wolle weiter am Ball bleiben: einen Neubau der Zwischenlagerhalle fordern und ein kompletten Transportestopp in das Fasslager erwirken.
Quelle: Presseerklärung BI Umweltschutz

01.01.2024

"Ich kann diejenigen, die Atomkraft wieder nutzen wollen in Deutschland, nur auffordern, dann klipp und klar zu sagen, wo ein solches Atomkraftwerk gebaut werden sollte", so die Grünen-Politikerin im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. "Ich lade auch ein, sich in die Debatte über die Suche eines Endlagers aktiv mit einzubringen." Bislang gebe es das schließlich nicht. "Aber irgendwo muss der Müll am Ende des Tages hin", so Lemke.
Quelle: dpa

01.01.2024

Iris Graffunder leitet künftig als Nachfolgerin von Stefan Studt und erste Frau an der Spitze die Bundesgesellschaft für Endlagerung nuklearen Mülls in Peine. Sie ist damit zuständig für die Asse, Schacht Konrad und die Suche nach einem Ersatz für Gorleben, das ursprünglich geplante Endlager für hochradioaktiven Müll.
Quelle: haz.de

02.01.2024

Politikern, die eine Wiederbelebung der Atomkraft in Deutschland fordern, erteilt Eon-Chef Leonhard Birnbaum eine klare Absage: "Das ist mittlerweile auch technisch nicht mehr möglich, das Thema ist durch. In Deutschland ist die Messe für die Atomkraft gelesen."
Quelle: focus.de

31.01.2024

Die Kosten für das gescheiterte Endlagerprojekt in Gorleben (Landkreis Lüchow-Dannenberg) steigen auf mindestens 2,1 Milliarden Euro. Das hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bekanntgegeben. Damit korrigierte die Gesellschaft die Summe um 200 Millionen Euro nach oben. Die Kosten werden noch weiter steigen, denn jetzt müssen noch rund 400.000 Tonnen Steinsalz wieder zurück in den Gorleber Salzstock befördert werden. Das Salz war ursprünglich für den Bau der beiden Schächte herausgeholt worden. Wie teuer das wird, dafür gibt es bislang keine Schätzung. Aktuell heißt es, die Arbeiten sollen im Sommer beginnen.
Quelle: ndr.de

Februar

20.02.2024

Mit 12 Jahren Verspätung sollen in diesem Jahr "Bauvorbereitungen" beginnen für die Errichtung einer zehn Meter hohen Mauer rund um das Zwischenlager in Gorleben - als Schutz gegen "Bedrohungslagen im Nahbereich".

Dass die BGZ, die bundeseigene Betreiberfirma, diese späte Baumaßnahme als "permanente Anpassung" an die Forderungen der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden bezeichnet, sei wohl ein verspäteter Karnevalsscherz, meint die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Einen falschen Eindruck erwecke auch der Begriff "Ummantelung", weil die Mauer eben nicht das alte 20 Meter hohe Gebäude ummantelt, wie es die BI begrüßen würde. Vor allem die nur 20 Zentimeter starke Decke sei der Schwachpunkt, vor allem bei einem Flugzeugabsturz, erinnert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 20.2.2024

März

11.03.2024

Am 13. Fukushima-Jahrestag versammeln sich erneut Menschen in Dannenberg auf dem Marktplatz und gedenken der Opfer der Atomkatastrophe. 13 Jahre lang haben sich nun Aktivist:innen jeden Montag um 18 Uhr zur Mahnwache getroffen. Nun kündigen die Organisator:innen an, nicht mehr wöchentlich, sondern nur einmal im Jahr, jeweils am 11. März in Dannenberg zusammenkommen.

Als Gastrednerin spricht Yu Kajikawa, Mitorganisatorin der jährlichen Fukushima Demo in Berlin. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg warnt vor den Stimmen in den Unionsparteien, der FDP und AfD, wieder in die Atomkraft einzusteigen. Ingrid und Werner Lowin fangen Impressionen dieser 13 Jahre Mahnwache mit einer Fotoausstellung ein.

17.03.2024

Am Sonntag treffen sich an den Atomanlagen in Gorleben – wie jeden Sonntag – Atomkraftgegner:innen, um das Gelände des ehemaligen Endlagerbergwerks zu umrunden: Die Besonderheit, zum 750sten Mal.

April

07.04.2024

Am 7. April wäre Marianne Fritzen 100 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass findet um 14 Uhr das Gorlebener Gebet an den Gorleben Kreuzen mit Marie-Therese Fritzen-Einfeldt statt.

Am selben Tag findet im Gorleben Archiv die jährliche Mitgliederversammlung des Vereins statt. Den Vorstand bilden künftig Hans-Werner Zachow, Gabi Haas, Frank Schmitt, Ulrich Rode und Dominique Chasseriaud, der in Abwesenheit gewählt wurde. Anlässlich Mariannes Geburtstag gab es im Anschluss Sekt und Torte.

Mai

09.05.2024

Gorleben Archiv und BI beteiligen sich wie jedes Jahr bei der Kulturellen Landpartie im Wendland vom 9. bis zum 20. Mai mit Ausstellungen und Vorträgen.

Juni

05.06.2024

Die Endlagersuche soll beschleunigt werden – das war der Grundtenor einer Anhörung des Umweltausschusses des deutschen Bundestages am 5. Juni in Berlin. Die Anhörung ging auf eine revidierte Zeitplanung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) zurück, der zufolge ein Endlagerstandort rund 15 bis 30 Jahre später als ursprünglich angenommen feststehen würde. Wie eine Beschleunigung des Verfahrens aussehen könnte, bleibt in der Debatte offen.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) warnt davor, dass die Grundsätze "wissenschaftsbasiert" und "frei von politischer Einflussnahme" aufgeweicht werden könnten. Als "das Einfallstor" für Länderegoismen und parteipolitische Einflussnahme sieht die BI das besondere Konstrukt der "Legalplanung" – jeder wichtige Schritt bei der Eingrenzung der Endlagersuche auf nur wenige Regionen bzw. Standorte muss durch ein Bundesgesetz beschlossen werden.

Wie sich Parteien die Beschleunigung vorstellen, blieb am Ende offen, allein der von der AfD benannte Sachverständige Klaus-Dieter Humpich wusste, wie es geht: aus seiner Sicht seien Salzstöcke besser als andere geologische Formationen für die Endlagerung geeignet. Wenn man die Politik beiseitelasse und rein wissenschaftlich entscheide, könne man die Endlagersuche schnell beenden, indem man Gorleben als "besterforschtes Projekt der Welt" auswähle, sagt er vor dem Ausschuss.

"Gerade weil der Salzstock Gorleben-Rambow gut erforscht ist, flog der Standort bereits im ersten Vergleichsschritt bei der Endlagersuche heraus", kontert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, "so viel zur Wissenschaftlichkeit des AfD-Sachverständigen."
Quelle: Pressemitteilung BI Umweltschutz, 6.6.2024

August

02.08.2024

Das 10. e-Ventschau-Festival zugunsten der Kinder von Fukushima & Tschernobyl findet am 2. & 3. August statt. Neben Live-Musik sprechen zu den Themen Atomenergie und Endlagerung Dr. Bernd Redecker (Lagatom/BUND Niedersachen), Heinz Smital (Greenpeace) und Vertreter:innen der Forschungsgruppe "Atomenergie" des Fachgebiets Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der TU Berlin.
Quelle: e-ventschau.de

07.08.2024

Die Endlagersuche wird sich wahrscheinlich bis zum Jahr 2074 verzögern. Zu diesem Schluss kommt das Öko-Institut, das im Auftrag der Atomaufsichtsbehörde BASE (Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung) den Zeitplan der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) überprüfte.

2022 musste die BGE einräumen: Das Verfahren könnte insgesamt viel länger dauern als im Gesetz vorgesehen, bis 2031 sollte ein Standort gefunden werden. Im besten Fall ging die BGE 2022 davon aus, bis 2046 einen Standort benennen zu können, im schlimmsten Fall erst 2068. Jetzt kommt das Öko-Institut zu dem Schluss, dass sich die Suche sogar noch länger verzögern kann.

"Für uns ist das keine große Überraschung, denn es gilt unverändert der Grundsatz Sorgfalt vor Eile", kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Mit der gravierenden Konsequenz, dass die Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle sich von 40 Jahren auf rund 100 Jahre verlängert mit all den sicherheitstechnischen Folgen, die eine verlängerte Zwischenlagerung mit sich bringt, werde man sich verstärkt auseinandersetzen müssen, merkt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke an.
Quelle: Pressemitteilung BI Umweltschutz, 7.8.2024

10.08.2024

Die Undine-von-Blottnitz-Hütte am Zwischenlager Gorleben ist runderneuert. Rund 80 Atomkraftgegner:innen kommen, um darauf anzustoßen. Rebecca Harms, BI-Mitbegründerin und ehemalige Grünen-Europaabgeordnete, erinnert an das politische Wirken von Blottnitz, die in den Anfängen des Gorleben-Protests sowohl in der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) als auch in der Bäuerlichen Notgemeinschaft eine führende Aktivistin war. Freundschaftshäuser und Widerstandshütten wurden vornehmlich auf dem Baugrund von Atomanlagen errichtet. Als 2010 Mitglieder der Bäuerlichen Notgemeinschaft im Gedenken an Undine von Blottnitz diese Hütte errichteten, war der Ort eher strategischer Natur: schräg gegenüber liegt das Zwischenlagergelände. Bereits vor dreißig Jahren stand dort das Widerstandsdorf Castornix und der erste Castortransport nach Gorleben konnte noch einmal verhindert werden.

"Wir bewegen uns hier auf geschichtsträchtigem Boden, verbinden die Erinnerung an Undine mit den Aufgaben von heute und morgen", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. "Widerstandsgeschichte wurde hier geschrieben und leider muss unsere Arbeit weitergehen."


Die Waldparzelle war auch strategisch von Bedeutung für die Auseinandersetzung mit den Endlagerplänen, die Salinas GmbH hatte dort ihre prospektive Bohrparzelle. Thomas Hauswaldt fasst die Pläne, Salz zu fördern, statt dort Atommüll im Salz zu verbuddeln so zusammen: "Strahlungsfrei aufs Frühstücks-Ei".

Bereits in zwei Jahren wolle die BGZ (bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung) den Antrag auf Neugenehmigung des Zwischenlagers für hochradioaktive Abfälle stellen, da blieben nur zwei Jahre, um über Argumente und den notwendigen politischen Druck für ein Mehr an Sicherheit zu sorgen. Dazu tauge auch die Hütte als Treffpunkt.
Quelle: Pressemitteilung BI Umweltschutz, 12.8.2024

September

09.09.2024

Nächtliche Drohnenflüge über einem Industriegebiet in Brunsbüttel - in dem sich auch das abgeschaltete Atomkraftwerk befindet - sorgen Anfang August für Sorgen. Ab dem 4. August waren dort "verdächtige Feststellungen mit auffälligen Lichtern am Himmel" gemacht worden, die "von Flugobjekten" stammen könnten. Berührt war auch das Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks, dort lagern u.a. hochradioaktive Abfälle wie in Gorleben.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) reagiert beunruhigt. Seit geraumer Zeit weise sie darauf hin, dass die Sicherung der Zwischenlager den tatsächlichen Bedrohungsszenarien hinterherhinke: Der Bau einer 10 Meter hohen Mauer um die Castorhalle in Gorleben herum, die aber 20 Meter hoch ist und deren Deckenstärke lediglich 20 Zentimeter beträgt, könne nicht die Antwort auf neue Bedrohungsszenarien sein.

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: "Es gibt nicht nur Spionage-Drohnen, es gibt auch Kampfdrohnen und es ist unerträglich, dass bei der Abwehr nicht einmal die Zuständigkeiten – Innenministerium oder Bundeswehr – der Behörden geklärt sind. Wir erwarten eine starke Reaktion der Atomaufsicht in Hannover und des Innenministeriums."

Quelle: Pressemitteilung BI Umweltschutz, 9.9.2024

18.09.2024

"Der Sommer ist vorbei, doch es tut sich nichts!", konstatiert die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) zum Rückbau des Bergwerks in Gorleben. Weil man im Wendland in der Gorleben-Auseinandersetzung äußerst skeptisch gegenüber Politik und Behörden geworden ist, "läuten die Alarmglocken".

Im Bundeshaushalt 2024 seien mehr als 14 Mio. Euro für den Standort eingestellt worden, der Rückbau solle sich nach Angaben des BMUV am Ende auf einen dreistelligen Mio. Betrag belaufen.

"Entweder ist es ein peinliches Haushaltsversagen des Bundesumweltministeriums, wenn seit 2021 klar ist, dass das Salz unter die Erde kommt. Oder die Fragen stellen sich, ob es eine Hinhaltetaktik, gar einen Plan B für die Nachnutzung des Endlagerbergwerks gibt", so die BI.

Quelle: Pressemitteilung BI Umweltschutz, 18.9.2024

Oktober

07.10.2024

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) besucht Gorleben und trifft sich sowohl mit der Betreiberin BGZ als auch mit der Bürgerinitiative.

Warum Meyer ausgerechnet am 7. Oktober nach Gorleben kam, rutscht ihm eingangs heraus. Eigentlich war es der Termin, an dem der Rückbau des ehemaligen Endlagerbergwerks beginnen sollte und zu diesem Termin wäre auch die Bundesumweltminister Steffi Lemke erwartet worden. "Spätestens Anfang 2025 muss der Rückbau beginnen, damit das Vertrauen in der Region wiederhergestellt wird", so Meyer.


"Gorleben wird kein Standort für bayerischen Atommülltourismus", unterstreicht Meyer und fordert eine schnelle Schließung des Bergwerks und Rückbau der Pilotkonditionierungsanlage: "Der Salzstock in Gorleben ist als Endlager ungeeignet und muss nun schnell verfüllt werden. Es fehlt nicht nur der Platz, um alle Castoren aus Deutschland jetzt oberirdisch in Gorleben zu lagern, sondern es wäre auch völlig verantwortungslos. Ein Endlager in Bayern auszuschließen, neue Atomkraftwerke zu fordern und gleichzeitig den gesamten Müll nach Niedersachsen schicken zu wollen – dazu sage ich klar: Gorleben wird kein Standort für bayerischen Atommülltourismus."

"Mit dem Minister waren wir uns einig, dass die Castorbehälter nur noch einmal, nämlich in Richtung Endlager bewegt werden dürfen", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Quelle: ndr.de, umwelt.niedersachsen.de

... die Geschichte ist nicht zu Ende...

Die ganze Geschichte: