Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen "Nuklearen Entsorgungszentrums" benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
Ein Exkurs am Rande: Ende der 70er Jahre wurde die schlimme Wortschöpfung "Entsorgung", ein Wort das vorher in der deutschen Sprache unbekannt war, mit dem "Entsorgungspark Gorleben" erst geschaffen. Sorge zu tragen für sich und andere, das gibt erst dem menschlichen Leben Sinn, ist die Voraussetzung dafür, dass die Menschheit seit mehr als eine Millionen Jahre überleben konnte. Sich entsorgen heißt nichts anderes, als eigene Sorgen anderen aufbürden. (aus: A. Quist, Hinterwalden)
Januar
Die Bundesregierung gerät im Januar hinsichtlich des Entsorgungsnachweises für die Atomkraftwerke unter Zeitdruck. Die "Projektgesellschaft Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen" erklärt in einem Schreiben an den Niedersächsischen Innenminister, "die Entsorgungssituation der deutschen Kraftwerke in den Jahren 1981/82" werde "kritisch werden".
08.01.1977
Am 8. Januar wird Gorleben in einer Rundfunksendung als "bevorzugter Standort" für ein Nukleares Entsorgungszentrum benannt. Auch die Fragen im Zusammenhang mit der Erdgasbohrung auf DDR-Seite, ihre denkbare Einwirkungsmöglichkeit auf den Salzstock sowie die Frage des Erdgasvorkommens werden erörtert. Gorleben sei "voll in der Öffentlichkeit", heißt es im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium.
14.01.1977
"Einer der vier Standorte ist Gorleben. Das Landesministerium ist der Auffassung, daß dieser Standort - vorbehaltlich einiger noch zu klärender Sachfragen - für das Entsorgungszentrum im Vergleich zu den anderen in Betracht kommenden Standorten in bevorzugter Weise geeignet ist", schreibt der Staatssekretär des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums Dr. Hans-Joachim Röhler am 14. Januar an Günter Hartkopf, Staatssekretär im Innenministerium. Röhler kündigt eine Standortentscheidung "bis Ende Februar" an und fordert die Bundesregierung auf, wegen des "bevorzugt geeigneten" Gorleben Kontakt zur DDR aufzunehmen.
20.01.1977
In einem Entschließungsantrag fordert die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag am 20. Januar, dass zuerst "alle mit der Errichtung ei- nes Entsorgungszentrums zusammenhängenden Fragen ... geklärt" werden müssten, bevor weitere Atomkraftwerke gebaut werden könnten. Bundeskanzler Helmut Schmidt geht von der Notwendigkeit des forcierten Ausbaus aus und strebt die zügige Realisierung des Entsorgungszentrums an.
25.01.1977
Aufgrund der "z.Z. noch herrschenden, völligen Ungewissheit in der niedersächsischen Entsorgungsszenerie" solle die Frage nach dem Konkretisierungsgrad des Entsorgungszentrums für einen Entsorgungsvorsorgenachweis "offen" gehalten werden, heisst es in einem Ministergespräch zur Entsorgungspolitik am 25. Januar. Auf den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht müsse daher "sowohl im Zweiergespräch mit dem Bundeskanzler als auch in der Runde der Ministerpräsidenten im Sinne einer raschen Entscheidung hingewirkt werden". Außerdem sollte Albrecht "die Teilung der politischen Initiativlast" zwischen Bundesregierung und Landesregierung angeboten werden. Damit hoffte BMI-Abteilungsleiter Sahl zu einer Standortentscheidung zu kommen und so dem Vorwurf der Untätigkeit vonseiten der Energiewirtschaft zu entgehen.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) könne die Initiative ergreifen und ein Planfeststellungsverfahren für einen geeigneten niedersächsischen Standort beantragen. Damit werde der Landesregierung vor ihrer eigenen Bevölkerung ein "Alibi" verschafft, mit dem sie bei der weiteren Vorbereitung des Entsorgungszentrums "mitmachen" könne. Die bereits vorliegenden Kenntnisse der Standorte reichten für eine konkrete Standortwahl aus, wie das Gespräch am 11. November 1976 gezeigt habe.
(Sahl, BMI; Aufzeichnungen zu Ministergespräches zur Entsorgungspolitik am 25. Januar)
25.01.1977
In der Sitzung der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAK) am 25. Januar besteht Übereinstimmung, dass der Umfang des nötigen Polizeiaufgebotes zur Sicherung gegen Protestaktionen bei den Probebohrungen eine "Begrenzung der Vorauswahl auf möglichst einen Standort" begründet. Die Probebohrungen seien "nur unter größtem Polizeiaufgebot" zu sichern. Niedersachsen geht davon aus, dass ca. 3.850 Polizeibeamte gestellt werden müssten, unterstützt von doppelt so vielen Beamten aus anderen Bundesländer und des Bundesgrenzschutzes. Für einen sechswöchigen Einsatz würden sich Kosten von 20,6 Mio. DM addieren.
26.01.1977
Das Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung (NLfB) und die Gewerkschaft Brigitta/Elwerath, die eine Konzzession zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen inne hat, mutmaßen am 26. Januar, das unter dem Salzstock Gorleben in etwa 3.500 Meter Tiefe Gas vorhanden ist.
31.01.1977
Am 31. Januar schreibt ein Abteilungsleiter in einer Vorlage an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten über persönliche Gespräche im Bundeswirtschaftsministerium:
"Zu Gorleben könne der Bund nicht ja sagen, da sich der Salzstock auf DDR-Gebiet erstreckt und auch die Sicherheits- und Kontrollzone sich auf DDR-Gebiet erstrecken müßte, von der die Bundesregierung in keinem Falle abhängig werden will."
Februar
02.02.1977
In einer Kabinettsvorlage des Umweltausschusses vom 2. Februar wird nicht ein Vorschlag für einen Standort erarbeitet, sondern eine Standortentscheidung entweder für Lichtenhorst oder für Gorleben empfohlen. Die Begrenzung auf eine Standortmöglichkeit ist aber vorgesehen. Außerdem heisst es, dass "durch das Vorhandensein eines Gasfeldes unter dem Salzstock Gorleben eine potentielle Gefährdung der Endlagerstätte im Falle einer Erdgasförderung gegeben" sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei nicht vorgesehen gewesen, dieses Gasvorkommen zu erschließen, jedoch sei nicht auszuschließen, "daß zu irgendeinem Zeitpunkt auf DDR-Seite mit einer Förderung begonnen wird". "Ob die Gefährdung durch Einrichtung des Endlagers in einem geologisch stabilen Teil des Salzstockes umgangen werden könnte, müßte durch entsprechende Untersuchungsarbeiten geklärt werden."
07.02.1977
Laut eines Vermerkes des Bundeskanzleramtes vom 7. Februar sollten neue Genehmigungen für den Bau von Atomkraftwerken (8 Anträge liegen vor) nur erteilt werden, wenn der Nachweis erbracht werde, dass während der gesamten Betriebszeit für die Entsorgung von abgebrannten Brennelementen ausreichende Vorsorge getroffen worden ist. Die acht in Betrieb befindliche AKW sollten die nachträgliche Auflage erhalten, den Entsorgungsnachweis bis zum 31. Dezember 1978 zu erbringen. Im Bau befindliche (10) und vor der Inbetriebnahme befindliche (7) erhielten bei weiteren Teilerrichtungs-Genehmigungen (TEG) die Auflage, die Anlage nur bis zur Ausschöpfung der Zwischenlagermöglichkeiten zu betreiben, es sei denn, dass der Entsorgungsnachweis erbracht wird.
09.02.1977
Am 9. Februar vertritt das Verwaltungsgericht Schleswig im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hinsichtlich des AKW Brokdorf die Auffassung, dass "ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Landesregierung ausgesprochenen 1. Teilgenehmigung bestünden, weil die Genehmigungsbehörde die Frage der Entsorgung des Kraftwerkes nicht ausreichend berücksichtigt habe."
14.02.1977
Niedersachsens Ministerpräsidenten Albrecht spricht sich am 14. Februar für die Beschränkung auf nur einen Standort aus, um "nicht unnötigerweise die Unruhe im Lande aufrechtzuerhalten" und das Protestpotential auf einen Standort zu konzentrieren.
15.02.1977
Ist "es wirklich vertretbar", große Mengen von "waffengradigem Plutonium" in "unmittelbarer Nähe der DDR-Grenze zu lagern"?
Fernschreiben vom 15. Februar, BKA an BMI, BMWi, BMFT, BMB
Bundeskanzler Schmidt: Gorleben ist ungeeignet
17.02.1977
Starke Bedenken an der Standortwahl Gorlebens äußerte Bundeskanzler Schmidt am 17. Februar in einem Schreiben an Albrecht: Schmidt "hielte es ...unbedingt für ratsam, dass die Niedersächsische Landesregierung nicht Gorleben, sondern einen anderen der geologisch geeigneten Standorte (Wahn oder Lichtenhorst) benennen oder wenigstens einen dieser Standorte neben Gorleben benennen würde." Der Entwurf eines Schreibens an Albrecht listete eine Menge von Gründen für diese Meinung auf: Im Kanzleramt befürchtete man "langwierige Verhandlungen mit der DDR" mit ungewissem Ausgang. Die Errichtung der WAA "vor den Augen der DDR-Grenztrupen könnte von der Sowjetunion als Provokation empfunden werden". Gorleben sei als Standort "ungeeignet". Albrecht erhält dieses Liste aber nicht. Schmidt bittet aber "um eine rasche Standortbenennung". Er verweist zwar auf die Bedenken gegen den Standort Gorleben, hält grundlegend aber eine nationale Lösung für unverzichtbar.
17.02.1977
Ohne auf Gorleben einzugehen führt Ministerpräsident Albrecht in der Landtagsdebatte am 17. Februar aus, dass das Entsorgungszentrum nur gebaut werde, wenn es für "unsere Bevölkerung" sicher sei. Dann sei es auch sicher für die Bevölkerung in der DDR.
19.02.1977
Statt der langen Kritikliste am Standort Gorleben wird der Landesregierung am 19. Februar "im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten des Bundes" "jede Hilfe" angeboten und angekündigt, dass die Bundesregierung Energie- und Entsorgungskonzept gemeinsam mit der Landesregierung in der Öffentlichkeit vertreten werde.
19.02.1977
Trotz des vom Verwaltungsgericht Schleswig bestätigten Baustopps findet am 19. Februar die bislang größte Demonstration gegen das Brokdorf statt. Jeweils etwa 40.000 Menschen reisen zu zwei verschiedenen Kundgebungen nach Wilster (nahe Brokdorf) und in die Kreisstadt Itzehoe.
Auf Grundlage der Kabinettsvorlage vom 2. Februar trifft die Landesregierung nach einem Austausch mit dem Bund zur Thematik der Grenznähe zur DDR am 22. Februar die Entscheidung zur Benennung eines einzigen Standortes: Gorleben.
Die Akten als Auszug aus dem Protokoll enthalten nur zwei Sätze: "Minister Küpker referiert über den bisherigen Stand der Beratungen. Nach eingehender Erörterung beschließt das Kabinett, Gorleben als vorläufigen Standort eines möglichen Entsorgungszentrums für ausgebrannte Brennelemente zu benennen."
Trotz der Bitte des Bundeskanzleramtes, „für den Fall, daß bei den Beratungen der niedersächsischen Landesregierung [...] der Standort Gorleben in den Vordergrund treten oder gar als einziger übrigbleiben sollte, dies unter gar keinen Umständen der Presse mitzuteilen oder sonstwie verlauten zu lassen", gab der Ministerpräsident Dr. Ernst Albrecht auf einer an die Kabinettssitzung anschließenden Pressekonferenz die Standortentscheidung bekannt.
In Gorleben sollte ein "Nukleares Entsorgungszentrum" (NEZ) entstehen: Auf einem Areal von 12 Quadratkilometern ist eine Wiederaufarbeitsanlage (WAA), eine Brennelementefabrik und verschiedene Pufferlager für hoch-, mittel- und schwachradioaktive Abfälle geplant. Für die Endlagerung ist der Salzstock Gorleben-Rambow vorgesehen. Legendär ist das Foto, auf dem Albrecht auf einer Landkarte auf Gorleben zeigt.
Ministerpräsident Albrecht im Interview zur Standortbennung:
23.02.1977
Einen Tag nach der Standortbenennung findet am 23. Februar die erste größere Anti-AKW-Demo mit 1.500 Menschen im Landkreis Lüchow-Dannenberg statt. An dem Autokorso nehmen auch Atomkraftgegner:innen aus Winsen/Luhe, Lichtenmoor, Hamburg, Hannover und Hildesheim teil. Auch Abordnungen von Atomkraftgegner:innen aus Norwegen und andere Ländern waren dabei.
23.02.1977
Auf der 10. Kabinettsitzung der Bundesregierung am 23. Februar besteht "Einvernehmen, daß gegenüber dem Entsorgungsstandort Gorleben wegen seiner Nähe zur DDR-Grenze politische Bedenken bestehen. Deshalb will die Bundesregierung zunächst weitere Standorte unter geologischem Aspekt prüfen und dann ihren Standortvorschlag unterbreiten".
24.02.1977
Dass und warum die Beschränkung auf einen Standort eine wesentliche Rahmenbedingung der niedersächsischen Standortauswahl war, geht auch aus einem internen Vermerk des Leiters der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAK) hervor, der zwei Tage nach der Standortbenennung (24. Februar) angefertigt wurde: Die Vorauswahl sei erfolgt, "um an den anderen im Gespräch befindlichen Standorten Ruhe einkehren zu lassen und die Stellung des Genehmigungsantrages für einen Standort zu ermöglichen".
25.02.1977
Einige Hundert Bauern folgen dem Aufruf des Landvolkverbands zu einer ersten Trecker-Sternfahrt nach Lüchow.
März
02.03.1977
Am 2. März gründet sich die "Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg" als eingetragener Verein. (Registereintrag am 4. März)
04.03.1977
Am 4. März wird durch den Kabinettsausschuss für die friedliche Nutzung der Kernenergie ein Staatssekretärsausschuss eingesetzt, der "alle Fragen im Zusammenhang mit dem von Ministerpräsident Albrecht vorgeschlagenen Standort Gorleben im Kreis Lüchow-Dannenberg noch einmal überprüfen soll, damit im Kabinettsausschuß eine abschließende Stellungnahme der Bundesregierung herbeigeführt werden kann".
09.03.1977
In einen Brief vom 9. März schildert Klaus Stuhr, Leiter des Interministeriellen Arbeitskreises (IMAK) der niedersächsischen Landesregierung zur Standortsuche, dem Staatssekretär im Landeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Röhler, dass Gorleben bereits 1975 auf Vorschlag des Ressorts in die KEWA-Untersuchungen aufgenommen worden sei.
Drei Wochen nach der Standortbenennung versammelten sich am 12. März etwa 20.000 Menschen dort, wo der riesige Atommüllkomplex errichtet werden sollte. Sie bauen unter anderem einen Kinderspielplatz und starten eine Wiederaufforstung der Waldbrandflächen. Auf der Kundgebung spricht u. a. auch Robert Jungk. Abordnungen aus den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen und England bringen Grußbotschaften aus den dortigen Anti-AKW-Bewegungen mit.
19.03.1977
Gegen den Bau des AKW Grohnde an der Weser protestieren am 19. März 20.000 Menschen. Nachdem Polizeisperren durchbrochen sind, entwickelt sich die bis dahin "militanteste Großaktion": gegen mehr als 5.000 Polizist:innen werden sich "härteste Auseinandersetzungen" geliefert. 800 Menschen werden verletzt, der Bauzaun erheblich beschädigt und teilweise eingerissen - eine Besetzung des Baugeländes gelingt aber nicht. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
22.03.1977
In einem Vermerk hält Ministerialrat Klaus Stuhr aus dem Niedersächsischen Wirtschaftsministerium am 22. März fest, "dass die Fachressorts keine Bedenken mehr gegen den Standort Gorleben hätten".
30.03.1977
Am 30. März beschließt der Kabinettausschuss für die friedliche Nutzung der Kernenergie, "die vorsorgliche Untersuchung weiterer geeigneter Standorte fortzuführen und in diesem Zusammenhang insbesondere zu prüfen, ob nicht doch die Voraussetzungen für die Errichtung des Entsorgungszentrums in der Nähe des Erprobungsschießplatzes der Bundeswehr in Wahn geschaffen werden können".
31.03.1977
Am 31. März stellt die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) beim Niedersächsischen Sozialministerium als zuständiger Genehmigungsbehörde den Antrag auf Erteilung der Errichtungs- und Betriebsgenehmigung gemäß §7 Atomgesetz für das Entsorgungszentrum am Standort Gorleben.
"Entweder Gorleben oder gar kein Standort in Niedersachsen"
Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), April 1977
Juli
04.07.1977
Die Bundesregierung habe keine Möglichkeit, gegen den Willen der Landesregierung Niedersachsen, die sich eindeutig für den Standort Gorleben ausgesprochen habe, einen Standort durchzusetzen, heisst es aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung am 4. Juli.
05.07.1977
Am 5. Juli beschließt der Kabinettausschuss für die friedliche Nutzung der Kernenergie, dass "vorsorglich neben dem Standort Gorleben auch noch alternative Standorte geprüft werden [müssen], um bei negativem Ausgang der Untersuchungen in Gorleben mit möglichst geringem Zeitverzug die Realisierung des Entsorgungskonzeptes an einem anderen Standort weiterzutreiben".
06.07.1977
"Unter Zurückstellung erheblicher Bedenken, die mit der Nähe des Standortes Gorleben zur DDR zusammenhängen, hat der Kabinettausschuß beschlossen, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt zu beauftragen, für den (...) Standort Gorleben umgehend die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für das Endlager nach den atomrechtlichen Bestimmungen zu beantragen", informiert Bundeskanzler Helmut Schmidt den niedersächsischen Ministerpräsident Albrecht am 6. Juli.
08.07.1977
Am 8. Juli bittet Bundesinnenminister Maihofer die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), unverzüglich die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens bei der dafür zuständigen niedersächsischen obersten Landesbehörde zu beantragen.
16.07.1977
Zwischen dem 16. Juli und dem 13. August findet ein Erstes Internationales Sommercamp der Atomkraftgegner:innen am geplanten Bauplatz bei Gartow, organisiert vom BDP/BDJ (Bund Deutscher Pfadfinder/Bund Demokratischer Jugend) und von Bürgerinitiativen statt.
20.07.1977
"Aus rein sicherheitsmäßiger Sicht kann der Standort m.E. als ideal bezeichnet werden, soweit sich die positiven geologischen Einschätzungen im Laufe weiterer geologischer Untersuchungen bestätigen sollten", so MD Sahl vom Innenministerium nach einem Besuch in Gorleben am 20. Juni. Die örtliche Bevölkerung zeige ein verhaltenes, aber dennoch klar erkennbares positives Interesse an dem Entsorgungszentrum.
28.07.1977
Am 28. Juli stellt die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) beim niedersächsischen Sozialminister den Antrag auf Planfeststellung nach § 9b Atomgesetz (AtG). Dieser Antrag bezieht sich auf eine Anlage zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle im Rahmen des am Standort Gorleben geplanten "integrierten Entsorgungszentrums". Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren wurde nie eröffnet, behörden-intern aber jährlich gefüttert.
31.07.1977
Am 31. Juli eskaliert die Gewalt auf einer internationalen Anti-Atom-Demonstration im französischen Malville, wo ein Schneller Brüter gebaut werden soll. Rund 60.000 Menschen auch aus Deutschland nehmen teil. 5.000 Polizisten der "Compagnies Républicaines de Sécurité" (CRS) mit Hubschraubern, Amphibienfahrzeugen und einem Regiment der Fallschirmjäger Constables sichern die Baustelle. Bei schweren Auseinandersetzungen stirbt der Atomkraftgegner Vital Michalon durch eine Gasgranate, die vor ihm aufschlägt. Es gibt rund 100 Verletzte, sieben Menschen davon verlieren Arme, Beine, Hände und Finger.
August
18.08.1977
Mehr und besser informiert werden wollen Lüchow-Dannenbergs Kommunalpolitiker in Sachen Atommülldeponie Gorleben. Eine entsprechende Resolution des Kreistages übergibt eine Delegation dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten in Hannover. Zur Delegation gehören Landrat Meiner, Oberkreisdirektor Paasche, der neu gewählte OKD Poggendorf, die Samtgemeindebürgermeister von Lüchow und Gartow, v. Plato und Rathje, die Kreistagsfraktionen, Hermann (SPD) und Fischer (CDU), sowie Landtagsabgeordneter Kurt-Dieter Grill. Dem Regierungschef wird zur Kenntnis gegeben, daß die Lüchow-Dannenberger Kommunalpolitiker beunruhigt sind über den Informationsvorsprung "anderer Leute". Die gewählten Kreis- und Gemeindevertreter fordern mehr Aufklärung durch die Regierung und mehr Beteiligung bei Entscheidungen in der Gorleben-Frage. Dr. Albrecht begrüßt die vom Kreistag vorgeschlagene Bildung einer Kommission mit regelmäßigen Tagungen. Zur Frage der Information meint der Ministerpräsident sinngemäß: Die Landesregierung kann hier als Genehmigungsbehörde nicht viel tun, weil sie sich neutral verhalten muß. Aber die Bürgerinitiativen wissen alles, die Betreiber wissen alles und auch die Bundesregierung scheint schon alles zu wissen. Die niedersächsische Landesregierung hingegen muß in einem gründlichen Prüfungsverfahren sich Gewißheit darüber verschaffen, ob sie das Projekt genehmigen kann oder nicht. Dr. Albrecht: "Genehmigt aber wird nur, wenn all unsere Bedenken ausgeräumt werden." Der Ministerpräsident betont, daß die Landesregierung von dieser Linie nicht abweichen werde und in Fragen der Sicherheit keine Kompromisse kenne.
Zum umstrittenen Termin für Probebohrungen in Trebel-Gorleben erklärt Dr. Albrecht: Keiner könne verantworten, daß sich anläßlich einer Bohrung eine Riesenschlacht entwickelt um ein Projekt, von dem die Landesregierung noch nicht wisse, ob sie es genehmigen kann. Daher zuerst Gewißheit, ob das Konzept geht, und dann erst die Bohrungen. Quelle: https://www.wendland-archiv.de/details/Ministerpr%C3%A4sident%20Ernst%20Albrecht%20im%20Gespr%C3%A4ch%20mit%20L%C3%BCchow-Dannenberger%20Kommunalpolitikern/52922
September
Im September werden in der Öffentlichkeit Pläne der Atomindustrie bekannt, ein externes zentrales Zwischenlager für abgenrannte Brennelemente aus Atomkraftwerken zu errichten. Nach einer Studie sind dafür sechs Standorte im Gespräch: Krümmel (Schleswig-Holstein), Borken (Hessen), Karlstein und Werting (Bayern), Meppen (Niedersachsen) und Ahaus (NRW). An allen Standorten befinden sich bereits ausreichend große Grundstücke im Besitz von Energieversorgungsunternehmen. Quelle: ahaus - das Buch zum Castor, Verlag Klemm und Oelschläger
01.09.1977
Am 1. September wird die Kernbrennstoffwiederaufarbeitungsgesellschaft mbH (KEWA) von der Deutschen Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK), einem Tochterunternehmen der damaligen Atomkonzerne, übernommen.
Im 9. September erscheint der Aufruf "GORLEBEN SOLL LEBEN" in großen Medien:
"Die Energiedebatte im Bundestag, die wieder einmal vor fast leeren Bänken stattfand, hat gezeigt, daß wir nicht länger auf die Einsicht von Regierung und Opposition in den Unsinn ihrer eigenen Energiepolitik warten können. Die Fronten im Deutschen Bundestag verlaufen heute nicht mehr zwischen Befürwortern und Gegner der Atomenergie, sondern zwischen denen, die den Bau weiterer Kernkraftwerke von der Lösung der Entsorgungsfrage abhängig machen, und denen, die sofort und ohne Rücksicht auf Verluste mit dem Bau beginnen wollen. So oder so nimmt die in Gorleben geplante Atommülldeponie und Wiederaufbereitungsanlage dabei eine Schlüsselstellung ein: In Gorleben wird darüber entschieden, ob die Bundesrepublik bis zum Jahre 1984 in einen Atomstaat umgewandelt werden soll, in dem zusammen mit den letzten Rückzugsgebieten der Natur auch der letzte Rest von Lebensqualität beseitigt werden wird. Um dieser Entwicklung rechtzeitig Einhalt zu gebieten, muß sich der bundesweite Widerstand der Bürgerinitiativen verstärkt auf Gorleben konzentrieren. Zugleich sollen hier, unter dem Motto ‚Wiederaufforstung statt Wiederaufbereitung‘, neue Formen des gewaltfreien Widerstands erprobt werden. Wir wollen nicht abwarten, bis die Gegenseite vollendete Tatsachen des Todes geschaffen hat, wir wollen selbst vollendetere Tatsachen des Lebens schaffen. ‚Gorleben soll leben‘, heißt die neue Devise."
Unterzeichner:innen sind u.a.: Heinrich Albertz, Carl Amery, Wolf Biermann, Nicolas Born, Hans Christoph Buch, Prof. Dr. Ossip Flechtheim, Prof. Dr. Helmut Gollwitzer, Günter Grass, Robert Jungk, Reinhard Lettau, Peter Lilienthal, Elisabeth von Plessen, Peter Schneider, Wim Wenders und die BI Lüchow-Dannenberg. Quelle: zeit.de/1977/37/zeitmosaik / ZEIT Nr. 37/1977
24.09.1977
60.000 Menschen protestieren gegen den Bau des "Schnellen Brüter" in Kalkar. Im Rahmen des bis dahin größten Polizeieinsatzes in der deutschen Geschichte werden 10.000 Beamte eingesetzt, die teilweise mit Maschinenpistolen im Anschlag Häuser, Garagen, Autos und Busse anreisender Atomkraftgegner:innen durchsuchen und Züge stoppen. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Oktober
Während die für den Bau eines externen Zwischenlagers für Brennelemente aus Atomkraftwerken in Frage kommenden Bundesländer Schleswig-Holstein, Bayern, Hessen und Niedersachsen die Errichtung ablehnen oder sich nicht eindeutig äußern, erklärt NRW-Ministerpräsident Kühn (SPD) die grundsätzliche Bereitschaft des Landes Nordrhein-Westfalen zur Errichtung eines derartigen Lagers. Da Ahaus als einziger der in einer Studie genannten Standorte in NRW liegt, ist damit die Standortfrage entschieden. Quelle: ahaus - das Buch zum Castor, Verlag Klemm und Oelschläger
Im Oktober gründen sich Freundschaftskreise der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg in allen Teilen des Bundesgebietes und solidarisieren sich mit den Gorleben-Protesten.
Fehlende Entsorgung: Baustopp für Brokdorf
17.10.1977
Am 17. Oktober bestätigt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Ende 1976 verhängten Baustopp für das Atomkraftwerk Brokdorf. Der Weiterbau des AKW wird an Entsorgungsnachweise für den Atommüll gebunden: Ein prüffähiger Antrag für ein Zwischenlager zur Lagerung angebrannter Brennelemente müsse gestellt und geologische Untersuchungen zum Nachweis der Eignung eines bestimmten Standortes für die Endlagerung radioaktiver Abfälle eingeleitet werden.
November
Die Betreiberfirmen STEAG und DWK stellen in Ahaus ihre Pläne für die Errichtung eines zentralen Brennelementelagers vor: Geplant ist ein Nasslager für 1.500 Tonnen verbrauchten Brennstoffs aus AKW. Die Kühlung soll mittels Vorflutern über Kühltürme erfolgen, die ihr Wasser voraussichtlich aus dem Grundwasser beziehen sollen. Die geplanten Investitionskosten belaufen sich auf 400 Millionen Mark, für das Genehmigungsverfahren werden 1,5 Jahre, für die Bauzeit 4 Jahre veranschlagt. Quelle: ahaus - das Buch zum Castor, Verlag Klemm und Oelschläger
Im November wird der Informationsbus der Deutsche Gesellschaft für Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen mbH (DWK) von Gorleben-Gegner:innen mit Mist überschüttet. Später werden ihm die Reifen durchstochen.
Am 2. November findet auf dem Spielplatz auf dem WAA-Baugelände ein Kinderfest statt. Eine Hamburger Pädagogenvereinigung, die für eine "aufklärende politische Kinderkultur" streitet, verleiht der BI den "Roten Elefanten". Gegen den angekündigten Abriß des Spielplatzes protestieren rund 800 Menschen in Lüchow.
04.11.1977
Per Bescheid vom 4. November veranlasst die Bezirksregierung Lüneburg, der auf dem Bauplatz in Gorleben errichteten Kinderspielplatz sei sofort abzureißen, "weil er das Landschaftsbild verunstalte und die Landschaft zersiedele".
Dezember
Im Dezember erwirbt die Deutschen Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) erste Ländereien für den Bau des Entsorgungszentrums in Gorleben.
01.12.1977
Am 1. Dezember besucht Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht von Niedersachsen den Landkreis Lüchow-Dannenberg. In Trebel findet eine Protestkundgebung statt, die von Traktoren und Mähdreschern unterstützt wird.
Die ganze Geschichte:
…und davor – Die Anfänge bis 1972
Die Anfänge: Erste Überlegungen, Atommüll in Salz zu lagern – statt ihn in der Tiefsee zu versenken. Gasexplosion im Salzstock Gorleben-Rambow.
1973
1973 werden die Pläne bekannt, bei Langendorf an der Elbe ein Atomkraftwerk zu bauen. In der Debatte um einen Standort für ein Atommüll-Endlager bzw. die Errichtung eines Entsorgungszentrums spielt Gorleben 1973 offiziell keine Rolle.
1974
Die Standortsuche für ein Atommülllager beginnt. Das Credo: So lange die Anlage genug Platz hatte und niemanden störte, war alles gut. Der Standort Gorleben hatte damit nichts zu tun.
1975
Im August 1975 bricht bei Trebel ein großer Waldbrand aus. Die Bundesregierung geht bei der Standortsuche für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) davon aus, dass mehrere Salzstöcke parallel untersucht werden müssten. Gorleben gehört nicht dazu.
1976
(…) In einer zweiten Version der TÜV-Studie wurde handschriftlich der Standort Gorleben ergänzt und als am besten geeignet befunden. (…)
1977
Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen „Nuklearen Entsorgungszentrums“ benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
1978
Innerhalb von 5 Tagen sammeln Gorleben-Gegner*innen 800.000 DM, um der DWK beim Kauf weiterer Grundstücke über dem Salzstock Gorleben zuvor zukommen.
1979
Im März 1979 findet der legendäre „Treck nach Hannover“ statt. Nach einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt verkündet Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht das Aus für die WAA-Pläne in Gorleben.
1980
Platzbesetzung der Bohrstelle Gorleben 1004 und Gründung der „Republik Freies Wendland“. Die Räumung nach vier Wochen wird zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte der BRD.
1981
Gorleben-Hearing in Lüchow zum Bau des Zwischenlagers und massiver Protest gegen das AKW Brokdorf. Nach Bohrungen werden die Zweifel an der Eignung des Salzstock Gorleben für ein Endlager „größer, nicht kleiner“. Doch Gegner*innen des Projekts seien „Schreihälse, die bald der Geschichte angehören“, meinen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl.
1982
Baubeginn des Zwischenlagers wird mit Aktionen im Grenzstreifen zur DDR beantwortet, militante Eskalation beim „Tanz auf dem Vulkan“ und immer schlechtere Bohrergebnisse. Plötzlich ist das Wendland mit Dragahn wieder als ein WAA-Standort im Gespräch.
1983
Proteste gegen die Pläne, in Dragahn eine WAA zu errichten. „Gorleben statt Kreta“ und Demos im Grenzgebiet zwischen der DDR und BRD. Das Bundeskabinett unter Helmut Kohl stimmt der „untertägigen Erkundung“ des Salzstocks Gorleben zu.
1984
„Das Vertrauen hat sehr gelitten“: Menschenkette und Wendland-Blockade gegen die WAA-Pläne. Unter erheblichem Protest erreicht ein erster Atommülltransport das Fasslager Gorleben.
1985
Ein erster leerer Probe-Castor erreicht das Wendland. Der erste Kreuzweg führt vom AKW Krümmel nach Gorleben. Nach Anschlägen auf die Bahn werden die Daten von tausenden Gorleben-Gegner*innen von der Polizei gespeichert – und damit eine ganze Szene pauschal kriminalisiert.
1986
Baubeginn im Bergwerk Gorleben. Heftige Auseinandersetzungen um die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und das AKW Brokdorf. Nach dem GAU von Tschernobyl protestieren zehntausende Menschen gegen die Atomenergie.
1987
Schwerer Unfall in Schacht 1 des Bergwerks in Gorleben. „Transnuklearskandal“ betrifft auch Atommüll im Zwischenlager, Proteste gegen den Bau der PKA.
1988
Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, „Wir stellen uns quer“ – Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
1989
Das Aus für die WAA Wackersdorf, Castor-Alarm: erster hochradioaktiver Atommülltransport nach Gorleben wird wenige Stunden vor Abfahrt gerichtlich gestoppt.
1990
„Ein Hauch der Freien Republik Wendland wehte durch den Gorlebener Tann…“, als auf dem Bauplatz der PKA Hütten errichtet werden. Aktivist*innen besetzen im Sommer den Förderturm in Gorleben, zum Jahresende Baustopp und SPD-Versprechen.
1991
Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter „Castor-Alarm“ und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
1992
Resolution gegen und eine Mehrzweckhalle für Gorleben, Erweiterung des Zwischenlagers und viel Geld für den Landkreis.
1993
Sitzblockaden gegen Atommüll-Lieferungen, „Wege aus der Gorleben-Salzstock-Sackgasse“, Energiekonsens-Gespräche und hohes Bussgeld gegen Turmbesetzer*innen.
1994
Widerstandscamp „Castornix“ und erhebliche Proteste gegen ersten Castortransport, der wegen technischer Mängel dann abgesagt wird. Weiterbau der PKA per Weisung.
1995
Anschläge auf Bahn & Kran, die Aktion „ausrangiert“ will den ersten Castor empfangen, Bundesumweltministerin Merkel macht den absurden Backpulver-Vergleich & der Baustopp im Bergwerk wird aufgehoben.
1996
10 Jahre nach Tschernobyl, „Wir stellen uns quer!“ gegen den zweiten Castor nach Gorleben.
1997
Gewaltsame Räumung für den dritten Castor, Griefahn knickt ein & mehr Geld von der BLG.
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
1999
„Flickschusterei“ um Atomausstieg & AkEnd, Stunkparade nach Berlin und die Ankündigung, dass sich beim nächsten Castor X-tausend Menschen querstellen werden.
2000
Defekte Brücke und unsichere Behälter verhindern Castorlieferung, Atomkonsens „alles Lüge“, denn er sichert den Weiterbetrieb der AKW und Moratorium im Salzstock.
2001
Zwei Atommülltransporte rollen nach Gorleben, einer im März, ein zweiter im November. X-tausend Menschen stellen sich quer und WiderSetzen sich. Der Betonblock von Süschendorf zwingt den Castor zum Rückwärtsgang. Der Widerstand bekommt ein Archiv, die Bundestagsabgeordneten ein Denkmal, die „Gewissensruhe“.
2002
25 Jahre nach der Standortbenennung künftig keine Wasserwerfer mehr gegen den Widerstand, Freispruch im Süschendorf-Prozess, Ver-rück-te Dörfer gegen zwölf Castorbehälter, Rechenfehler und ein Abschlussbericht des AKEnd.
2003
Betonklötze für Betonköpfe, „Fest zum Protest“, der Salzstock wird besetzt, der siebte Castor rollt. Atomausstieg: das AKW Stade geht vom Netz – aber die Endlagersuche bleibt weiter unklar.
2004
Schienensitzen ist keine Straftat, das Einkesseln rechtswidrig, Trash People in Gedelitz, eine Veränderungssperre für den Salzstock zemetiert dessen Sonderstellung. Der Castortransport im Herbst verändert alles: Sebastién wird überfahren und stirbt.
2005
25 Jahre nach der „Republik Freies Wendland“ und 10 Jahre nach dem ersten Castortransport ist die Entsorgung des Atommülls weiter ungelöst. In die Debatte um die Entsorgung des Atommülls und die Zukunft der Atomenergie kommt Bewegung, die Veränderungssperre für den Salzstock wird verlängert. Container brennen, Bauern ziehen sich aus – und im November rollt der nächste Atommüllzug ins Zwischenlager.
2006
Geologe Grimmel warnt vor Erdbeben, die CDU kann sich in Gorleben ein Untertagelabor vorstellen. „Wir sind gekommen um zu bleiben“: Castorproteste im Herbst mit einer eigenen „Allgemeinverfügung gegen Atomwirtschaft und Polizeiwillkür“ und ein Offenbarungseid von Umweltminister Sigmar Gabriel.
2007
Der Widerstand feiert 30 Jahre Protest, ein Probecastor im Sommer aber keine „heiße Fracht“ im Herbst, stattdessen Kinderkrebsstudie und G8-Gipfel in Heiligendamm.
2008
Endlager-Symposium & Probebohrungen in Hamburg, absaufende Asse-2, 1 Millionen Jahre Endlager-Sicherheit und ein nächster Castortransport im November.
2009
Brisante Enthüllungen: Gorleben wurde aus politischen Motiven zum Endlagerstandort. Seit Jahren wird nicht nur „erkundet“, sondern ein Endlager gebaurt. „Mal so richtig abschalten“ – ein Protest-Treck aus dem Wendland führt zu einer großen Demo gegen AKW-Laufzeitverlängerung nach Berlin. Kein Castortransport, seit Oktober finden jeden Sonntag Spaziergänge um das Bergwerk statt.
2010
Krümmel-Treck, Ketten-Reaktion, Atomkraft-Schluss!, Castor XXL: die Antwort auf die AKW-Laufzeitverlängerung sind die größten Anti-Atom-Demonstrationen, die es in Deutschland je gab.
2011
Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein „Rekord-Castor“ – der letzte, der nach Gorleben rollte.
2012
Das „Wendejahr“ mit zahlreichen Werksblockaden unter dem Motto „gorleben365“ und der zentralen Forderung zur Endlagersuche auf der „weißen Landkarte“: Der Fleck Gorleben muss weg!
2013
Mit der „Beluga“ stellt Greenpeace in Gorleben ein Mahnmal auf, der Widerstand läuft Matrathon gegen das neue Standortauswahl-Gesetz.
2014
Die „neue Endlagersuche auf der weißen Landkarte“ beginnt – mit einem dicken Fleck: Gorleben. Immer wieder Proteste gegen die „Atommüllkommission“ der Regierung und tausende Unterschriften gegen weitere Castoren.
2015
Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der „Kessel von Harlingen“ war rechtswidrig.
2016
Für 23 Milliarden Euro entledigen sich die Atomkonzerne dem Atommüll, der ab sofort uns allen „gehört“. Zahlreiche Aktionen an den Atomanlagen gegen die Endlagerpläne der Bundesregierung.
2017
Auch 40 Jahre nach der Standortbenennung ist der Widerstand „lebendig“, Betreiber der Atomanlagen wird der Bund, Castoren auf dem Neckar und letzte Befahrung des Gorleben-Schachts.
2018
Neuer Betreiber will Aus für die PKA, Langzeitlagerung von Castoren rückt in den Fokus, Kritik an der Arbeit des „Nationalen Begleitgremiums“.
2019
30 Jahre Kulturelle Landpartie, 40 Jahre nach dem Treck nach Hannover. Abriss der Schutzmauer um das Bergwerk.
2020
Im „Corona-Jahr“ wird Gorleben Ende September völlig unerwartet aus der weiteren Suche nach einem Atommülllager ausgeschlossen. Nach über 40 Jahren Protestgeschichte ist es vorbei. Im Herbst rollt der erste Castor durch Deutschland, der eigentlich nach Gorleben sollte.
2021
10 Jahre nach Fukushima hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff, nur wenige öffentliche Aktionen finden statt. Viel Kritik an Online-Veranstaltungen zur Endlagersuche. Im Sommer der vierte Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath. Im Herbst das Versprechen: der Salzstock wird verfüllt.
2022
Das dritte Corona-Jahr beginnt mit einem Schicksalsschlag: völlig unerwartet stirbt Jochen Stay. Mit einem großen Festival feiern Anfang Juni tausende Menschen in Gorleben das Endlager-Aus und den Atomausstieg. Doch zum Jahresende die Ernüchterung: Die AKW-Abschaltung wird verschoben.
2023
Doch kein Atomausstieg zum 31.12.2022 – drei Atomkraftwerke laufen über das Jahr hinaus. Der Protest geht weiter.
2024
BI fordert Transportestopp ins Fasslager und Neubau des Zwischenlagers.
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