Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein "Rekord-Castor" - der letzte, der nach Gorleben rollte.
Januar
10.01.2011
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trage eine Mitschuld am Scheitern der Endlager Asse und Morsleben sowie am umstrittenen Vorgehen bei der Erkundung des Salzstocks Gorleben, kritisiert die BI Umweltschutz am 10. Januar. Während ihrer Amtszeit als Bundesumweltministerin von 1994 bis 1998 habe Merkel aus Kostengründen für einen Verzicht auf eine umfassende Erkundung in Gorleben plädiert. Die BI erhebt schwere Vorwürfe: Merkel habe aufgrund von Kostenoptimierung in Gorleben bewusst auf eine umfassende Sicherheitsanalyse verzichtet. Angela Merkel soll nach Willen der Grünen nun vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Gorleben angehört werden und unter anderem zu dem Vorwurf Stellung nehmen, sie habe aus Kostengründen die Erkundungsbereiche im Salzstock Gorleben eingeschränkt.
"Den Verzicht auf eine notwendige umfassende Sicherheitsanalyse, das verstand Frau Merkel unter Kostenoptimierung”, hält ihr BI-Sprecher Wolfgang Ehmke vor.
21.01.2011
"Gorleben hat eine Antwort verdient, aber ich kenne sie noch nicht", so Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) am 21. Januar zu Beginn der Klausurtagung der niedersächsischen CDU. Alle relevanten Sicherheitsfragen zu Gorleben sollen nach Willen des Umweltministers bis Ende 2012 beantwortet werden. Bis dahin soll auch die "Sicherheitsanalyse" abgeschlossen werden, an der zurzeit gearbeitet werde. Es gebe im Wendland "sicher auch eine Bringschuld, um für Vertrauen zu werben." Er glaube aber, "dass wir das auch erfüllen können".
27.01.2011
Am 27. Januar werden Aktivist:innen, die im französischen Caen einen Castorzug nach Gorleben aufgehalten haben, zu Freiheits- und Geldstrafen verurteilt.
27.01.2011
Laut einem Bericht in der "Welt" verfügte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am 27. Januar in einem ausführlichen, dreiseitigen Schreiben an die "Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe" (DBE), dass die Arbeiten an dem nun zur Untersuchung anstehenden "Erkundungsabschnitt 3" einzustellen seien. Auch alle Investitionen in Bezug auf den neuen Abschnitt seien "umgehend zurückzustellen". Auch ordnete das BfS an, bereits genehmigte Querstollen im Salzgestein nun "nicht vorzunehmen und zu planen" und weitere Investitionen etwa in Materiallager und Werkstätten unter Tage "zu stornieren". In dem Schreiben, das der "Welt" vorliegt, heißt es ausdrücklich, die "Revision" all dieser Entscheidungen geschehe "auf Vorgabe des BMU". Doch davon will das Bundesumweltministerium nichts gewusst haben.
31.01.2011
Marianne Fritzen sagt am 31. Januar vor dem Parlamentarischen Untersuchungsauschuss (PUA) Gorleben aus.
Februar
Auf der Internet-Seite seines Ministeriums spricht Umweltminister Norbert Röttgen in einem inszenierten Interview davon, dass der "Gorleben-Dialog" ein "Testfall für unsere demokratische Fähigkeit" sei, mit solch extrem schwierigen Themen wie der Atommüll-Endlagerung umzugehen. "Den Demokratie-Test hat der Minister selbst schon verratzt, als er ohne vorherigen Dialog mit den Grundeignern, den kommunalen Vertretern und den Bürgerinitiativen grünes Licht für den weiteren Ausbau des Endlagerbergwerks gab", kontert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Röttgen hätte es frei gestanden, ein vergleichendes Verfahren bei der Standortsuche einzuleiten. Inzwischen überstürzten sich aber die Ereignisse, dank der Informationen aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Gorleben und der Akteneinsicht, die nun möglich ist, wisse man, dass es eine Festlegung auf Gorleben von Anfang an gegeben habe und dass die ungünstige Geologie systematisch vertuscht wurde. Deshalb sei die Position der Gorleben-Gegner in und außerhalb der Parlamente klar: "Gorleben gehört auf den Misthaufen der Nukleargeschichte."
Gutachten: Gefahr durch Gas im Salzstock
07.02.2011
Der Salzstock Gorleben befindet sich über dem größten Erdgasvorkommen Deutschlands. Neue Aktenfunde belegen, dass dieses Gas auch im Salzstock selber zu finden ist. Damit ist die wichtigste Voraussetzung für das geplante Atommüll-Endlager nicht erfüllt: die Barrierefunktion. Der Salzstock ist durchlässig, er kann die Umwelt nicht vor dem hochradioaktiven Müll schützen. Das haben Aktenfunde durch Greenpeace ergeben. Im deren Auftrag hat der Wissenschaftler Ulrich Schneider ein Gutachten verfasst.
„Die Geschichte des geplanten Endlagers […] im Salzstock Gorleben ist eine Geschichte der fortwährenden Absenkung von Sicherheitsstandards“, schreibt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler in seiner Einleitung zur neuen Studie Erdgas und Kondensatvorkommen in Salz, speziell im Salzstock Gorleben-Rambow. Tatsächlich traten im Zuge der Erkundung immer wieder geologische Mängel zutage, so auch Laugeneinschlüsse und Gasfunde. Doch statt den Standort aufzugeben, wurden die Probleme verharmlost und die Sicherheitskriterien heruntergeschraubt.
„Welche Beweise braucht Röttgen noch?“, fragt Mathias Edler. „Die internen Analysen belegen: Es gab in der Vergangenheit Wege für das Gas in den Salzstock und damit kann es auch in Zukunft über Risse und Klüfte zu Wanderungen von Gas, Wasser oder Radionukliden kommen.“
07.02.2011
"Waren die Ergebnisse seiner Internetumfrage zu Gorleben dem Minister unangenehm?" fragt die Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg am 16. Februar. An der Fragebogenaktion auf der Internetseite "Gorleben-Dialog" haben sich laut Aussage Dr. Röttgens in zwei Monaten 300 Menschen beteiligt – in den Augen der Bauern nicht gerade viel für ein derart im Brennpunkt stehendes Thema. Am 7. Februar wurde die Fragebogenaktion beendet, eine Auswertung wird auf der Seite für den 14. Februar angekündigt – also für den Ministerauftritt in Lüchow-Dannenberg. Dort jedoch ist Dr. Röttgen nicht auf die Umfrageergebnisse eingegangen. Und entgegen der Ankündigung ist bis heute keine Auswertung erschienen. Bei anderen Internetumfragen sei eine parallele Dokumentation der Ergebnisse üblich und technisch kein Problem, kritisiert die Notgemeinschaft: "Und das Ministerium aber schafft es nicht einmal, nur 300 relativ kurzen Bögen mit Kreuzchen an vorgefertigten Fragen innerhalb einer Woche auszuwerten?" Ein Zeitproblem könne das nicht gewesen sein, denn das Ministerium müsse auf eine weitaus höhere Beteiligung gehofft haben.
08.02.2011
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hält am nächsten Castor-Transport nach Gorleben im November 2011 fest. Das sagte er am 8. Februar in Hannover.
"Wir haben nicht damit gerechnet, dass Röttgen uns eine Atompause verschafft", reagiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) und kündigt Massenprotest an.
10.02.2011
Vor dem erneuten Besuch des Umweltministers im Wendland fordern am 10. Februar Landrat, Kommunalpolitiker, Bäuerliche Notgemeinschaft und Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI), DGB sowie alle oppositionellen Landtags- und Bundestagsparlamentarier/innen des Wahlkreises Lüchow-Dannenberg/Lüneburg in einem Offenen Brief:
"Ein solcher Dialog kann nichts anderes sein als eine Alibiveranstaltung, die den Weg zur Durchsetzung eines Atommülllagers in Gorlebens nur garnieren soll. Einen Weg, der schon 1977 eingeschlagen wurde, und der sich als gefährliche Sackgasse erwiesen hat. Diesen Weg gehen wir nicht mit. Herr Bundesumweltminister, wir wollen eine offene und transparente Debatte über das Atommüllproblem. In ganz Deutschland. Keinen regionalen Scheindialog."
Die einzige Gruppe, die die "Dialog"-Angebote des Ministers begrüsst, ist die Kreis-CDU.
11.02.2011
"Wenn Politiker nicht den Mut haben, aus Fehlern zu lernen, müssen die Gerichte sie stoppen": Anwohner:innen aus Gorleben ziehen am 11. Februar gemeinsam mit Greenpeace gegen die Weitererkundung des Salzstocks Gorleben als mögliches Atomendlager vor Gericht. Mit dabei ist der Grundbesitzer Fried Graf von Bernstorff, dessen Familie große Teile des Salzstocks gehören. Mit der Klage soll der sofortige Stopp der Untersuchungen und Bauarbeiten im Salzstock erreicht werden.
"Heute – mit der Klage gegen den Sofortvollzug – weisen die Kläger und wir dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen erneut einen Weg: überfällig ist die Aufgabe des untauglichen Salzstocks als Atommüllendlager. Wenn Politiker nicht den Mut haben, aus Fehlern zu lernen, müssen die Gerichte sie stoppen”, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
13.02.2011
An einem bundesweiten Protesttag entlang der Castorstrecke von Karlsruhe bis Greifswald beteiligen sich am 13. Februar an mehr als 22 Orten rund 3000 Menschen um gegen den anstehenden Atommülltransport ins Zwischenlager Nord zu protestieren.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) besucht am 14. Februar zum zweiten Mal das Wendland und stellt sich im Rahmen einer Sitzung des Kreistags Lüchow-Dannenberg im Verdo Hitzacker Fragen der Öffentlichkeit und bietet erneut den "Gorleben-Dialog" an. Die Mehrheit des Kreistags, in der "Gruppe X" zusammengeschlossen, lehnt das Angebot in einer Grundsatzerklärung ab. Gerügt wurde vor allem, dass Röttgen sowohl die Laufzeit der Atomkraftwerke und damit den Entsorgungsdruck erhöht habe und zugleich die Aufhebung des Gorleben-Moratoriums verfügt hatte. Damit sei ihm jede Redlichkeit abzusprechen, wenn er jetzt von einer nationalen Verantwortung bei der Lösung des Atommüllproblems rede.
Der Widerstand bereitet dem Minister einen unfreundlichen Empfang vor und im Sitzungssaal der öffentlichen Kreistagssitzung. Im Hafen von Hitzacker ankert das Greenpeace-Schiff "Beluga 2". Quelle: u.a. Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag, contratom.de
22.02.2011
34 Jahre Lug und Trug - 34 Jahre Protest und Widerstand: ”Wir stehen an der Schwelle zu einem großen Erfolg: Gorleben ist politisch und geologisch verbrannt, da wird auch die Charme-Offensive des Bundesumweltministers Norbert Röttgen (CDU) nichts dran ändern können.", so die BI am 22. Februar, dem 34. Jahrestag der Standortbenennung. “Wir engagieren uns weiterhin auch bundesweit für den sofortigen Atomausstieg, bei der Menschenkette im März in Baden-Württemberg und am 25.Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe. Im Herbst 2011 setzen wir das nächste Ausrufezeichen beim 13. Castor-Transport, solange bis das Ende von Gorleben eingetütet ist”, kündigt BI-Vorsitzende Kerstin Rudek an.
Mehrere Atomkraftgegner:innen aus dem Wendland sollen in der Polizeikaserne in Lüchow erkennungs- dienstlich behandelt werden. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Beschwerde dagegen abgelehnt. Ausgerechnet am 22. Februar, dem 34. Jahrestag der Standortbenennung sollen die Leute dort erscheinen. Um nicht zwangsweise vorgeführt zu werden, gehen zwei Anti-Atom-Aktivisten freiwillig in die Polizeikaserne Lüchow. Keiner der beiden ist strafrechtlich verurteilt und im Hauptsacheverfahren, das die Rechtmäßigkeit dieser Massnahme klären soll, gibt es noch keine Entscheidung. Die Ermittlungen belaufen sich auf schweren Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch, zugetragen am Pfingstmontag 2010 auf dem Gelände der Bergwerkes in Gorleben. Damals gingen Scheiben zu Bruch, Zäune und Tore wurden überwunden.
Weniger Mädchen: Auffällige Geburtenrate bei Gorleben
23.02.2011
Rund um das Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben hat sich das Geschlechterverhältnis bei Geburten verschoben. Im Umfeld des Atomzwischenlagers in Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg werden deutlich weniger Mädchen geboren als früher: Seit Inbetriebnahme des Lagers 1996 kamen laut einer Untersuchung von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums München "signifikant" weniger weibliche Kinder zur Welt. Ralf Kusmierz erklärt am 23. Febraur in seiner Studie, er gehe davon aus, dass dies auf Strahlenwirkung zurückzuführen sei.
„Im Ergebnis kann man als gesichert betrachten, dass seit Inbetriebnahme des Transportbehälterlagers in Gorleben in der Region signifikant weniger Mädchen geboren werden als zuvor,und zwar umso mehr, je näher sich die Wohnung der Mütter am Lagerbehälterhaus befindet“, so Wissenschaftler Kusmierz. „Ich halte dies nicht für einen Zufall“, sagte Kusmierz. Er gehe davon aus, „dass sich fruchtschädigende Einflüsse in der frühen Schwangerschaft geschlechtsspezifisch auswirken und insbesondere weibliche Embryos absterben lassen, wodurch bei den Lebendgeborenen der Jungenanteil steigt“.
25.02.2011
Der nächste Castor-Zug nach Gorleben besteht rechnerisch komplett aus Atommüll der Deutschen Bahn, heißt es am 25. Februar von Greenpeace. 110 Tonnen hochradioaktiven Müll hat die Bahn bisher allein am AKW Neckarwestheim 1 verursacht. Dies entspricht etwa den elf Castorbehältern, die im kommenden Herbst nach Gorleben rollen sollen.
28.02.2011
SPD-geführte Länder und die Opposition im Bundestag gehen auch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlruhe gegen die von Union und FDP durchgesetzte Verlängerung der Akw-Laufzeiten vor. Eine erste Verfassungsklage wurde am 28. Februar eingereicht, wie die beteiligten fünf Bundesländer mitteilten. Ziel ist es, die Ende 2010 ohne Zustimmung des Bundesrats beschlossenen Atomgesetzänderungen für nichtig erklären zu lassen.
März
10.03.2011
60.000 Menschen demonstrieren mit einer Menschenkette zwischen Stuttgart und dem AKW Neckarwestheim gegen Atomenergie.
10.03.2011
Am 10. März übernehmen zum ersten Mal in der Geschichte des Gorleben-Gebets Muslime die inhaltliche Gestaltung der Aktion.
Fukushima
11.03.2011
Am 11. März um 14.46 Uhr (Ortszeit) findet vor Japans Küste ein Erdbeben mit der Stärke 9,0 statt. In den Reaktorblöcken Fukushima 1 bis 3 finden Schnellabschaltungen statt. Die Reaktoren 4 bis 6 sind wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb. Die externe Stromversorgung des Kraftwerks fällt wegen Erdbebenschäden aus, Notstromaggregate starten. Um 14.52 Uhr trifft die erste durch das Beben verursachte Tsunamiwelle das Kraftwerk und zerstört die Meerwasserpumpen. Damit fallen die reguläre Kühlung aller Reaktoren sowie die gesamte Kühlung der Abklingbecken und der neun wassergekühlten Notstromgeneratoren aus. Die Wellen erreichen Höhen von bis zu 15 Metern, damit deutlich höher als die Auslegung des Kraftwerks. Die Reaktorblöcke 1 bis 4 stehen vier bis fünf Meter tief im Wasser, die Blöcke 5 und 6 bis zu einem Meter. Der Druck in Reaktor 1 beginnt zu steigen. Erste Evakuierungen finden im Nahbereich um den Meiler statt.
12. März, Fukushima: Die Notkühlung in Block 3 fällt aus, Radioaktivität tritt aus Block 1 aus. In der Umgebung des Reaktors steigen die Strahkungsmesswerte an, weitere Evakuierungen finden statt. Am Nachmittag kommt es in Reaktor 1 zur Explosion, das Dach des Gebäudes wird zerstört. Am Abend fällt auch die Notkühlung in Reaktor 2 aus.
12.03.2011
Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg demonstrieren am 12. März im Angesicht des Super-GAU von Fukushima 60.000 Menschen mit einer Menschenkette zwischen Stuttgart und dem AKW Neckarwestheim gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke.
13.03.2011
13. März, Fukushima: Die Strahlung steigt, alle Notkühlsystem in Block 3 versagen, die Kernschmelze beginnt. Mehr als 100.000 Menschen sind bereits evakuiert worden.
"Fukushima ist überall - Atomanlagen sofort abschalten"
Unter dem Slogan "Fukushima ist überall - Atomanlagen sofort abschalten" strömen am 13. März 400 Menschen auf das Gelände des "Erkundungsbergwerks" in Gorleben und bilden eine Menschenkette um die Schachtanlage. "Fukushima ist überall! Atomanlagen sofort abschalten!" fordern die Aktivisten mit Blick nach Japan.
"Eine Technologie, die Unfehlbarkeit verlangt wie die Atomkraft, übersteigt das menschliche Maß", unterstreicht die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). "Mit der – bei jeder Gelegenheit – wiederholten Ankündigung, die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke zu überprüfen, wird Schwarz-Gelb nicht mehr durchkommen, den Tanz auf dem atomaren Vulkan haben die Menschen satt", konstatiert die BI.
14.03.2011
14. März, Fukushima: In Reaktorblock 3 ereignet sich eine heftige Explosion. Am Abend beginnt die Kernschmelze in Block 2. Der Kraftwerksbetreiber erwägt, das Kraftwerk wegen zu großer Gefahren für die Mitarbeiter aufzugeben, erhält jedoch keine Erlaubnis der Regierung.
14.03.2011
Am 14. März nehmen mehr als 100.000 Menschen in mehr als 450 Städten an Anti-Atom-Mahnwachen und Demonstrationen teil, u.a. in Dannenberg und Lüneburg.
15.03.2011
15. März, Fukushima: Explosion in Bereich des Abklingbeckens von Block 4. An Reaktorblock 3 wird die bislang höchste Dosisleistung von 400 mSv/h gemessen, ein Wert, der innerhalb von einer Stunde akute Strahlenkrankheit auslösen kann. "Fukushima" ist das Hauptthema in den internationalen Medien. In Deutschland sind Geigerzähler weitgehend ausverkauft, US-amerikanische Pharmaproduzenten können die Nachfrage nach Jodtabletten nicht mehr bedienen.
15.03.2011
Am Abend des 15. März protestieren deutschlandweit über 100.000 Menschen mit auf mehr als 400 Mahnwachen für die Stilllegung aller Reaktoren.
15.03.2011
Als erste Konsequenz aus den verheerenden Reaktorkatastrophen in Japan kündigt die Bundesregierung am 15. März an, die Laufzeitverlängerung "auszusetzen". Der zweitälteste Meiler Neckarwestheim-1 soll sofort vom Netz, Isar-1 noch in diesem Jahr. Ende Mai solle das älteste Kraftwerk Biblis-A für mehrere Monate vom Netz gehen und dürfe erst nach einer Überprüfung wieder in Betrieb gehen. Biblis-B ist derzeit abgeschaltet, dürfte aber ohne Sicherheitscheck auch nicht wieder an Netz.
15.03.2011
Der schwere Atomunfall von Fukushima hat für einen radikalen Stimmungsumschwung in gesorgt: Eine Mehrheit von 53 Prozent ist nach einer am 15. März veröffentlichten dimap-Umfrage für den ARD-Deutschlandtrend der Ansicht, alle deutschen AKW sollten so rasch wie möglich stillgelegt werden. Dem ZDF-Politbarometer zufolge sind sogar 60 Prozent für einen Atomausstieg so schnell wie möglich.
17.03.2011
In einer Regierungserklärung vor dem Bundestag sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 17. März: "Die Katastrophe in Japan hat ein geradezu apokalyptisches Ausmaß, und es fehlen die Worte." Obwohl ihre Regierung erst vor kurzem eine Verlängerung der Laufzeiten für sämtliche 17 deutschen AKW um bis zu 14 Jahre durchgedrückt hatte, rechtfertigt Merkel jetzt die angeordnete Abschaltung der sieben ältesten Meiler. Durch die Reaktorkatastrophe in Japan sei hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen an die deutschen AKW eine "veränderte Lage" entstanden, die zum Handeln zwinge. "Die unfaßbaren Ereignisse in Japan lehren uns, daß etwas, was nach allen wissenschaftlichen Maßstäben für unmöglich gehalten wurde, doch möglich werden konnte", so Merkel. Die bisherige Atompolitik von schwarz-gelb sei aber richtig gewesen.
"Das Leid in Japan zu instrumentalisieren, um hier in Deutschland eine Debatte über die Folgen einer falschen Politik nicht führen zu müssen, das wird nicht gehen, und das wird Ihnen auch die Bevölkerung nicht durchgehen lassen", so Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit Blick auf die erheblichen Proteste in der Öffentlichkeit gegen die Laufzeitverlängerungen.
"Wir erleben gerade das Ende des Atomzeitalters", so der frühere Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD).
Am 21. März haben sich unter dem Motto "Fukushima ist überall – Atomausstieg jetzt!" bundesweit 141.612 Menschen in 726 Orten an Mahnwachen zum Gedenken an die Opfer der japanischen Katastrophen und gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke beteiligt. Auch im Landkreis Lüchow-Dannenberg waren hunderte Menschen auf der Straße: in Dannenberg, Lüchow, Hitzacker und Gartow wurde am Abend protestiert. In Dannenberg findet seitdem jeden Montag um 18.00 Uhr eine Fukushima-Mahnwache statt.
21.03.2011
Am 21. März beantragt die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) den nächsten Atommülltransport nach Gorleben, der laut eines Sprechers "in der zweiten Jahreshälfte sein wird". Die Beladung der elf Castoren in Frankreich sei bereits im Gange und werde bis zum Sommer dauern. Er wäre der letzte Transport von hoch radioaktivem Abfällen aus La Hague, später sollen laut GNS noch Transporte aus Sellafield ins Zwischenlager Gorleben folgen.
"Die Politik spielt ein sehr riskantes Spiel mit der Bevölkerung. Zum einen will sie uns einen schnelleren Atomausstieg verkaufen und behauptet immer wieder, Gorleben sei ergebnisoffen – und im kommenden Herbst sollen wieder Fakten geschaffen werden", so Jan Becker von contrAtom. "Wir fordern den sofortigen Stopp aller Castortransporte und der Atommüllproduktion. Nach dem GAU in Fukushima müssen alle Sicherheitsberwertungen und Riskioanalysen der Atomindustrie auf den Prüfstand. Auch die für Atommüllbehälter."
22.03.2011
Als weitere Konsequenz aus der Nuklearkatastrophe kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel am 22. März die Einsetzung einer "Ethik-Kommission" ein, die sich mit Fragen der nuklearen Sicherheit und eines "Ausstiegs mit Augenmaß" befassen solle. Vorsitz hat der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU). Die Kommission "dürfe sich nicht nur auf das Thema Reaktorrisiko beschränken", fordert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). "Wir wissen, dass der Wetteifer bei der Stilllegung von Atomkraftwerke für die Parteien als "Gewinner"-Thema gesehen wird, der Neustart einer Endlagersuche aber gescheut wird, weil das mit neuer politischer Aufregung einhergeht", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. "Zu einem wirklichen Innehalten und Neustart in der Atomenergie-Politik gehört auch ein Neubeginn in der verfahrenen Atommülldebatte".
Am 26. März protestieren in vier Großstädten und weiteren Orten im Angesicht der Atomkatastrophe in Japan mehr als 250.000 Menschen für den Atomausstieg. Im Berliner Zentrum versammelen sich 120.000 Demonstrant:innen. In Köln gehen 40.000 Menschen auf die Straße, in München trotz Regen 40.000 und in Hamburg schließen sich 50.000 Menschen den Protesten an. Es handelt sich um die bis dahin größten Anti-Atom-Proteste in Deutschland. Zu den Demonstrationen unter dem Motto "Fukushima mahnt – alle AKWs abschalten" hatte ein breites Bündnis von Anti-Atom-Initiativen, Umweltverbänden, globalisierungskritischen und friedenspolitischen Organisationen aufgerufen.
Ende März
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt Ende März in einem Urteil, dass Sitzblockaden ein Teil des durch das Demonstrationsrecht abgedeckten Protestverhaltens sind.
April
Bei einer Podiumsdiskussion in der Hansestadt im April weist der Epidemiologe Wolfgang Hoffmann von der Universität Greifswald darauf hin, dass die Castor-Strahlung gefährlicher sei, als bisher angenommen. Er fordert eine Neuberechnung von Grenzwerten auch für die Strahlenbelastung von Polizisten, die zum Begleitschutz von Castor-Transporten eingeteilt sind.
Anfang April
Anfang April beantragt die Rechtshilfe Gorleben beim Verwaltungsgericht Lüneburg, den Weiterbau im geplanten Endlager in Gorleben zu stoppen. In dem neuerlichen Antrag auf Einstellung der Arbeiten beruft sich die Rechtshilfe Gorleben auf eine gängige juristische Gepflogenheit, wonach bei beklagten Sofortvollzügen keine weiteren Sachzwänge geschaffen werden sollen. Nach Ansicht von Rechtsexperten ist diese Regelung aber nicht gesetzlich festgeschrieben. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte "Sofortvollzug" angewiesen. In Gorleben werden weiter Fakten geschaffen:
Auch in dieser Woche gab es für den Salzstock in Gorleben keine Ruhepause: Vorbohrungen im Bohrort 5.4, abschließende Sicherungsarbeiten im Bohrort 1.8, Fahrbahnbauarbeiten in der nördlichen Richtstrecke, Sanierung im Spannungsmesssystem im Erkundungshorizont 370 in Schacht 2, Ultraschallmessungen in Kurzbohrungen zur Erkundung von Kohlenwasserstoffvorkommen im Querschlag 1 West. (Bundesumweltministerium, Anfang April 2011)
"Das Verwaltungsgericht Lüneburg solle die Arbeiten so lange unterbrechen, bis die anhängigen Klagen gegen die Wiederaufnahme der Untersuchung entschieden seien", erklärte der Verein Rechtshilfe Gorleben.
Bei schönstem Frühlingswetter gehen am 2. April in Gorleben 2.000 Menschen auf die Straße. "Gorleben raus! AKWs aus!" fordern sie mit Blick auf die derzeitige Abschaltdebatte in Deutschland. Neben der Sicherheit für Reaktoren muss auch über Atommüll und Endlagerung diskutiert werden. Mahnende Worte richteten sich an die Bundesregierung: Fukushima heisst stilllegen! Von Gedelitz bis vor das 3km entfernten Zwischenlager Gorleben führt der Demonstrationzug, der von etwa 50 Traktoren der Bäuerlichen Notgemeinschaft angeführt wird. Bunt und laut geht es zu, "Merkel zurücktreten" und "Wir trauern um die Opfer von Fukushima" steht auf den Schildern. Rainer von Vielen sorgt vor dem Zwischenlager für musikalische Stimmung.
Wolfgang Ehmke von der BI Lüchow-Dannenberg richtete sein Wort auch an die Opposition: „Es ist unverantwortlich, an einem Standort festzuhalten, von dem man wisse, dass er nicht für die Endlagerung geeignet sei.“
Parallel gibt es weitere Demonstrationen: in Bremen gehen 7.000 Menschen auf die Straße und fordern den Ausstieg. In Essen, der Heimatstadt des Energiekonzerns RWE protestiern 3.000 Menschen. RWE hatte am Tag zuvor Klage für die Wiederinbetriebnahme des ältesten Reaktors Deutschlands, Biblis-A eingelegt.
Immer wieder Montag: Am 4. April sind erneut Zehntausende in ganz Deutschland auf die Straße gegangen, um gegen Atomenergie zu protestieren. In über 500 Städten und Orten fanden Mahnwachen mit insgesamt mehr als 70.000 Beteiligten statt. "Fukushima ist überall" – unter diesem Motto treffen sich bundesweit seit mehreren Wochen Menschen, um für den Atomausstieg zu demonstrieren. Auch im Wendland bereits in vier Orten: Dannenberg, Lüchow, Hitzacker und Clenze. In Clenze gibt es Impro-Musik, Textlesungen zu Tschernobyl und Strahlenfolgen und Wurst vom Grill. Ein paar Bauern stellen mit ihren Schleppern die Kulisse.
10.04.2011
Auf Antrag der Jungen Liberalen Niedersachsen wird auf dem FDP-Landesparteitag am 10./11. April eine sofortige Suche nach Alternativen zu einem Endlager in Gorleben gefordert.
"Fukushima ist überall! – Atomanlagen abschalten!" – An den Montagsmahnwachen am 11. April beteiligen sich deutschlandweit in 470 Orten mehr als 52.000 Menschen. Genau einen Monat nach Beginn der Katastrophe gedenken die Beteiligten der Opfer und Geschädigten der radioaktiven Strahlung.
14.04.2011
Am 14. April wird die Klage der Rechtshilfe und Greenpeace gegen den Sofort-Vollzug der Bauarbeiten im Bergwerk Gorleben zurückgeweisen. Die dem Bundesamt für Strahlenschutz erteilte Verlängerung des Rahmenbetriebsplanes und der zur Durchführung der Arbeiten für zwei Jahre zugelassene Hauptbetriebsplan "verletzen die Antragsteller nicht in ihren subjektiven Rechten", entscheidet die 2. Kammer des Lüneburger Oberverwaltungsgerichts. Weder seien dadurch die Schutzgüter Leben und Gesundheit tangiert, noch seien die Salzabbaurechte der Antragsteller betroffen. Für das Erkundungsbergwerk sei zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich (Az: 2 B 12/11 und 2 B 13/11 vom 14. April 2011). Damit können die Erkundungsarbeiten in Gorleben offiziell weitergeführt werden.
"Die Ablehnung des Eilantrages ist lediglich eine vorläufige Entscheidung. Wir werden alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das geplante Endlager zu verhindern. Wir sind überzeugt davon, dass unseren Argumenten am Ende Recht gegeben wird. Die wissenschaftlichen Fakten sprechen eine eindeutige Sprache: Der Salzstock in Gorleben ist als Endlager für hochgefährlichen Atommüll nicht geeignet", so Tobias Riedl, Atom-Experte bei Greenpeace. Bundesumweltminister Norbert Röttgen solle die Bauarbeiten aus eigenem Antrieb stoppen. Wer von einem "fairen, ergebnisoffenen und transparenten Verfahren" spricht, dürfe in Gorleben keine übereilten Tatsachen schaffen.
14.04.2011
Die schwarz-gelbe Landesregierung hält trotz eines anders lautenden FDP-Beschlusses am Fahrplan für die Erkundung von Gorleben zum Atommüllendlager fest. Es müsse geklärt werden, "ob sich der Salzstock als Endlager für hochradioaktive Abfälle eignet", so Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) am 14. April im Landtag in Hannover. Erst nach weiterer Erkundung könne man eine Eignungsaussage machen. Falls sich Gorleben nach Abschluss der Erkundung als nicht geeignet herausstelle, müsse der Bund "spätestens dann" eine Erkundung alternativer Standorte einleiten, so Ministerpräsident David McAllister (CDU). Zusätzlich zur geplanten Erkundung von Gorleben fordern Sander und McAllister den designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) auf, geeignete Endlagerstandorte in Baden-Württemberg auszuweisen.
14.04.2011
Am 14. April veröffentlichen die Betreiber des Endlagerbergwerks Asse-2 neue Messwerte: In einer Lösungsprobe wurde ein Strahlungswert von etwa 240.000 Becquerel pro Liter gemessen. Der Wert liege 24 Mal höher als die erlaubte Freigrenze. Es handelt sich um die schwerste radioaktive Verseuchung seit Beginn der Messungen in 1978.
19.04.2011
Das Bundesamt für Strahlenschutz gibt am 19. April zu der im Internet veröffentlichten Liste der "aktuell genehmigten Transporte für Kernbrennstoffe und Großquellen" bekannt: "Auf Bitten des Bundesumweltministeriums enthält diese Liste aus Gründen der Sicherung keine Genehmigungen mehr, mit denen nicht ein Transport bereits durchgeführt worden ist."
"Röttgen wird nicht müde, von Transparenz zu reden, tatsächlich wird hier nur noch Geheimniskrämerei begangen. Eine erneute Sicherheitsbewertung für die Zwischenlager mit dem hochradioaktiven Müll steht nach der Katastrophe in Fukushima ohnehin aus. Die Atommülldebatte kommt endlich auch in Fahrt, in Gorleben dürfen nicht weiter Fakten geschaffen werden", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Vor dem Zwischenlager Gorleben werden am 23. April etwa 50 Wendländer:innen in Begleitung von Reitern mit Ziel AKW Grohnde verabschiedet. Am Sonntag morgen wächst der Treck auf 5 Trecker, darunter der "Mobile Musik-Kampf-Wagen" der BI und 6 Begleitfahrzeuge an. Die Fahrt geht über Uelzen.
24.04.2011
Auf die Frage von "Bild am Sonntag", ob er bereit sei, die Tonschichten seines Landes daraufhin untersuchen zu lassen, sagt Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann am 24. April: "Selbstverständlich. Alles, was geeignet ist für atomare Endlager, muss untersucht werden. Da ist niemand ausgenommen." Kretschmann ist damit der erste Regierungschef eines Bundeslandes außerhalb Niedersachsens, der Alternativen zu Gorleben erkunden lassen will. Er macht für eine alternative Standortsuche einen schnellen Atomausstieg zur Bedingung.
Anlässlich des Tschernobyl-Jahrestages demonstrieren mehr als 140.000 Menschen allein in Deutschland gegen Atomenergie. An 12 Atomanlagen fordern Menschen allen Alters: Abschalten! Vor das AKW Krümmel kommen rund 17.000 Atomkraftgegner:innen, darunter viele Wendländer:innen, und demonstrierten bei bestem Sonnenschein gegen den Schrottmeiler an der Elbe. In Sprechchören wird immer wieder "Aus bleibt Aus!" gefordert. Für viele der 12 Standorte sind dies die größte Demonstration seit Jahrzehnten oder überhaupt. Mit etwa 80 Treckern jeder Bauart fahren Landwirte - darunter der Treck aus Lüchow-Dannenberg - vor das niedersächsische AKW Grohnde, insgesamt sind es 15-20.000 Menschen, die das Abschalten des Reaktors fordern. Mit Bussen, Autos, Fahrrad-Konvois und Treckern kommen die Menschen vor die Tore der Atomanlagen von Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern bis Gundremmingen in Bayern. Etwa 20.000 Deutsche und Franzosen treffen sich auf der Rheinbrücke zwischen Straßburg und Kehl und fordern das Aus des französischen Meilers Fessenheim.
26.04.2011
Am 26. April verlangt der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) einen Vergleich des Salzstocks Gorlebens mit anderen potenziellen Standorten eines Endlagers für hochradioaktiven Müll. "Auch wenn der Salzstock geeignet ist, muss man ihn dann mit anderen potenziellen Standorten vergleichen. Wettbewerb belebt das Geschäft", so der FDP-Politiker. Gorleben müsse allerdings in jedem Fall zu Ende erkundet werden. "Wenn es ein Endlagersuchgesetz des Bundes gibt, muss Baden-Württemberg konkrete Standortvorschläge machen". Er erwarte, "dass Grüne und SPD das auch in ihren Koalitionsvertrag schreiben". Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU): "Da die Grünen so darauf drängen, mit einer alternativen Standortsuche zu Gorleben zu beginnen, könnten sie in Baden-Württemberg mit gutem Beispiel voran gehen und mögliche Standorte benennen. Das wäre konsequent!"
27.04.2011
Im November ist der 13. Castor-Transport ins Wendland geplant, die Vorbereitungen dafür sind angelaufen. Die ersten Behälter werden in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague bereits verladen und damit transportfertig gehalten, obwohl noch keine Transportgenehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erteilt wurde. Auf diese Ungereimtheit weist die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) am 27. April hin.
27.04.2011
Der Generalsekretär der baden-württembergischen SPD, Peter Friedrich, hält den ins Spiel gebrachten möglichen Standort in Baden-Württemberg für ein atomares Endlager für nicht geeignet. Der BUND-Landesverband hatte ein Gebiet mit Tonschichten bei Riedlingen im Kreis Biberach genannt. Friedrich sagte am Mittwoch im Südwestrundfunk (SWR), er könne "nahezu ausschließen", dass es aufgrund der Geologie und der Trinkwasservorkommen geeignet sei. Der Regionalverband Donau-Iller sprach sich bereits 2006 gegen jede weitere Untersuchung der heimischen unterirdischen Tongesteinsformation zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aus.
27.04.2011
Das Umweltministerium in München teilte am 27. April mit, Bayern sei für einen Endlagerstandort "aus geologischen, nicht aus politischen Gründen" ungeeignet. Umweltminister Markus Söder: "Bayern scheidet aus geologischen Gründen als Standort für ein Endlager aus. Es geht hier um Geologie, nicht um Ideologie." Mehrere Studien aus der Vergangenheit seien zu diesem Ergebnis gekommen. Auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) lehnt eine Diskussion über ein Endlager in Bayern ab: "Daran werden wir uns nicht beteiligen."
27.04.2011
Im Falle einer neuen Suche nach einem Atomendlager müssen aus Sicht des niedersächsischen CDU-Fraktionschefs Björn Thümler weitere Standorte in Niedersachsen ausgeschlossen werden. "Bislang hat nur Niedersachsen Verantwortung für die Suche eines Endlagers für Atommüll übernommen", so Thümler am 27. April. Das norddeutsche Bundesland sei aber nicht der Atommüllplatz der Bundesrepublik. Deshalb schließe er eine weitere Standortsuche über Gorleben hinaus in Niedersachsen aus.
28.04.2011
Am 28. April trifft eine Gruppe aus Minsk am Zwischenlager in Gorleben ein, die mit eindringlichen Worten anmahnte, die Debatte um den Atomausstieg wirklich ethisch zu führen und nicht nach technischen Kriterien. "Viele von uns sind krank - krank durch den GAU von Tschernobyl", so Prof. Irina Gruschewaja als Sprecherin der Gruppe, die auf Einladung der Gemeinnützigen belarussischen Stiftung die "Kinder von Tschernobyl" ins Wendland gekommen war. Mit Bildern kranker oder bereits verstorbener Angehöriger und Freunde mahnt die 30-köpfige Gruppe am Gorlebener Zwischenlager dazu, sich mehr dem menschlichen Elend der Folgen des GAUs von Tschernobyl zu widmen. (wendland-net.de)
28.04.2011
"Es ist nicht die Frage, ob wir aus der Atomkraft aussteigen, sondern wie und unter welchen Bedingungen". So eröffnet der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer als Vorsitzender am 28. April die von Bundeskanzlerin Angela Merkel einberufenen Ethikkommission "Sichere Energieversorgung". Rund 50 Interessierte verfolgen die übertragene Diskussion live an der Freundschaftshütte nahe des Gorlebener Zwischenlagers.
"Nach den Ereignissen in Fukushima überrascht es nicht, dass der Atomausstieg jetzt Fahrt aufnimmt", so Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die zum Public Viewing geladen hatte. "Aber ob Merkels politische Rechenspiele aufgehen, das bleibt noch abzuwarten." Denn Ehmke vermutet hinter dem dreimonatigen Nichtverlängerungs-Moratorium immer noch das klare Kalkül, dass der Protest gegen Atomkraftwerke abflauen wird. "Doch da täuscht sich Frau Merkel", so Ehmke weiter. "Wir bleiben wachsam. Denn da die Atommüllfrage bis jetzt ausgeklammert bleibt, befürchten wir, dass ein womöglich schneller Atomausstieg um den Preis ausgehandelt wird, dass wir die "Kröte Gorleben" schlucken sollen."
28.04.2011
Es sei "natürlich eine gute Idee", unseren Atommüll in bereits verstrahlten Gebieten zu lagern. Zudem gäbe es "ja nicht nur in Fukushima Gegenden, die radioaktiv verseucht sind, sondern es gibt natürlich auch in Russland solche Gebiete", so Georg Erdmann, Professor für Ökonomie in Berlin und Präsident der Gesellschaft für Energiewirtschaft und Energiepolitik in einem Interview mit Deutschland Radio am 28. April. Man müsse den Menschen nur genügen Geld bezahlen, dann seien Endlager durchsetzbar.
28.04.2011
Im Osnabrücker Land gibt es Tonvorkommen, die geeignet erscheinen, ein Atommülllager aufzunehmen. Das hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in einer Studie festgestellt. "Das ist nur ein Hinweis, mehr nicht", so ein Sprecher des Landkreises am 28. April. Die Studie gebe lediglich geologische Vorbedingungen wieder, ein konkretes Standortverfahren sei nicht geplant.
28.04.2011
Bei der Suche nach einem sicheren Atomendlager müssen nach Ansicht von Naturschützern auch bayerische Standorte geprüft werden. Eignen könnte sich zum Beispiel das Fichtelgebirge mit seinen Granitvorkommen. Granit-, Ton- oder Salzvorkommen seien als Endlager geeignet, sagen Experten. Es sei deshalb möglich, dass im Fichtelgebirge, im Oberpfälzer Wald, dem Bayerischen Wald oder in den Tonlagerstätten in Niederbayern ein möglicher Endlager-Standort gefunden werde, sagte der Vorsitzende des Bundes Naturschutz, Hubert Weiger, dem Bayerischen Rundfunk. "Wir sagen nicht, dass es geht, wir sagen nur, dass es geprüft werden muss", so Weiger am 28. April.
29.04.2011
"Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat angekündigt, dass er die Frage der End- und Zwischenlager in die Energie-Konsensgespräche mit einfließen lassen will. Meine Unterstützung hat er dafür! (…) Ich möchte an dieser Stelle einmal klar darauf hinweisen: Niedersachsen trägt bisher die gesamte nationale Verantwortung für das Thema Endlagerung von Atommüll alleine. Jetzt sind auch andere Regionen Deutschlands vorrangig gefragt, ihren aktiven Beitrag zu leisten." (McAllister, Ministerpräsident Niedersachsen am 29. April)
29.04.2011
Mecklenburg-Vorpommern will sich nicht an der Suche um Alternativen zu Gorleben beteiligen. Der für Strahlensicherheit zuständige Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat Erkundungen nach einem möglichen atomaren Endlager in Mecklenburg-Vorpommern am 29. April ausdrücklich abgelehnt: "Dafür sehe ich keine Notwendigkeit".
30.04.2011
"Bayern ist aus geologischen Gründen für einen Endlagerstandort nicht geeignet. Es wird keine Endlagersuche in Bayern geben", so CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt im "Hamburger Abendblatt" am 30. April. "Wir erkunden den Salzstock in Gorleben ergebnisoffen. Bevor die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, muss man über weitere Fragen nicht nachdenken."
Mai
In der Bewertung der Ursachen des Reaktorunfalls im japanischen AKW Fukushima sind von Seiten des Betreibers neue Einschätzungen zu hören: Bisher sprachen alle Verantwortlichen immer von einer unvorhersehbaren "Naturkatastrophe". "Die Katastrophe, die sich im KKW Fukushima ereignet hat, ist auf menschliches Versagen zurückzuführen", so Vizepräsident Norio Tsuzumi bei einem Besuch des evakuierten Dorfes Iitate Anfang Mai. Im Vorfeld des Fukushima-Unfalls hätten adäquate Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.
Kehrtwende in der Endlagerdebatte auch in den USA? Nach dem Scheitern des Bergwerk-Projektes Yukka Mountain debattieren Wissenschaftler über Möglichkeiten für Atom-Endlager. Der aktuelle Vorschlag sieht statt einer zentralen, unterirdischen Stelle, mehrere Zwischenlager für einige Jahrzehnte vor – über der Erde.
02.05.2011
EU-Energiekommissar Günther Oettinger fordert Deutschland dazu auf, eine neue, ergebnisoffene Diskussion über die Frage eines Atommüll-Endlagers zu führen. "Es kann nicht mehr sein, dass die Standortsuche wie ein ‚Schwarze-Peter‘-Spiel weitergegeben wird und bei jeder Regierung zu den unerledigten Akten kommt", so Oettinger in den "Stuttgarter Nachrichten" am 2. Mai.
02.05.2011
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) fordert, auch in anderen Bundesländern nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll zu suchen. "Der Bund sollte auf die Möglichkeit, dass Gorleben nicht geeignet ist, vorbereitet sein", so McAllister im NWZ-Interview am 2. Mai. Insofern sei dem Bund zu empfehlen, mit vorbereitenden Untersuchungen an anderen Orten zu beginnen. "Demnächst" wolle McAllister nach Gorleben fahren.
02.05.2011
Michael Roolf, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion von Mecklenburg-Vorpommern, erklärt am 2. Mai zur Weigerung der Landesregierung, die Suche nach einem Atommüll-Endlager zu unterstützen: "Es ist eine rücksichtslose Politik der Landesregierung, selbst die Prüfung auf der Suche nach einem Endlager zu verweigern, gleichzeitig jedoch massiv die Abschaltung aller Atomkraftwerke voranzutreiben."
09.05.2011
Die CDU spricht sich mit ihrem neuen Energiekonzept noch einmal deutlich für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke aus. Unverholen wird weiter von der "Brücke Atomenergie" gesprochen, die Deutschland nun zwar "schneller" hinter sich lassen solle, einen konkreten Termin für das Abschalten der Atomkraftwerke gibt es aber nicht. Ebenso keine Beschlüsse hinsichtlich der alten Meiler, die mit Ende des 3-monatigen Moratoriums wieder angefahren werden können. Zur Endlagersuche beschließen die Christdemokraten: In ganz Deutschland sollen künftig Standorte für Atommüllendlager gesucht werden. Allerdings erst, wenn Gorleben zu Ende erkundet wurde und nicht-tauglich ist.
10.05.2011
Die Bürgerinitiative lädt CDU-Mitglieder und –Wähler zu einer Infoverstaltung "Atomkraft für Anfänger" ein.
10.05.2011
"Endlager auf Zeit" könnte die Lösung für hochradioaktiven Atommüll sein. Das zumindest fordert Geoforscher Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in einem Artikel des SPIEGEL am 10. Mai. Der Grund: Die derzeitigen Anforderungen an ein Endlager seien zu hoch – und die oberirdischen Zwischenlagerhallen unsicher. Mit einer vergleichsweise Kurzzeitlösung über etwa 500 Jahre wäre die Langzeitsicherheit aufgeweicht. Bislang gilt die Vorgabe der Bundesregierung, eine Deponie für die Ewigkeit zu finden, so dass die hochradioaktiven Substanzen auch künftigen Generationen nicht gefährlich werden. In 30 bis 50 Jahren soll das unterirdische Endlager nach bisheriger Planung fertig sein. Laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) lauten die derzeitigen Anforderungen für Endlager, die am 30. September 2010 von der Bundesregierung in neuer Fassung veröffentlicht wurden: hochradioaktive Abfälle werden für 1.000 Jahre "bergbar gelagert".
11.05.2011
Am 11. Mai wirbt Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander dafür, die Frage der Endlagerung von Atommüll unter neuen Vorzeichen zu diskutieren. "Dabei muss auch erörtert werden, ob eine oberirdische Lagerung der Abfälle für 100 bis 150 Jahre in Betracht käme". Die Bundesregierung solle diese Variante prüfen, so Sander. Eine solche Aufbewahrung böte die Chance, den Abfall bei einem späteren wissenschaftlichen Fortschritt in einigen Jahrzehnten womöglich als Energieträger zu nutzen.
"Wir machen drei Xe, dass endlich Bewegung in die Diskussion um die Aufbewahrung des Atommülls kommt. Die jüngsten Äußerungen von Landes- und Bundes- Koalitionspolitikern kommen einem Eingeständnis gleich, dass das bisherige Konzept der Atommülllagerung gescheitert ist. Aus der Asse zu lernen, beinhaltet jedoch zwingend, den Standort Gorleben bedingungslos aufzugeben. Nur dann kann es eine offene vergleichende Atommülllagersuche geben, die nach Sicherheitsaspekten stattfindet, nicht nach Wirtschaftsinteressen. Die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen ist der einzig logische Schluss dieser Neuordnung in eine verantwortungsvolle Abwicklung der Atomenergie", fordert Kerstin Rudek, Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg.
Oberirdische Dauerlager sind kein Beitrag zur Atommüll“entsorgung“, so BI-Pressesprecher Wolfgang Ehmke. Damit würde der Status Quo des Atommülldilemmas nur fortgeschrieben. "Auf der Tagungsordnung steht derzeit ein Neustart der Endlagersuche ohne Gorleben, in einem vergleichenden Suchverfahren müssen sich lagerübergreifend alle Länder dieser Verantwortung stellen", so Ehmke.
12.05.2011
Der Einsturz des "vergessenen Endlagers" ERAM in Morsleben, Sachsen-Anhalt ist nach Auskunft des Bundesamt für Strahlenschutz verhindert. Man habe 27 Hohlräume mit Beton aufgefüllt, um die künftige Standsicherheit zu gewährleisten, berichtet das Bundesamt am 12. Mai.
12.05.2011
Aus dem Entwurf des Berichts der Ethik-Kommission geht am 12. Mai hervor, dass die Kommission der Bundesregierung einen Atomausstieg bis 2021 vorschlagen wird. Zudem wirbt sie für ein sofortiges Aus der sieben Uraltmeiler, die mit dem so genannten Moratorium vorübergehend herunter gefahren wurden. "Wer nach Fukushima noch für ein volles Jahrzehnt auf Atomkraft in Deutschland setzt, zeigt ein eigenwilliges Verständnis von Ethik", kommentiert NABU-Präsident Olaf Tschimpke den Berichtsentwurf. "Diverse Studien zeigen, dass ein Atomausstieg deutlich vor 2021 möglich ist".
15.05.2011
Die FDP will neben dem Salzstock Gorleben schon jetzt weitere Endlager-Optionen für hochradioaktiven Atommüll prüfen. Darauf einigte sich der Bundesparteitag der Liberalen am 15. Mai in Rostock und korrigiert damit die Linie der Partei. Bisher setzt die FDP – wie auch die schwarz-gelbe Bundesregierung – ausschließlich auf die vollständige Erkundung des Standorts Gorleben in Niedersachsen. Nun einigen sich die Delegierten auf die Formulierung: "Die FDP befürwortet es, Gorleben zu Ende zu erkunden und zugleich rückholbare Endlager-Konzepte in tiefen geologischen Formationen oder gesicherten baulichen Einrichtungen zu prüfen."
15.05.2011
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) knüpft die Standortfrage eines Endlagers für Atommüll an den Ausstieg aus der Atomenergie. "Bevor man nicht den letzten Meiler endgültig stillgelegt hat, wird man nirgendwo ein Atomendlager durchsetzen können", so Kretschmann am 15. Mai im Magazin "Spiegel".
16.05.2011
EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) rät davon ab, die Suche nach einem Atom-Endlager auf den Südwesten Deutschlands auszudehnen. "Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die mir bekannt sind, sind die Gesteinformationen in Baden-Württemberg für ein Endlager nicht geeignet", so der frühere Ministerpräsident des Landes im "Hamburger Abendblatt" am 16. Mai. Wichtig sei, dass die Erkundung des Salzstocks in Gorleben jetzt vorankomme. Zugleich regte der Energiekommissar an, hoch radioaktiven Abfall rückholbar zu lagern.
18.05.2011
Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat nach Infomationen des SPIEGEL vom 18. Mai Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Debatte über die weitere Nutzung der Atomenergie vor einem Rückzieher gewarnt und mit drastischen Konsequenzen gedroht: "Wenn Frau Merkel glaubt, sie kann die abgeschalteten Kernkraftwerke einfach wieder einschalten lassen und einfach 110 anrufen, wenn es Protest gibt, ist sie bei uns falsch verbunden", so Verbandschef Rainer Wendt. Nach der Katastrophe in Japan habe sich die politische Stimmung in Deutschland, auch unter Mitwirkung der Bundesregierung, in Richtung rascher Ausstieg aus der Atomkraft gewendet. "Schon aus diesem Grund wäre ein Protest-Tsunami zu erwarten, wenn die Bundesregierung jetzt wieder eine Wende vollzieht. Die Polizei stünde wieder einmal zwischen den Fronten falscher Politik und dem berechtigten Zorn der Menschen."
20.05.2011
Für den Polizeieinsatz beim Castor-Transport nach Gorleben im vergangenem November hat Niedersachsen die Rekordsumme von 33,5 Millionen Euro bezahlt. Das geht aus einer am 20. Mai veröffentlichten Antwort auf eine Große Anfrage der Grünen-Fraktion in Hannover hervor. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Mehrarbeit niedersächsischer Polizisten und die Zahlungen an andere Länder für bereitgestellte Beamte addieren sich auf diese Summe. Bei dem Transport seien einzelne Polizisten bis zu 35 Stunden ununterbrochen im Einsatz gewesen. Solange sei "die maximale Verwendungszeit im Einsatzraum in Einzelfällen" gewesen, heißt es in der Antwort des Innenministeriums auf die Anfrage. Hinzuzurechnen seien noch Zeiten für Fahrten zwischen Unterbringungs- und Einsatzorten. Die Gesamtzahl der eingesetzten Polizisten gab das Ministerium mit rund 20.000 an. Zu 11.836 Beamten der Länder kamen noch mehr als 8.000 Kräfte der Bundespolizei hinzu. Bislang hatte das niedersächsische Innenministerium von rund 25 Millionen Euro Einsatzkosten gesprochen.
21.05.2011
Der Bayerische Wald lebt von seiner teils unberührten Natur, dem Tourismus und der Ursprünglichkeit. Würde hier der radioaktive Müll aus deutschen Atomkraftwerken gelagert, hätte das für eine ganze Region katastrophale Folgen, so der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen ein Atommüllendlager im Saldenburger Granit, Martin Behringer, am 21. Mai.
21.05.2011
Ist der Salzstock Gorleben geeignet als atomares Endlager? Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, will seine Hand dafür nicht ins Feuer legen: Der Standort sei nach "unbekannten Kriterien" ausgesucht worden. Alternativen müssten offen diskutiert werden, fordert König am 21. Mai.
Es ist ein kurzer Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel am 21. Mai in Ludwigslust auf dem Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern. Deutlich zeigen Atomkraftgegner:innen aus der Prignitz, Ludwigslust und dem Wendland Flagge gegen die CDU-Politik: Euer Nonsens ist kein Konsens!
22.05.2011
Die Suche nach dem besten Standort für ein Atom-Endlager darf nicht an den bayerischen Grenzen aufhören – das fordert der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am 22. Mai. Er macht den Erfolg der Suche zur Bedingung für einen Atomkonsens.
23.05.2011
Trotz des angestrebten schnelleren Atomausstiegs will Bayern an der Erkundung des Salzstocks Gorleben in Niedersachsen festhalten. "Ein Endlager wird es in Bayern nicht geben", so CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am 23. Mai in der "Süddeutschen Zeitung". Dies habe vor allem geologische Gründe.
23.05.2011
Er sei nur unter der Voraussetzung zu einer weiteren Erkundung des niedersächsischen Salzstocks Gorlebens bereit, "dass wir gleichzeitig in ganz Deutschland gucken, ob es nicht auch Alternativen gibt", so der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil am 23. Mai im Sender Phoenix. Er wolle nicht, dass politisch entschieden werde, wo ein Endlager hinkommt, "nur weil einige in Bayern nach dem St.-Florians-Prinzip handeln, nach dem Motto "Atomkraft schön, Atommüll muss irgendwo hin, bitte nach Niedersachsen, aber nicht bei uns zu Hause"".
24.05.2011
Die Weigerung der Union, bundesweit nach einem Endlager zu suchen, zeige: "Schwarz-gelb ist nicht an einem Energiekonsens interessiert.", so der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, am 24. Mai. Die Union müsse "eindeutig" erklären, was sie eigentlich wolle.
24.05.2011
"In Gorleben wird seit 34 Jahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Endlager gebaut. Die wechselnden Regierungen haben bisher nicht den Mumm gehabt, diese institutionalisierte Unrechtmäßigkeit zu beenden. Vom Schwarzbau Gorleben muss sich jetzt verabschiedet werden. Die Suche für eine bestmögliche Lagerstätte für den hochgiftigen strahlenden Müll wird sich nur unter Ausschluss von Gorleben nach Festlegung international anerkannter Kriterien starten lassen, darin sind sich die Bürgerinitiative Umweltschutz und kritische Wissenschaftler einig", fordert BI-Vorstand Kerstin Rudek am 24. Mai.
In mehr als 21 Städten gehen am 28. Mai mehr als 160.000 Menschen gegen Atomkraft auf die Straße. In Berlin ziehen 25.000 Atomkraftgegner:innen vor die CDU-Zentrale und fordern das Ende der Atomenergienutzung ohne jede Verzögerung. Auch in München sind 25.000 Menschen auf der Straße, in Hamburg 20.000, in Freiburg 10.000. In Uelzen protestieren etwa 500 Menschen gegen den Weiterbetrieb der Meiler, Gorleben als Endlager und für eine Energiewende. Ein bunter Demozug führt bereits um 11.00 Uhr durch die Uelzener Innenstadt, vor dem Marktplatz findet ein "Probesitzen" anlässlich der angekündigten Proteste zu Pfingsten vor dem AKWs statt.
28.05.2011
"Jetzt schlägt´s 13", heißt das Motto für die Proteste gegen den für November angekündigten Castor-Transport ins Zwischenlager Gorleben. Am 27. Mai drücken BI Lüchow-Dannenberg, Bäuerliche Notgemeinschaft und contrAtom den Startknopf für die Mobilisierung:
"Atomstaat und Rechtsstaat beißen sich. Wenn der Castor rollt, bleibt die Demokratie auf der Strecke. Wir rufen alle Menschen auf, sich im November auf den Weg nach Dannenberg, Gusborn, Quickborn oder Gorleben zu machen, um mit den Füßen gegen den Atomkurs der Regierung abzustimmen. Schon im vergangenen Jahr wurde in Harlingen bei der Schienen-Sitzblockade von Tausenden von Menschen deutlich, dass mit vertretbaren polizeilichen Mitteln der Castor-Transport nicht durchsetzbar ist. In diesem Jahr gibt eine weitere Chance: Wenn wir mit zehntausend Menschen auf die Strecke gehen, kommen sie mit Gorleben nicht durch." (Aufruf "Jetzt schlägt´s 13")
Eine Webseite "www.gorleben-castor-2011.de" ist eingerichtet, auf der Kulturellen Landpartie zwischen dem 02. und 12. Juni werden die ersten zehntausend Menschen mit einer Sonderausgabe der "Gorleben Rundschau" zum anstehenden Transport informiert.
"Bei allen Sicherheitsbetrachtungen wurden die Zwischenlager ausgeklammert und unter Tage im Salzstock Gorleben schafft die Bundesregierung weiter Fakten durch den Ausbau des Bergwerks", kritisiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
"Wir starten schon jetzt in den heißen Herbst, die fünfte Jahreszeit hier im Wendland – denn die Last der Entscheidung, nicht sofort aus der Atomenergienutzung auszusteigen lastet wohl auf unseren Schultern“, so Jan Becker von contrAtom. "Wir befürchten – und die Vorzeichen sind erkennbar – dass schwarz/gelb zugunsten einiger AKW-Stilllegungen weiter auf Gorleben setzt. Aber damit werden sie nicht durchkommen!"
30.05.2011
Nach dem Bericht der Ethikkommission bestehen Zweifel, ob Gorleben weiter als Atommüllendlager geeignet ist. Die Ethikkommission zur Atomkraft empfiehlt nach Informationen des NDR vom 30. Mai in ihrem Abschlussbericht, dass der radioaktive Abfall rückholbar gelagert wird. Atomkraftgegner:innen sehen darin eine Neukonzeption der Atommülllagerung in Deutschland. Die Grünen sprechen gar von einem Aus für Gorleben.
30.05.2011
CSU-Chef Horst Seehofer spricht sich überraschend für einen Neustart bei der Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll aus. Alle geologischen Aspekte sollten noch einmal neu auf den Prüfstand gestellt werden, so Seehofer am 30. Mai. "Wir müssen erstmal Deutschland ausleuchten." Bisher sperrte sich Bayern gegen eine bundesweite Suche nach Alternativen zum Salzstock Gorleben in Niedersachsen. "Es soll alles untersucht werden", erklärt Seehofer. "Die Generationen, die die Kernkraft nutzen, müssen sich auch um die Endlagerung kümmern." Neben Salzstöcken im Norden – wie in Gorleben – könnten auch Ton- und Granitformationen im Süden als Standorte in Frage kommen.
30.05.2011
Union und FDP verständigen sich in der Nacht zum 30. Mai darauf, bis Ende 2022 vollständig aus der Atomenergie auszusteigen. Die vom "Moratorium" betroffenen sieben ältesten AKW sowie Krümmel sollen nicht mehr ans Netz gehen. Die Koalition zieht damit den abrupten Kurswechsel in der Atompolitik, den die Bundeskanzlerin nach der Katastrophe von Fukushima verkündete, konsequent durch.
31.05.2011
Nach der neuen Offenheit der Bundesregierung für einen Neustart in der Endlagerfrage macht sich am 31. Mai der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz für eine gemeinsame Kraftanstrengung stark. Im Endlagerbereich müsse ein Konsens her, so Wolfram König.
Ethikkommission empfiehlt Neustart für Endlagersuche & schnellen Atomausstieg
31.05.2011
Die von der Bundesregierung eingesetzte "Ethikkommission" empfiehlt am 31. Mai neben einem "schnelleren Atomausstieg" auch einen Neustart bei der Suche nach einem Endlager für den Atommüll.
"Wer in den Beschlüssen und Äußerungen der Bundesregierung zur Atommüll-Endlagerung eine Abkehr von Gorleben sieht, täuscht sich gewaltig", so Jochen Stay von ausgestrahlt. "Eine neue Endlager-Suche wird so nicht stattfinden, nicht in Bayern und auch nicht anderswo. Die Bundesregierung hat lediglich Studien über die Eigenschaften verschiedener Gesteinsarten beschlossen – unabhängig von konkreten Standorten – und gleichzeitig den weiteren zügigen Ausbau des Salzstocks in Gorleben als Endlager."
31.05.2011
Bayerns Umweltminister Markus Söder hält ein Endlager für Atommüll in seinem Bundesland für schwer möglich. Die geologischen Gegebenheiten seien nicht geeignet, so Söder am 31. Mai im ZDF.
Juni
01.06.2011
Am 1. Juni genehmigt das Bundesamt für Strahlenschutz die letzten hochradioakiven Atommüllfuhre aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Frankreich nach Gorleben. Anfang November sollen weitere elf Behälter in das niedersächsischen Zwischenlager gebracht werden.
"Jeder Transport in die Sackgasse Gorleben soll den Standort zementieren und Fakten für ein Endlager schaffen. Stehen die Castoren erstmal in Gorleben, befürchten wir, dass sie dort bleiben werden. Gorleben ist untauglich für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll. Selbst die Ethikkommission der Bundesregierung schlägt Alternativen zu einer Tiefenlagerung vor. Das Konzept ist gescheitert! Jetzt wieder einen Castortransport dorthin durchzuprügeln ist schizophren. Das hat nichts mit Entsorgung zu tun – sondern zeigt das Dilemma auf, dass es keine Lösung für den Müll gibt", so Jan Becker von contrAtom.
Mit einer Ausstellung, einem Infostand und Vortägen ist contrAtom auf der Kulturellen Landpartie (2.-14. Juni) im Wendland vertreten. Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten besuchen zehntausende Menschen den Landkreis – und bekommen einen ganz anderen Eindruck, als im Herbst wenn der Castor rollt. Heiss umkämpfte Orte werden zu Ausstellungwiesen, Kunst findet entlang der Transportschiene und -straße statt. Führungen erläutern den Besuchern ein sommerlichen Blick auf die Atomanlagen, abseits vom Belagerungszustand im November. Überall steht das Thema Atomenergie im Fokus, ist schließlich die „Kulturelle Landpartie“ aus dem Widerstand gegen die menschenverachtende Technologie entstanden. (contratom.de)
Atomausstieg bis Ende 2022
06.06.2011
Am 6. Juni winkt das Bundeskabinett den Atomausstieg bis 2022 durch.
Nach Grafenrheinfeld im Jahr 2015 könnte 2017 Gundremmingen B und 2019 Philippsburg II abgeschaltet werden. 2021 sollen das AKW Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C vom Netz gehen. 2022 folgt das Aus für Neckarwestheim II, Isar II und Lingen.
"Merkels Ausstieg bis 2022 ist ein Ausstieg im Schneckentempo. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, die verbleibenden neun Reaktoren noch bis zu elf Jahre lang laufen zu lassen," sagt Tobias Münchmeyer, Energie-Experte bei Greenpeace. "Jeder Tag Atomkraft ist einer zu viel. Merkel ignoriert die Empfehlung der Ethik-Kommission, so schnell wie möglich auszusteigen. Sie muss die volle politische Verantwortung für jeden Atom-Unfall übernehmen, der sich nach 2015 aufgrund ihrer Verschleppung des Ausstiegs in einem deutschen Atomkraftwerk ereignet."
"Mit den heute von der Bundesregierung beschlossenen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken bis 2022 ist der gesellschaftliche Konflikt um die Atomenergie nicht vorbei. 56 Prozent der Bevölkerung wollen laut der jüngsten Forsa-Umfrage einen Atomausstieg bis 2016 oder schneller. Statt wie versprochen den schnellstmöglichen Ausstieg zu organisieren, setzt die Kanzlerin jetzt auf mehr als zehn Jahre weitere Atom-Risiken", so Jochen Stay von ausgestrahlt.
"Wir wollen einen schnelleren Ausstieg – und keine Laufzeitverlängerung für angeblich neuere Meiler, die trotzdem unsicher sind", fordert Jan Becker von contratom. "Gleichzeitig muss die Regierung endlich akzeptieren, dass Gorleben Geschichte ist."
10.06.2011
"Pfingsten wird Gorleben versalzen!", heißt es in der Ankündigung zu einem Aktionscamp in Gedelitz zwischen dem 10. bis zum 17. Juni. In Gorleben wird gerade ein Endlager fertig ausgebaut!, warnen Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V., Bäuerliche Notgemeinschaft, contrAtom, Kurve Wustrow, Widersetzen und Widerstandsnest Metzingen im Aufruf zum "Widerstand gegen den Endlagerschwarzbau".
„Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat nicht einmal den Sofortvollzug für den Ausbau Gorlebens aufgehoben und lässt keinen Zweifel daran, dass er die Arbeiten an einer „vorläufigen Sicherheitsanalyse“ zu Gorleben weiter finanziert“, moniert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Unter dem Motto „Gorleben versalzen“ überwinden Aktivist:innen in der Nacht zum 12. Mai die Absperrungen der beim Endlagerbergwerk aufgetürmten Salzhalde. Auf dem aufgeschichteten Salz bringen sie in weißer Farbe den 70 mal acht Meter großen Schriftzug "Das Salz zurück in die Erde" an.
Am 12. Mai ziehen 800 Menschen mit Fahnen, Transparenten und Schubkarren an der von starken Polizeikräften gesicherten Endlagerbaustelle vorbei. Erneut hebeln einige AKW-Gegner:innen den Zaun um die Salzhalde auf und erklimmen unter dem Jubel der Demonstranten den Gipfel. Die Polizei nimmt 27 Menschen fest, die mit Fahnen und teils auch mit Karren auf den Salzberg gelangt waren.
In der Debatte um den Atomausstieg bleibe das Atommülldilemma ausgeblendet, kritisiert die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: "Bisher raschelte es nur im Blätterwald, als nach dem grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, auch CSU-Chef Horst Seehofer seine Blockadehaltung zu einer Endlagersuche in Bayern aufgab. Aber passiert ist nichts. In Gorleben wird im Dreischichtbetrieb weitergebaut", heißt es in einer Erklärung der BI.
15.06.2011
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann spricht sich für eine bundesweite Endlagersuche aus. Doch seine Geologiebehörde stellt nun klar: Das Bundesland komme für Atommüll nicht in Frage. "Die Standortsuche dürfte sich in Baden-Württemberg auf die Tongesteine konzentrieren", so der Leiter des Landesamtes für Geologie in Baden-Württemberg in Freiburg, Ralph Watzel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Lediglich Teile der Schwäbischen Alb und Oberschwabens sowie der Landkreis Konstanz kämen theoretisch infrage. Doch auch dortige Tongesteine seien mit größter Vorsicht zu betrachten, betont Watzel am 15. Juni.
15.06.2011
Am 15. Juni mahnt Wolfram König, Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, einen politischen Konsens hinsichtlich des Verfahrens zur Endlagersuche in Deutschland an. Dieses Verfahren werde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und müsse deshalb über mehrere Legislaturperioden hinaus Bestand haben.
"Ich finde das einen großen Schritt in die richtige Richtung, weil das Problem ist, dass die bisherige Auswahl der Standorte und insbesondere des Standortes Gorleben nicht transparent und nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgt ist, und internationaler Stand ist, dass man vorher die Kriterien festlegt, nach denen man einen Standort auswählt und nach denen man auch so einen Standort dann bewertet. Das ist in Gorleben leider nicht geschehen vor bald 35 Jahren, und somit ist dieser sehr umstritten. Obwohl vielleicht die Geologie geeignet ist, ist aber die Akzeptanz in der Bevölkerung für so einen Standort natürlich nicht in der Weise gegeben, und wir haben keinen Vergleich mit anderen möglichen Endlagerstandorten, sodass man nie sagen kann: Ist das wirklich der bestmögliche, den wir in der Bundesrepublik realisieren können?" (König im Deutschlandfunk, 15.6.2011)
Gorleben-Gegner:innen blockieren am 15. Juni die Tore zum Salzbergwerk Gorleben und behindern damit den Schichtwechsel des Personals: Zeitweise konnte kein Arbeiter das Gelände mehr erreichen. "Schichtblockade" war der Aufruf - sitzend und hängend wurde das Ziel erreicht.
Zwischen 13.00 und 14.00 Uhr wird die Vormittagsschicht, die im Bergwerk in Gorleben weiter Tag für Tag Fakten für ein Endlager schafft, ausgewechselt. Am Dienstag konnte das Gelände vorerst über die Haupteinfahrt, später auch über alternative Zufahrten nicht mehr erreicht werden. Die Arbeiter mussten Umwege quer durch den Wald in Lauf nehmen – eine kleine Botschaft gegen große Taten. 24 Stunden wird in 3 Schichten im Salzstock gearbeitet. Seit Jahren wird der Berg zu einem Endlager ausgebaut – anstatt geforscht. 1,5 Milliarden Euro wurden verbuddelt – obwohl die Untauglichkeit zur Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen seit 30 Jahren erwiesen ist. Mit dem Scheitern der Asse-II fand das Endlagerkonzept in Salz seinen Gipfel der Absurdität. (contratom.de)
18.06.2011
Unter dem Motto "Block Brokdorf" blockieren etwa 200 Atomkraftgegner:innen am 18. Juni das Atomkraftwerk Brokdorf.
30.06.2011
Der Bundestag beschließt am 30. Juni die Neufassung des Atomgesetzes, auf die sich die schwarz-gelbe Koalition vor vier Wochen geeinigt hatte. Damit wird die erst vor einem halben Jahr in Kraft getretene Verlängerung der Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke rückgängig gemacht und zur Reststrommengen-Regelung aus dem Jahre 2002 zurückgekehrt. Während Grüne und SPD zustimmen, fordern die Linke eine Verankerung des Atomausstiegs im Grundgesetz, um ihn so gut wie unumkehrbar zu machen. Die Betreiber der AKW bereiten unterdessen Verfassungsklagen auf Schadensersatz vor.
Juli
08.07.2011
Nach der Entscheidung zum Atomausstieg fordert Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am 8. Juli eine rasche bundesweite Suche nach einem Atommüll-Endlager. Der hoch radioaktive Müll müsse an dem Ort gelagert werden, der am besten geeignet und am sichersten sei, sagte Kretschmann am Freitag im Bundesrat in Berlin. "Egal, wo er in Deutschland zu finden ist."
08.07.2011
Im Zuge des Atomausstiegs und der Energiewende fordert der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister auch einen Konsens über die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle. Nötig sei ein „transparentes und ergebnisoffenes bundesweites Suchverfahren unter Einschluss von Gorleben“, sagte der CDU-Politiker am 8. Juli im Bundesrat. Der von der Bundesregierung für den Herbst angekündigte Gesetzesvorschlag dazu sei zu begrüßen und müsse intensiv beraten werden.
08.07.2011
Der geplante Castortransport ins Wendland sei für "Beamte und Familien untragbar" und müsse daher abgesagt werden, fordert Dietmar Schilff, Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen am 8. Juli. Verschieben lasse sich der Transport nicht, so das niedersächsische Innenministerium, denn das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz hat die Genehmigung bis zum 31. Januar 2012 terminiert.
19.07.2011
In der Endlagerfrage für Atommüll erhöht die EU das Tempo. Alle 14 EU-Länder, die Atomkraftwerke betreiben, müssen spätestens bis 2015 konkrete Pläne für die Entsorgung vorlegen. Die EU-Minister beschliessen am 19. Juli bei einem Treffen in Brüssel eine entsprechende Richtlinie. Wenn bis dahin keine Pläne vorliegen, kann Brüssel rechtlich gegen Mitgliedsstaaten vorgehen. Für scharfe Kritik sorgt, dass Atommüllexporte in Nicht-EU-Länder wie Russland nicht grundsätzlich verboten werden, also der Müll auch dort entsorgt werden kann, wenn es entsprechende Endlager dort gibt. Die Bundesregierung bekräftigt, auf Basis der EU-Richtlinie bis Jahresende ein Gesetz zur Endlagersuche vorzulegen. Wie schon beim Atomausstieg strebe man "einen breiten gesellschaftlichen Konsens an", teilt das Bundesumweltministerium in Berlin mit. Im Zuge der Richtlinie bleibt die Standortfrage – wie das mögliche Endlager im niedersächsischen Gorleben – Sache der nationalen Regierung. Konkret geht es um den Zeithorizont für Standortauswahl und Planung, Bau und Inbetriebnahme. Die Kosten für die Entsorgung sollen die Verursacher tragen.
30.07.2011
Baden-Württemberg kommt nach Ansicht von EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) nicht als Standort für ein Atommüll-Endlager infrage. "Untersuchungen haben ergeben, dass es in Baden-Württemberg keine geeigneten Gesteinsschichten für ein Endlager gibt", so Oettinger 1m 30. Juli. "Die Entscheidung, ausschließlich den Salzstock in Gorleben zu erkunden, ist fachlich begründet."
August
04.08.2011
CSU-Chef Horst Seehofer hält die Errichtung eines atomaren Endlagers in Bayern für unwahrscheinlich. "Vor einem atomaren Endlager in Bayern muss niemand Sorge haben", so der Ministerpräsident in der "Mittelbayerischen Zeitung" am 4. August. "Bei Untersuchungen in der Vergangenheit hat sich immer herausgestellt, dass es bei uns nicht die nötigen mächtigen geologischen Formationen gibt, um Atommüll verantwortbar auf Dauer zu entsorgen."
Fest zum Protest
12.08.2011
Mit viel Musik und "Tanz, bis der Salzstock wackelt" wird findet am 12. bis 14. August das "Fest zum Protest" in Gorleben statt. Neben Bands wie Rantanplan, Rainer von Vielen, den Analog Birds und 10 weiteren musikalischen Formationen gibt es kulinarische Köstlichkeiten, eine StromweXelstube und spannende Diskussionen.
"Das Fest zum Protest ist als Auftakt vieler Aktionen zu sehen, die im Vorfeld und während des nächsten Castortransports stattfinden werden. Denn auch im Herbst, wenn wieder ein Zug mit hochradioaktivem Müll durch ganz Deutschland nach Gorleben rollt, werden Menschen von überall ins Wendland kommen und gegen die verfehlte Energiepolitik der Bundesregierung Widerstand leisten gemäß dem Motto "Gorleben soll leben"!"
Gorleben365
14.08.2011
Auftakt-Blockade der Kampagne "gorleben365" der Kurve Wustrow (Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion) und der Initiative X- tausendmal quer. Ein Jahr lang soll mit vielen bunten und entschlossenen Aktionen an den Gorlebener Atomanlagen gegen den Weiterbau des Endlagers protestiert werden.
19.08.2011
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister erwartet von Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) bis spätestens Ende dieses Jahres die Vorlage der Gesetzes-Eckpunkte zur Regelung der atomaren Endlagerung. "Festgelegt werden muss dabei die ergebnisoffene Prüfung von Gorleben als Standort für ein Endlager, aber auch die parallele Vorbereitung für andere Standorte und andere Endlagerformen, da sich die Politik darauf vorbereiten muss, dass Gorleben sich auch als ungeeignet herausstellen könnte“, so McAllister in der "Leipziger Volkszeitung" am 19. August. Die Prüfung müsse "auch die mögliche Rückholbarkeit" der radioaktiven Abfälle sowie die denkbare Eröffnung mehrerer ober- oder unterirdischer Lagerstätten beinhalten.
24.08.2011
Am 24. August ab 12.25 Uhr sind alle Zufahrtstore zum Erkundungsbergwerk Gorleben blockiert. Den Aktivisten von X-tausendmal quer gelingt es, sich zeitgleich an allen sechs Toren des Geländes festzuketten. Rechtzeitig zum Schichtwechsel sind alle Fahrzeuge an der Ein- und Ausfahrt gehindert. Der Betrieb des geplanten Endlagers für hochradioaktiven Müll ist somit vollständig aus dem normalen Arbeitsrhythmus gebracht. Dies ist die dritte gewaltfreie Blockade des Bergwerks innerhalb dieser Woche: Erst gab es eine Geburtstagsblockade, dann eine Sitzung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg vor den Toren des Salzstocks.
"Ziviler Ungehorsam ist ein notwendiges Mittel, sich gegen bestehendes Unrecht einzusetzen. Dabei achten wir unsere Gegner und handeln nach den Prinzipien der Gewaltfreien Aktion", betont die Unterstützerin Jeannette Arndt, die neben einem angeketteten Aktivisten hockt.
25.08.2011
Den Medien wird am 25. August ein Vermerk der niedersächsische Behörde für die Überwachung des Zwischenlagers Gorleben zugespielt, nach dem bereits mit den bisher eingelagerten 102 Castor-Behältern der Grenzwert von 0,3 mSv/a für die radioaktive Belastung der Umgebung am Ende des Jahres erreicht sein könnte, eine weitere Einlagerung hochradioaktiven Abfalls nicht zulässig wäre.
Die Kartoffelscheune, das Zwischenlager Gorleben, vermeldet Strahlenalarm! Die Menschen im Landkreis Lüchow- Dannenberg sehen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Die Castorhalle strahlt in unzumutbarem Ausmaß. Deshalb findet am 28. August um 13 Uhr eine Kundgebung der Bürgerinitiative Umweltschutz und der Bäuerlichen Notgemeinschaft am Schwarzbau Gorleben, dem Erkundungsbergwerk, statt. Die klare Forderung: das Bundesumweltministerium mit Minister Röttgen und die Bundesregierung, namentlich Bundeskanzlerin Merkel müssen umgehend den noch für diese Jahr geplanten Castortransport absagen!
September
09.09.2011
Die Fachgruppe Radioaktivität der BI belegt am 9. September anhand der Messungen des Zwischenlager-Betreibers GNS, dass bereits seit 2003 der Grenzwert von 0,3 mSv/a systematisch überschritten und mit Rechentricks verschleiert wurde.
15.09.2011
Die niedersächsische Landesregierung stellt ein Atommüllendlager im Salzstock Gorleben infrage. In einem Brief an Bundesumweltminister Norbert Röttgen fordert Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (beide CDU) die Rückholbarkeit von Atommüll. Es sei notwendig zu prüfen, "ob das bisherige Konzept, das eine nicht rückholbare untertägige Endlagerung vorsieht, noch den gesellschaftlichen wie auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügt", schreibt McAllister in dem Brief an Röttgen. Sollte die Rückholbarkeit des Atommülls tatsächlich in den von der Bundesregierung für Ende des Jahres geplanten Gesetzentwurf aufgenommen werden, käme Gorleben wohl nicht mehr als Lagerstätte infrage.
18.09.2011
Es findet der hundertste Sonntagsspaziergang rund um das Bergwerk Gorleben statt.
22.09.2011
Als mögliche Standorte für ein deutsches Atommüll-Endlager kommen einer Untersuchung zufolge auch Regionen in Sachsen in Betracht. Das geht aus einem bereits 1994 erstellten Gutachten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hervor, sagt am 22. September ein Sprecher des sächsischen Umweltministeriums. Er bestätigt damit Berichte des "Sachsenspiegels" und der "Dresdner Morgenpost". In dem Gutachten, das viele Jahre im Bundesumweltministerium in der Schublade lag, werden die geologischen Voraussetzungen für ein Endlager im Erzgebirge und im Vogtländischen Schiefergebirge sowie der Lausitzer Scholle im Gebiet zwischen Radeberg, Pulsnitz und Löbau als günstig bewertet. Neben Sachsen werden auch Regionen in Sachsen-Anhalt und Bayern als Endlager für hoch radioaktiven Abfall empfohlen.
Im Rahmen der Kampagne "Gorleben365" wird am 24. September erneut die Zufahrtstraße zum Bergwerk blockiert.
26.09.2011
Auf der Suche nach einem Endlager für Atommüll kann sich Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander auch eine zentrale Lagerung in ehemaligen Bunkeranlagen vorstellen. "Langfristig wird die Sicherheit der Lager etwa vor Terroranschlägen eine besondere Rolle spielen", so der FDP-Politiker am 26. September. Wenn die Rückholbarkeit wichtigstes Kriterium sein soll, werde auch Ton und Granit interessant. "Und dann ist ja auch die Frage, ob wir eine oberirdische Lagerung wollen", betont Sander. Das könne ein stillgelegtes Atomkraftwerk ebenso sein, wie eine alte militärische Anlage irgendwo in Deutschland. "So eine Art Bunker-Lösung."
Oktober
Ein wenig aufgepeppt erscheinen Ende September von X-tausendmal quer drei Kinospots, die schon in 2010 zur Mobilisierung für die Castorproteste halfen. Im Wendland entsteht ein weiterer Clip:
Am 1. September wird im Rahmen der Kampagne "gorleben365" der Schichtwechsel des Bergwerks in Gorleben blockiert.
08.10.2011
Die hessische FDP will bei der Endlagerung von Atommüll auf eine neue Technologie zum Abbau radioaktiver Strahlung vertrauen. Mit der sogenannten Transmutationstechnologie ließen sich langlebige Stoffe in kurzlebige Isotope umwandeln, wodurch die radiologische Abfallmenge um ein Hundertfaches reduziert werden könnte, teilt die FDP-Fraktion 8. Oktober mit.
08.10.2011
In einem Brief an Niedersachsens Ministerpräsident McAllister bekräftigt Röttgen am 8. Oktober das Festhalten an Gorleben. Auch die Option der Rückholbarkeit von Atommüll spreche nicht gegen den Salzstock.
08.10.2011
Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller stellt am 8. Oktober ein Acht-Punkte-Papier mit dem Titel "Endlagerung streitfrei stellen", das vom Öko-Institut entwickelt wurde, vor. Es soll dazu beitragen, dass eine neue Standortsuche nicht am Streit zwischen den Bundesländern scheitert. Ein konkreter Zeitplan mit vier Phasen soll dafür sorgen, dass bis 2021 zwei Standorte ausgewählt sind. In Phase I sollten auf der Basis vorhandener geologischer Daten bis 2014 vier mögliche Standortgebiete ausgewählt werden. In Phase II könnten diese mithilfe von geophysikalische Methoden und Bohrungen näher untersucht werden. Bis spätestens 2021 sollten nur noch zwei Standorte zur Wahl stehen. Phase III schließlich sei ihre Erkundung unter Tage und die Auswahl eines Endlagerstandorts in Deutschland. Voraussetzung sei allerdings, dass bis 2012 von Bundestag und Bundesrat ein Gesetz verabschiedet werde, das den Zeitplan und den Ablauf der Standortsuche für ein Endlager festlegt, die Finanzierung und die Zuständigkeiten im Auswahlverfahren regelt und Instrumente zur Beteiligung der Öffentlichkeit im Verfahren vorschreibt. Grundsätzlich sollten nur Ton- und Salzgesteine in die Suche für das Endlager einbezogen werden. Und aus Sicherheitsgründen müsse man ein fest verschlossenes Endlager in tieferen geologischen Formationen planen. Untersteller sprach sich ausdrücklich gegen die sogenannte Rückholbarkeit der Abfälle aus.
11.10.2011
"Gorleben plus" – Gorleben nicht aufgeben, aber zugleich andere Standorte suchen, die ein Endlager für hochradioaktiven Müll sein könnten. So lautet die Empfehlung einer Expertenrunde, die an der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler die Endlagerfrage zwei Jahre lang bearbeitet hat. Die sieben Forscher bringen verschiedene Perspektiven ein: die technische, ethische, soziologische und juristische. Am 11. Oktober stellen sie in Berlin ihre gut 400 Seiten fassende Analyse vor.
Im Rahmen der Kampagne "Gorleben365" blockiert das Gorlebener Gebet am 23. Oktober das Zufahrtstor des Bergwerks.
26.10.2011
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schließt die Überlegung nicht aus, Atommüll oberirdisch zu lagern. Das sagt er am 26. Oktober bei einer Diskussion über die Energiewende in Handthal (Lkr. Schweinfurt). Zukünftige Forschung könne "eine Verwertbarkeit der strahlenden Materie feststellen", daher sollte man den Atommüll "nicht endgültig wegschließen".
Ab Leitstade findet entlang der Castor-Schiene am 29. Oktober der "Schienenmove" statt.
November
04.11.2011
Die CDU in Niedersachsen rückt immer stärker von einem möglichen Atommüll-Endlager in Gorleben ab. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Björn Thümler (Berne), hält den Standort aus mehreren Gründen für ungeeignet. Thümler fordert am 4. November von der Bundesregierung, zügig einen Gesetzentwurf zur Frage der Lagerung radioaktiver Abfälle vorzulegen. Das müsse am besten noch in diesem Jahr geschehen, so der CDU-Fraktionschef.
04.11.2011
Am 4. November schließt Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) den Nordosten als möglichen Standort für ein atomares Endlager für hochradioaktive Stoffe aus. Im Landtag bestehe ein politischer Konsens, dass Mecklenburg-Vorpommern dafür nicht in Betracht komme, so Caffier.
05.11.2011
In 39 Städten gibt es am Abend leuchtenden Protest: Mit einem X aus Kerzenlichtern fordern Aktivist:innen den Ausstieg aus dem geplanten Atommüllendlager in Gorleben.
09.11.2011
Am 9. November tauchen an mehreren Orten tauchen in Frankreich herrenlose gelbe Fässer am Straßenrand auf. Die routinemäßig benachrichtigte Areva beteuert, nichts damit zu tun zu haben. In Rennes übernehmen Atomkraftgegner*innen "unterwegs nach Valognes" die Verantwortung. An vielen Wänden finden sich dieser Tage Graffitis: "Stoppt den Atomzug" oder "Verstrahlte aller Länder vereinigt euch!"
"Weiße Landkarte"
11.11.2011
Am 11. November einigen sich die Bundesregierung mit den 16 Bundesländern darauf, dass neben Gorleben Alternativen für ein Endlager für hochaktiven Atommüll gesucht werden sollen. Bis zum Sommer nächsten Jahres soll ein Endlager-Suchgesetz erarbeitet werden.
"Es gibt eine weiße Landkarte", so Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). "Es gibt kein Tabu. Es geht darum, den besten Ort für ein Endlager zu finden."
11.11.2011
Aktivist*innen protestieren am 11. November in der Innenstadt von Karlsruhe gegen ein Atommüllendlager in Gorleben. Ein 40 Tonnen schwerer Tieflader schiebt sich durch die Innenstadt, begleitet von Männer und Frauen in Strahlenschutzanzügen. Etwa 50 bis 60 Atomkraftgegner*innen stellen sich dem Truck mehrfach entschlossen in den Weg und bringen den Castor "von seinem Weg nach Gorleben ab". Mit Erfolg: sowohl am Bahnhofplatz in der Karlsruher Innenstadt muss der LKW-Fahrer den Rückwärtsgang einlegen und seine geplante Route ändern. Die Castorattrappe von campact zieht mit ihrer Castor-Tour weiter durch 10 Städte entlang der Castor-Route.
11.11.2011
Am 11. November veröffentlicht die Polizei die "Allgemeinverfügung über räumliche und zeitliche Beschränkung des Versammlungsrechts". "Der Castor kommt, die Demokratie geht" kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.
Am 12. November findet im Wendland ein "Unruhetag" statt. An vielen Orten wird der Verkehr auf öffentlichen Straßen gestört und auf den angekündigten Castortransport hingewiesen, darunter an der alten Eisenbahnbrücke über die B191 zwischen Pudripp und Zernien. Mit Treckern und Trommeln ziehen rund 200 Menschen durch die Innenstadt von Uelzen.
13.11.2011
Jung und Alt trifft sich am 13. November zur einst von der Initiative 60 initiierten Stuhlprobe am Verladekran in Dannenberg. Bänke sind aufgestellt. Ein fröhlicher und sitzfester Protest gegen den Castor: es wird gestrickt, getrommelt und gesungen – im Hintergrund der mit NATO Draht umwickelte Verladekran und Einsatzkräfte der Polizei.
14.11.2011
Mit Tiefladern werden am 14. November die ersten Castoren für den Zug nach Gorleben aus der französischen Plutoniumfabrik zum Verladebahnhof in Valognes gebracht.
20.11.2011
68 Prozent der Deutschen halten den diesjährigen Castortransport für unverantwortlich. Ihrer Meinung nach ist der Streit um die Strahlenmessungen am Zwischenlager in Gorleben nicht hinreichend geklärt, um der Einlagerung weiterer Castoren zuzustimmen. Dies ergibt eine repräsentative Meinungsumfrage von TNS Emnid im Auftrag von Greenpeace, die am 20. November veröffentlicht wird. Selbst 59 Prozent der CDU-Wähler gaben an, sie hielten den Transport aufgrund unterschiedlicher Angaben zu austretender Strahlung am Zwischenlager für nicht verantwortbar.
20.11.2011
Am 20. November stoppt die Organisation campact! mit ihrer Castortour in Lüneburg. Eine Castor-Attrappe in Originalgröße, die durch die Innenstadt rollt wird von 350 Lüneburger_innen mehrfach zum Halten gezwungen... Mit dieser Aktionen machen die Aktivist_innen auf den anstehenden Atommüll-Transport durch Lüneburg aufmerksam.
21.11.2011
21. November: Am Dannenberger Ostbahnhof werden die Tieflader für den Straßentransport der Castor-Behälter per Bahn angeliefert.
21.11.2011
Das bereits zum Teil aufgebaute Castor-Camp in Dumstorf wird von der Ordnungshörde doch noch verboten.
21.11.2011
An verschiedenen Orten trifft sich der Widerstand im Wendland am 21. November zu "Kreiselpartys" und sorgt mit PKWs, Treckern, kleinen Lagerfeuern für Staus auf den Straßen.
22.11.2011
In der Haushaltsdebatte des Bundestags am 22. November spricht Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) von einem "neuen nationalen Konsens in Bezug auf die Endlagersuche", der auf seine Einladung hin zustande gekommen sei. Dorothée Menzner, Abgeordnete der LINKEN kritisiert, dass 73 Millionen Euro zur Fortführung der Arbeiten in Gorleben im Haushalt stünden - damit wurde der Etat um 26 Millionen Euro erhöht. Die Mittel für die Suche nach anderen Standorten seien dagegen lediglich von bisher 1 auf 3,5 Millionen Euro erhöht worden. Bärbel Höhn (GRÜNE) hält Röttgen vor: "Solange Sie weiterhin soviel Geld, nämlich 73 Millionen Euro, in den Ausbau des Standortes Gorleben stecken, sind Sie an einer Suche, die sich auf ganz Deutschland erstreckt, gar nicht interessiert. Stattdessen wollen Sie den Standort Gorleben nach vorne treiben."
22.11.2011
Im französischen Valognes-lieu-Saint trifft ein beindruckender Konvoi von Bussen, VolxKüchen, Autos und LKW auf der Camp Wiese ein. Plötzlich sind es viele und ruck zuck entsteht aus den Ladeflächen heraus ein Dorf mit genug zu essen und beheiztem großem Versammlungszirkuszelt. Der Castorzug hat Vorrang vor allen anderen Zügen. Es wird bekannt, dass am Mittwochnachmittag alle Züge zwischen Cherbourg und Cean eingestellt werden. Zwei Gesamtschulen und ein Gymnasium werden ebenfalls zugemacht. 20 Straßen werden gesperrt. (aaa, 222-223)
23.11.2011
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußert Bedenken wegen einer Strahlenbelastung für die beim Castor-Transport eingesetzten Beamt*innen: Eine Gesundheitsgefährdung durch möglicherweise erhöhte Strahlenwerte könne "nicht ausgeschlossen werden", so GdP-Landesvorsitzender Dietmar Schilff. Deshalb wäre "eine Aussetzung des aktuellen Transportes nötig gewesen".
23.11.2011
Am 23. November wird auch im französischen Valogne eine Allgemeinverfügung erlassen, die jede Versammlung im Abstand bis zu 500 Meter vom Bahnhof untersagt. Sie gilt ab 8 Uhr. Die Stadt befindet sich im Belagerungszustand. Die Ordnungshüter haben Sperren errichtet, an denen nur Anwohner*innen nach Ausweiskontrolle passieren dürfen. (aaa, 222-223)
23.11.2011
Entlang dem Castor-Straßentransport im Wendland werden die Kanaldeckel von Polizeibeamten zugeschweißt.
23.11.2011, 07:00 Uhr
Vom Camp im französischen Valogne gehen um 07:00 Uhr im Dunkeln rund 500 Leute los. Die Demo steht vor den Gleisen. Gegen 08:00 Uhr verwandeln sich die Weiden der Normandie in ein surrealistisches Szenario. Inmitten der weißen Wand aus CS-Gas versuchen Menschen in Gasmasken immer wieder auf die Gleise zu kommen. 200 Leute gelangen überraschend auf die Gleise und schottern was das Zeug hält. Die CRS-Polizei kann nur kurz die Schiene freischießen. Als ihnen Gas und Granaten ausgehen, stürmen die Menschen zurück aufs Gleis und machen weiter. Ein Eisenbahner sagt der Presse, dass aufgrund von Beschädigungen am Gleis erstmal kein Zug passieren könne. (aaa, 222-223)
23.11.2011, 10:00 Uhr
600 Atomkraftgegner*innen protestieren am Vormittag des 23. November im französischen Valogne gegen die Abfahrt des Atommüllzuges. Ein Schienenstrang wird verbogen, im Gleisbett Schotter entfernt. Die Polizei setzt "sehr brutal" Tränengas und Schlagstöcke ein. In Valogne selbst hat die Polizei Straßensperren errichtet, Anwohner*innen müssen sich ausweisen.
23.11.2011, 11:00 Uhr
Im französischen Valogne greift sich die CRS-Polizei greift die sich auf dem Rückzug befindende Demo mitten im Dorf mit Gas und Granaten an. Die Menschen wehren sich gegen die bürgerkriegsmäßig hinter Häusern verschanzten Cops und werden von Anwohner*innen mit Reifen für eine Barrikade unterstützt – die fanden das Gas im Hühnerstall gar nicht so witzig. Eine auf kurze Distanz geschossene Granate beschert einem Aktivisten eine schwere Kopfverletzung an der Stirn. Fünf Zentimeter tiefer, und sie hätte das Auge erwischt. (aaa, 222-223)
23.11.2011, 12:00 Uhr
Am 23. November findet mittags in Göttingen eine Demonstration statt, an der 500 Menschen teilnehmen.
23.11.2011, 13:50 Uhr
Der Start des Castor-Zuges verzögert sich, heißt es um 13.50 Uhr. Grund dafür sei "eine Unterbrechung der Stromversorgung", Ursache ein mutwilliger Brand in einem Trafohaus. Rund 300 Aktivist*innen versuchen weiterhin auf die Gleise zu gelangen.
23.11.2011, 15:00 Uhr
Frankreich: An vielen Orten treffen sich Menschen zu Mahnwachen, Kundgebungen, Demonstrationen: St.Etienne, Rouen, Bar-Le_Duc, Amien, Longueau, Arres, Nancy, Metz, Noveant en Moselle, Cean, Bernay, Montèrolier, Chambèry, Charleville, Charleville-Mezieres, Reims, Peltre, Réding en Moselle, Strasbourg. (aaa, 222-223)
23.11.2011, 16:05 Uhr
Unter massivem Polizeischutz startet der Atommüllzug um 16.05 Uhr in Valogne. In Rouen und Caen finden Proteste statt. Der diesjährige Atommülltransport nach Gorleben umfasst elf Behälter des Typs "Castor HAW 28M". Der Zug setzt sich in Frankreich aus zwei Lokomotiven an der Spitze, zwei Waggons mit CRS-Ordnungspolizei, den elf Waggons mit den Castor-Behältern, nochmals einem Wagen mit Polizei und einer Lokomotive am Schluss zusammen.
"Das waren die schwersten Auseinandersetzungen um einen Castortransport. Der Castorzug setzt sich mit Verspätung in Bewegung. Mitglieder des französischen Netzwerk „Sortir du nucleaire“ begleiten den Transport und machen ihre eigenen Messungen entlang der Strecke. Die unmittelbare Belastung für Polizisten, Demonstranten und Lokführer beträgt 1,65 Mikro-Siefert pro Stunde. Sie liegt damit vierzehnfach über der natürlichen Strahlenbelastung." (aaa, 222-223)
23.11.2011, 20:00 Uhr
"Es gibt ein Recht auf Demonstrationsfreiheit, es gibt aber kein Recht auf Gewalt. Gewalttätigkeiten sind kein Mittel der politischen Auseinandersetzung", so Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in einer Erklärung am Abend. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Proteste sollen sich "friedlich und besonnen" verhalten. "Wer jahrelang einen grundlegenden Neuanfang bei der Suche nach einem Endlager fordert, der sollte die einmalige Chance, die es jetzt gibt, nutzen, den Kampf der vergangenen Jahrzehnte zu begraben und das Thema im Konsens zu lösen. Alle gesellschaftlichen Gruppen sollten sich an diesem ergebnisoffenen Prozess beteiligen", sagte Röttgen.
23.11.2011, 20:00 Uhr
Die Polizei durchsucht am Abend ein Protestcamp im französischen Valogne. Es kommt zu 12 Festnahmen. Bei den Protesten wurden mindestens drei Personen verletzt.
23.11.2011, 22:30 Uhr
Vor Rouen muss der Castor-Zug gegen 22.30 Uhr wegen Störaktionen von Atomkraftgegner*innen mehrfach halten. Mit Anderthalb Stunden Verspätung passiert der Zug Monterolier-Buchy.
24.11.2011, 01:30 Uhr
Gegen 1.30 Uhr verlässt der Zug Longueau und fährt Richtung Reims.
24.11.2011, 03:00 Uhr
Gegen 3.00 Uhr erreicht der Zug Laon, gegen 4.00 Uhr Reims. In Lérouville messen Aktivist*innen gegen 8.00 Uhr in einem Abstand von 30 Metern die Strahlung: 0,45 µSv/h.
24.11.2011, 09:00 Uhr
Im Vorfeld der Schülerdemo werden Schüler*innen am Morgen vor Supermärkten in Lüchow nach Eiern und Ähnlichem durchsucht.
24.11.2011, 09:30 Uhr
Gegen 9.30 Uhr befindet sich der Castor im Bahnhof von Rémilly, bewacht von ca. 200 Polizist*innen. Es findet Personal- und Lokwechsel statt.
24.11.2011, 10:00 Uhr
Um 10.00 Uhr beginnt in Lüchow die Schüler:innen-Demo mit mehr als 2.000 Teilnehmer:innen, unterstützt von 10 Traktoren. Zeitgleich finden in Berg (Pfalz) eine Kundgebung mit mehr als 200 Menschen statt.
24.11.2011, 13:00 Uhr
Um 13.00 Uhr findet auf der Esso-Wiese in Dannenberg eine Pressekonferenz zum Auftakt der Proteste gegen den Castortransport statt.
24.11.2011, 17:00 Uhr
Ab 17.00 Uhr veranstalten etwa 150 Menschen in Hitzacker einen Laternenumzug.
24.11.2011, 18:00 Uhr
Eine Mahnwache mit 200 Menschen findet ab 18.00 Uhr zeitgleich in Lüchow auf der Mahnwache auf dem Marktplatz statt.
24.11.2011, 18:00 Uhr
Um 18.00 Uhr beginnt in Metzingen eine erste Kundgebung, an der etwa 3.000 Menschen teilnehmen.
Ein Riesentraktor hat die Bühne in Position gezogen. „Wir wollen Euch tanzen sehen!“ schallt aus den Boxen. Der Organisator von der Bürgerinitiative Freies Wendland greift sich provokativ in den Schritt und brüllt zu den Hundertschaften der Polizei hinüber. „Ja, zurecht habt ihr Angst um Euer Erbgut, wenn das Gift vorbeirollt!“ Die Menschen johlen und applaudieren. Vor der Bühne steht eine Aktivistin aus den Niederlanden, komplett in leuchtendes Gelb aus Reflektoren gehüllt. Die Fotografen stürzen sich dankbar auf das plakative Motiv; auf ihrem Rücken trägt sie zwei Babypuppen aus Plastik, mit Tentakeln und einer Gasmaske verziert. (spreeblick.com)
Redebeitrag von Mathias Edler, Greenpeace:
24.11.2011, 19:30 Uhr
Im Anschluss an die Kundgebung kommt es in Metzingen zum Wasserwerfereinsatz der Polizei, um die Bundesstraße zu räumen. Laut Radio Freies Wendland werden 20 Demonstrant*innen durch Pfefferspray verletzt.
24.11.2011, 20:00 Uhr
Am Abend wird am Bahnhof in Suderburg eine Dauermahnwache eingerichtet, 100 Menschen kommen zu einer Demo. In Rosdorf bei Göttingen halten 11 Traktoren und noch mehr Menschen eine Mahnwache ab.
25.11.2011
Unbekannte legen die Stromversorgung in einem dreistöckigen Verwaltungsgebäude der Areva im französischen Saint Gregoire lahm, indem sie den Verteilerkasten im Hof anzündeten. Sie sagen: "Guerre au nucleaire et son monde". (aaa, 222-223)
25.11.2011, 08:00 Uhr
Der Castor steht noch immer im französischen Rémilly. Gegen 8.00 Uhr werden dort und an Bahnstrecken im Süden Deutschlands Polizeikräfte zusammengezogen.
25.11.2011, 09:00 Uhr
Seit 9.00 Uhr findet auf dem Domplatz in Speyer eine Mahnwache statt.
25.11.2011, 09:20 Uhr
Um 9.20 Uhr startet der Atommüllzug in Richtung des saarländischen Grenzübergangs Forbach.
25.11.2011, 10:17 Uhr
Um 10.17 Uhr erreicht der Castor den deutsch-französischen Grenzübergang zwischen Forbach und Saarbrücken. Vor Neunkirchen muss der Zug kurz stoppen, da Menschen auf den Gleisen sind.
25.11.2011, 11:00 Uhr
Um 11.00 Uhr startet im Wendland die "Ralley Monte Göhrde" mit etwa 500 gut gelaunten Teilnehmenden. In Langendorf gibt es beim Baumhaus von ROBIN WOOD Ärger mit der Polizei, die mit Hinweis auf die Allgemeinverfügung das Klettern auf einem Privatgrundstück unterbinden will.
25.11.2011, 11:00 Uhr
In Berg macht sich die Südblockade auf den Weg nach Speyer zur Mahnwache. Einige Jugendliche besetzen kurz vor Einfahrt des Castortransports die Gleise bei Neunkirchen und schottern. (aaa, 222-223)
Zwischenlager Gorleben nicht terrorsicher – Castor muss gestoppt werden!
25.11.2011, 12:00 Uhr
Nachdem das niedersächsische Umweltministerium (NMU) Greenpeace eine am 8.11. erteilte Teilgenehmigung zur Akteneinsicht bezüglich der umstrittenen Messwerte am Zwischenlager Gorleben wieder entzieht, fordert die Umweltschutzorganisation den sofortigen Stopp des Atommüllzuges. Das NMU beruft sich auf "neuere Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten", die im Falle eines Anschlags zur "Freisetzung von großen Mengen radioaktiver Stoffe" führen könnten. Aus dem ablehnenden Bescheid geht hervor, dass das Zwischenlager dringend bauliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor Anschlägen benötigt. Diese wurden noch nicht umgesetzt.
"Das NMU gibt zu, dass das Zwischenlager in Gorleben einem Terrorangriff nicht standhalten würde. In dieser Situation einen Castortransport mit hochradioaktivem Müll dorthin rollen zu lassen, ist eine unverantwortliche Gefährdung der betroffenen Bevölkerung", sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. „Trotz besseren Wissens lässt Umweltminister Röttgen diesen Castortransport in ein unsicheres Zwischenlager fahren. Seine Atommüllpolitik ist durch und durch verlogen. Wir fordern den Minister auf, diesen Transport sofort zu stoppen."
25.11.2011, 12:00 Uhr
Mittags sind etwa 500 Menschen in der Göhrde unterwegs, die Polizei ist mit Wasserwerfern und Räumfahrzeugen beschäftigt, blockierte Waldwege wieder befahrbar zu machen. An einigen Stellen wird geschottert. Am Bahnübergang Possade / Hinkelhagen und in Dumstorf werden jeweils 30-40 Menschen eingekesselt. Im ganzen Wendland werden Fahrzeuge, darunter Schulbusse, kontrolliert.
25.11.2011, 13:00 Uhr
13.00 Uhr: Der Castorzug steht ca. 5 Stunden in Neunkirchen. Dort wird rangiert. Um 13.33 Uhr ist der Zug fertig umgekoppelt, es finden Strahlenmessungen statt.
25.11.2011, 14:00 Uhr
In einer Polizei-Pressemitteilung von 14.00 Uhr heißt es, dass in Leitstade und Tollendorf "Polizei-Fahrzeuge von Unbekannten angezündet" worden seien.
25.11.2011, 14:00 Uhr
Auf einem Acker in in der Nähe des Verladekrans Dannenberg wird einen Tag vor der großen Auftaktdemo von zahlreichen Helfer:innen die Kundgebungs-Bühne aufgebaut.
25.11.2011, 16:00 Uhr
In Haßloch formiert sich gegen 16.00 Uhr eine Gleisblockade. Auf der Bahnstrecke von Hamburg nach Hannover gibt es Verspätungen, da bei Suderburg Menschen die Gleise betreten haben.
25.11.2011, 16:08 Uhr
Um 16.08 Uhr startet der Atommüllzug in Neunkirchen. Der Zug erreicht um 16.18 Uhr Bexbach, um 17.00 Hochspeyer.
25.11.2011, 18:00 Uhr
Der Castorzug erreicht um 18.00 Uhr Neustadt, um 19.35 Uhr Haßloch. Gegen halb Acht werden dort 80 Aktivist:innen von der Polizei eingekesselt. Hinter Haßloch sind dennoch Menschen auf den Gleisen, der Zug steht vor Haßloch. Ein Aktivist ist auf einen Castor-Waggon geklettert. Gegen 20.30 Uhr setzt sich der Zug wieder in Bewegung.
25.11.2011, 19:00 Uhr
In Lüneburg versammeln sich über 1.400 am Clamartpark und ziehen über den Platz Am Sande zum Bahnhof, wo die Abschlusskundgebung stattfindet. Proteste gibt es auch in Göttingen, Nürnberg, Kassel-Wilhelmshöhe, Fulda, Schweinfurt, Buchholz / Nordheide.
25.11.2011, 20:00 Uhr
Am Abend finden im Wendland zahlreiche Protestveranstaltungen statt, u.a. eine Mahnwache am Bahnhof Hitzacker mit 300 Teilnehmer:innen, mit 70 in Breese / Marsch, mit 30 in Middefeitz. In Küsten stehen 30 Menschen und 2 Traktoren auf der B493. In Neu Tramm vor der Polizeikaserne spielt die Band "ASB" auf, in Breese/Marsch geben die "Meiselgeier" ein Konzert vor 250 Menschen, in Hitzacker lädt "Castor wegbassen" zum warm tanzen:
"Gastfreundlichkeit wird im Wendland von jeher groß geschrieben. So wurde heut an verschiedenen Orten zum Tanz geladen um die Gäste zu begrüßen und um sich warm zu feiern. Denn alle Bewohner_innen des Wendlands wissen: Die Ruhe vor dem Sturm ist bald vorbei." (graswurzel.tv)
25.11.2011, 20:00 Uhr
Bei Suderburg gibt es einen Schienenspaziergang mit Fackeln, Trommeln und 50 Menschen. In Roßdorf bei Göttingen protestieren 13 Trecker, zwei Pferde und rund 50 Leute an den Gleisen. In Warburg nehmen 50 Menschen an einer Mahnwache teil. In Darmstadt-Kranichstein gibt es einen Fackelumzug mit 30 Teilnehmenden. In Oldendorf versammeln sich 30 Menschen zu einer Filmvorführung zum Thema Endlagerung.
25.11.2011, 21:30 Uhr
Um 21.30 Uhr überquert der Atommüllzug die Rheinbrücke von Ludwigshafen nach Mannheim.
25.11.2011, 22:00 Uhr
Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei in Metzingen werden am Abend 18 Menschen verletzt. In Harlingen nimmt die Polizei vier Leute in Gewahrsam.
25.11.2011, 23:00 Uhr
Zu einem kurzen Stopp kommt es kurz vor 23.00 Uhr bei Grube Messel im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Menschen sind auf den Gleisen.
26.11.2011, 00:30 Uhr
0.30 Uhr - Der Castor erreicht Babenhausen.
26.11.2011, 01:00 Uhr
Um kurz nach 1.00 Uhr biegt der Atommüllzug in Hanau Richtung Fulda ab.
26.11.2011, 02:41 Uhr
Um 2.41 Uhr passiert der Atommüllzug Marbach:
"Nachdem der Castor-Zug durch die französischen und süddeutschen Blockaden bereits mehrmals aufgehalten wurde, erreichte er spät in der Nacht zu Samstag die Region Fulda. Ein erneuter Polizeieinsatz wurde notwendig, da hier vier Aktivist_innen auf Bäume entlang der Castor-Strecke kletterten, um gegen den Transport zu protestieren. Die Polizeiführung entschied jedoch, dass ein Stopp des Zuges nicht notwendig sei. Die Kletterer_innen hingen noch in den Bäumen, während der Zug mit dem hochradioaktiven Müll die Stelle bei Marbach/Fulda passierte." (graswurzel.tv)
26.11.2011, 02:45 Uhr
Gegen 2.45 Uhr erreicht der Castor Hünfeld, wo bis 4.30 Uhr ein Logistikstop stattfindet.
26.11.2011, 05:50 Uhr
Um 5.50 Uhr startet der Zug aus Bebra, wo eine Lok ausgewechselt wurde. Die Fahrtrichtung ist Kassel. Kassel-Wilhelmshöhe wird um 6.30 Uhr erreicht. Um 6.37 Uhr biegt der Castor hinter Kassel Richtung Göttingen ab. Um 7.10 Uhr wird Witzenhausen erreicht.
26.11.2011, 07:30 Uhr
Gegen 7.30 Uhr stoppen mehr als 100 Menschen den Castorzug nahe Hebenshausen. Die Polizei räumt die Schienen mithilfe von Schlagstöcken und nimmt Aktivist:innen in Gewahrsam. Eine Journalistin wird von einem Polizeihund gebissen. Um 9.00 Uhr fährt der Zug weiter und erreicht um 9.15 Uhr Friedland.
26.11.2011, 08:00 Uhr
Im Wendland werden rund um Metzingen Aktivist:innen nach Handschuhen und "Schotter-Utensilien" durchsucht, die Polizei beschlagnahmt Handschuhe.
Castor schottern
26.11.2011, 09:45 Uhr
Um 9.45 Uhr erreicht der Castor Göttingen. Im Wendland startet die Aktion "Castor schottern". Aus dem Camp Dahlem sind 500 Menschen in Richtung der Gleise aufgebrochen.
"In verschiedenen "Fingern" starteten Gruppen in Richtung Schiene. Während einzelne Gruppen den Schotter an den Gleisen herausnehmen konnten, haben andere die eilig heraneilenden Polizisten beschäftigt. Dabei wurden Pfefferspray und Polizeipferde gegen die Aktivist_innen eingesetzt." (graswurzel.tv)
Um 10.00 Uhr erreicht der Castor Northeim, um 11.00 Uhr Nordstemmen und fährt weiter in Richtung Hannover.
Zugbeschreibung in Wunstorf: 2x rote Diesellok vorne, 7x Personenwagen, 11x Castor, 7x Personenwagen, 2x rote Diesellok hinten
Im Detail: 2x rote Diesellok (232 569-4 und 232 259-2) vorne, 1x blauer Personenwagen mit Gepäckabteil, 2x blauer Personenwagen mit gelben Verzierungen, 1x grauer Personenwagen, 3x blauer Personenwagen mit gelben Verzierungen, 11x Castor, 3x blauer Personenwagen mit gelben Verzierungen, 2x grauer Personenwagen, 1x blauer Personenwagen mit gelben Verzierungen, 1x blauer Personenwagen mit Gepäckabteil, 2x rote Diesellok (232 254-3 und 232 255-0) hinten.
Ein Lokzug mit einer E-Lok voran und mit zwei Reserve-Castorloks dahinter folgt dem Atommüllzug wenige Minuten später.
26.11.2011, 11:00 Uhr
Auf der eingleisigen Wendlandbahn ist es um den Bahnkilometer 187 zu Schotterungen gekommen, am Bahnkilometer 187,7 wurde das Gleis verbogen, rund um den Bahnkilometer 188 befinden sich gegen 11.15 Uhr etwa 80 Menschen auf den Gleisen.
26.11.2011, 11:00 Uhr
Um 11.00 Uhr starten hunderte Traktoren der Bäuerlichen Notgemeinschaft von den Gußborner Kreuzen in Richtung der großen Auftaktdemonstration unweit des Verladekrans bei Dannenberg. In der Presse wird schon jetzt von "Rekordprotesten" gesprochen. Tausende Menschen sind auf dem Weg zur Kundgebung.
26.11.2011, 12:00 Uhr
Um 12.00 Uhr wird der Atommüllzug auf dem Güterbahnhof Seelze geparkt.
Über 25.000 Menschen im Wendland
26.11.2011, 12:00 Uhr
Während 2.000 Aktivist:innen entlang der Schienen unterwegs sind, nehmen 23.000 Menschen an der zentralen Auftaktkundgebung in Dannenberg teil. 460 Traktoren der Bauern umrahmen das Geschehen auf dem Acker unweit des Verladekrans. Großen Beifall erhalten auf der Kundgebung nicht nur Redner:innen wie Jochen Stay ("Wir geben nicht auf!"), sondern auch die internationalen Gäste aus Frankreich vom Netzwerk "Sortir du nucléaire" für ihren solidarischen Beitrag zum Castor-Stopp und eine japanische Delegation, die über das Leid nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima sprechen. Über die Umweltzerstörung und die Missachtung von Menschenrechten durch den Uranabbau berichtet Anthony B. Lyamunda aus Tanzania.
Kerstin Rudek von der BI sagt: "Die Anti-Atombewegung ist Quicklebendig und das ist auch gut so. Wir wollen, dass die AKW abgeschaltet werden. Alle und jetzt."
Hubert Weiger, BUND: "wir geben erst dann Ruhe, wenn kein AKW mehr läuft".
"Gorleben ist inzwischen ein Synonym für das Versagen der Politik im Umgang mit dem Atommüll", sagte Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz (BI), Wolfgang Ehmke. Die beiden havarierten Endlager in Deutschland, die Salzbergwerke Morsleben und Asse II, hätten schon vor zwei Jahren dazu beigetragen, dass die Zahl der Demonstranten im Wendland sprunghaft anstieg.
"Der heutige Tag ist ein nächstes Zeichen an die Politik in Berlin, dass Gorleben politisch am Ende ist. Der sofortige Baustopp im Bergwerk ist für der einzig hinnehmbare Schritt in der Auseinandersetzung um die Atommüllproblematik", so Jan Becker von contrAtom.
26.11.2011, 14:00 Uhr
Um 14.00 Uhr startet die Aktion "Widersetzen" aus dem Camp Hitzacker und erreicht mit etwa 1.800 Menschen bei Harlingen die Schienen. In einer großen Sitzblockade richten sich die Demonstrierenden auf die Nacht ein, es kommen immer mehr Menschen dazu, in wenigen Stunden sind es mehr als 2.500. Die Polizei zieht zwar Kräfte zusammen, hält sich aber zurück.
26.11.2011, 14:00 Uhr
Der Kreisel in Streetz ist von der Polizei abgeriegelt, durchgelassen werden nur noch Menschen, die zur Kundgebung in Dannenberg wollen. Auf dem Weg zum "Musenpalast" in Laase finden Personenkontrollen statt.
26.11.2011, 14:55 Uhr
Um 14.55 Uhr setzt der Atommüllzug in Seelze seine Fahrt Richtung Wunstorf und Verden / Aller fort.
26.11.2011, 16:00 Uhr
Zwischen den Bahnkilometern 188 und 187, rund um Harlingen, gibt es gegen 16.00 Uhr insgesamt fünf Sitzblockaden, an denen sich schon mehr als 1.800 Menschen beteiligen. Der Zugang dorthin ist weiter möglich: "Die Polizei hat an der Sitzblockade in Harlingen offenbar kapituliert", schreibt der Castorticker.
26.11.2011, 16:00 Uhr
Der Castorzug erreicht um 16.00 Uhr Dörverden, um 16.26 Uhr Rotenburg / Wümme.
26.11.2011, 16:30 Uhr
Um 16.30 Uhr befinden sich bei Ramelsloh Aktivist:innen an den Gleisen:
"Nachdem der CASTOR-Transport wegen der massiven Proteste im Landkreis Uelzen umgeleitet wurde fuhren 80 Menschen zur sogenannten Nord-Route (Verden/Aller, Rotenburg/Wümme, Buchholz/Nordheide, Rangierbahnhof Maschen) nach Ramelsloh. Dort gelangen trotz großem Polizei-Aufgebot 40 Menschen an mehreren Punkten neben den Gleiskörper der Güterumfahrung Buchholz/Nordheide zum Rangierbahnhof Maschen. Die Gleise wurde nicht betreten. Die eintreffenden Polizisten betraten die Schienen woraufhin der Zugverkehr eingestellt wurde. Gleich darauf kam es zu einer unschönen Szene durch eine niedersächsiche Polizei-Hundestaffel. Sechs Polizisten mit Hunden ohne Maulkorb gingen die Menschen an, dabei wurde ein Familienvater aus Bad Bevensen durch Hundebisse verletzt. Der Transport wurde durch diese Aktion 80 min gestoppt." (contratom.de)
26.11.2011, 16:56 Uhr
Der Castor passiert um 16.56 Uhr Buchholz / Nordheide und steht um 18.00 Uhr noch in Ramelsloh. Um 18.04 Uhr wird der Rangierbahnhof Maschen erreicht.
26.11.2011, 19:00 Uhr
In Lüneburg hält die Polizei gegen 19.00 Uhr 50 Personen auf dem Parkplatz von McDonalds zur Personalienfeststellung und Durchsuchungen fest.
26.11.2011, 19:25 Uhr
Um 19.25 Uhr wird bekannt, dass sich sieben Greenpeace-Aktivist:innen kurz hinter Lüneburg angekettet haben: Mit Hilfe von Spezialrohren haben sie sich unter der Bahngleisen befestigt. Auf ihrem Banner fordern sie "Ausstieg aus Gorleben - Stopp Castor". Die Polizei benötigt 5,5 Stunden, um alle zu befreien.
26.11.2011, 22:00 Uhr
Am Abend nehmen die Straßenblockaden im Wendland zu, zahlreiche Straßen im Landkreis Lüchow-Dannenberg sind inzwischen nicht mehr passierbar. Blockaden gibt es gegen 22.00 Uhr am Waddeweitzer Kreisel, in Sallahn und Pudripp. In Breustian blockiert ein LKW die Straße zwischen Jameln und Sallahn. Die Straße zwischen Pudripp und Bellahn ist von PKWs und Steinhaufen blockiert. In der Göhrde sind von Unbekannten zwei Ladungen Kies auf die Bundesstraße 216 gekippt worden. Zusätzlich liegt ein großer Baum quer auf der Fahrbahn. In Köhlen, Langenhorst und Steine ist es zu einem Naturereignis gekommen, dort gibt es auf den Straßen Sandverwehungen und Dünen. Im Lemgow wurden Kartoffelkisten auf der Straße vergessen. Zwischen Platenlaase und Beutow bringt ein Anhänger auf der Straße den Verkehr zum Stocken.
"Für uns gibt es keinen Wettlauf um die Transportdauer, aber die Entschlossenheit der Menschen im Wendland und der große Zulauf zum Anti-Castor-Protest erklären sich aus der Ignoranz der politischen Klasse, die nach dem Scheitern der beiden Endlager Asse II und Morsleben und sogar nach der Atomkatastrophe von Fukushima nur von einem Neustart in der Endlagersuche redet, aber am Alten, nämlich Gorleben festhält", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. (Pressemitteilung der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg e.V., 26.11.2011)
26.11.2011, 22:30 Uhr
Gegen 22.30 Uhr sind zwei Schienenblockaden in Harlingen zu einer zusammengewachsen, insgesamt sind 2.500 Menschen beteiligt. Darunter sind auch die Gäste aus Japan, die auf der Kundgebung zum Reaktor-GAU von Fukushima berichteten. Gegen Mitternacht widersetzen sich schon mehr als 3.200 Menschen.
27.11.2011, 00:30 Uhr
Gegen 0.30 Uhr hat die Polizei alle sieben Greenpeace-Aktivist:innen geräumt. Der Atommüllzug steht weiter in Maschen. Gegen 1.00 Uhr berichtet der Castorticker von mehr als 4.000 Menschen in der Sitzblockade bei Harlingen.
27.11.2011, 02:00 Uhr
Gegen 2.00 Uhr wird eine weitere Ankettaktion bekannt: Bei Barendorf / Vastorf befinden sich vier Aktivist:innen angekettet an einen Betonblock auf den Gleisen. Die Presse darf vorerst nicht zum Ort des Geschehens.
In Vastorf bei Lüneburg haben sich vier Aktivist_innen mittels einer Betonkonstruktion im Gleisbett verankert. Die Polizei erscheint zunächst ratlos. Nach 12 Stunden Blockade konnte der erste der vier Protestierenden befreit werden. Die Aktivist_innen protestieren mit der Aktion gegen die Atomwirtschaft, die sie als "Auswuchs des Kapitalismus, der Profitinteressen vor Menscheninteressen stellt" ansieht.
27.11.2011, 03:00 Uhr
Kurz vor 3.00 Uhr erteilt die Polizei die erste Aufforderung zur Räumung der Schienen in Harlingen. Gegen 3.30 Uhr beginnt die Polizei damit, erste Aktivist:innen wegzutragen. Auf einem benachbarten Acker ist mit zahlreichen Polizeifahrzeugen ein großer Kessel ("Freiluft-GESA") aufgebaut worden, in den die Menschen gebracht werden. Zwei Aktivist:innen von Robin Wood hängen bei der Harlinger Schienenblockade in den Bäumen. Zwei Personen haben sich mit einem Rohr an den Gleisen befestigt.
15 Stunden Pyramiden-Blockade
27.11.2011, 07:00 Uhr
In den frühen Morgenstunden, pünktlich zum ersten Advent, hat sich eine Adventspyramide mit vier Aktivist_innen der Bäuerlichen Notgemeinschaft auf die Schienen verirrt. Die vier Landwirt_innen hatten sich in der Betonpyramide so fixiert, dass die Polizei vor einem nahezu unlösbaren Problem stand. Sie kapituliert vor dem ausgeklügelten System und gibt auf. Nach 16 Stunden beenden die Bauern die Blockade freiwillig, da sie durch die weiteren Befreiungsarbeiten der Polizei ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet sehen. Unter Jubel der Umstehenden (und einer sich zu ihnen gesellten Sitzblockade) sowie mit größtem Respekt und Anerkennung seitens der Polizei verlassen sie die Schienen.
27.11.2011, 07:45 Uhr
Gegen 7.45 Uhr ist die Sitzblockade von Widersetzen komplett geräumt. Viele Menschen sind freiwillig gegangen, hunderte befinden sich in der "Freiluft-GESA" auf dem benachbarten Acker.
27.11.2011, 09:30 Uhr
9.30 Uhr, castorticker: "Die Polizei ist nach wie vor ratlos, wie die Menschen in der Betonkonstruktion bei Vastorf aus dem Gleisbett entfernt werden können."
27.11.2011, 11:00 Uhr
Auf der Esso-Wiese in Dannenberg geben die BI, Castor Schottern, Bäuerliche Notgemeinschaft und Widersetzen um 11:00 eine Pressekonferenz. Zwischen Gedelitz und Transportstrecke gibt es verstärkte Polizeipräsenz. In Gedelitz bereitet sich x1000malquer aufs Sitzblockieren vor.
Gegen 11.00 Uhr ziehen mehrere hundert Menschen vom Camp Gedelitz aus durch den Wald in Richtung Gorleben. Ziel der X-tausendmal quer Aktion ist es die Castor-Strecke am Ortseingang Gorleben zu besetzen. Nach einigen kleineren Auseinandersetzungen mit der Polizei gelingt es den Teilnehmer_innen ihren Zielort zu erreichen. Alle sind fest entschlossen dort auszuharren, um die Durchfahrt des Strassentransportes auf unbestimmte Zeit zu verhindern.
27.11.2011, 11:00 Uhr
Um 11.00 Uhr starten 200 Menschen auf Fahrrädern am Verladekran in Dannenberg mit Ziel Gorleben.
27.11.2011, 11:30 Uhr
11.30 Uhr: Bei Eimstorf (zwischen Dumstorf und Barendorf) sind 20 Meter Bahndamm weggeschottert, das Gleis hängt teilweise in der Luft.
27.11.2011, 12:00 Uhr
Mittags wird die Betonpyramide in Hitzacker von mittlerweile 200 Sitzblockierende unterstützt.
27.11.2011, 12:00 Uhr
12.00 Uhr: "Schon jetzt ist der Castor länger als 92 Stunden unterwegs und hat somit den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2010 eingestellt." (castorticker)
27.11.2011, 13:00 Uhr
Gegen 13.00 Uhr ist der erste Aktivist der Blockade in Vastorf aus dem Betonblock gelöst worden. Drei weitere sind noch immer fest verankert.
27.11.2011, 13:00 Uhr
Gegen 13.00 Uhr startet der Atommüllzug auf dem Rangierbahnhof Maschen in Richtung Lüneburg - begleitet von einem gigantischen Polizeiaufgebot.
27.11.2011, 13:15 Uhr
Um 13.15 Uhr befinden sich kurz vor Gorleben etwa 1000 Menschen von xtausendmalquer auf dem Weg zur Straßentransportstrecke. Sie lassen sich am Ortsausgang Richtung Laase auf der Straße nieder.
27.11.2011, 13:15 Uhr
Der Castorzug erreicht um 13.17 uhr Winsen (Luhe), um 13.23 Uhr Radbruch, kurz vor 14.00 Uhr den Bahnhof Lüneburg West. Nach einem kurzen Stopp fährt der Zug um 14.20 Uhr weiter auf die eingleisige Strecke Richtung Dannenberg.
27.11.2011, 13:40 Uhr
13.40 Uhr: Der zweite Mensch wurde mittlerweile aus dem Betonklotz unter den Schienen bei Vastorf gelöst.
27.11.2011, 14:00 Uhr
14.00 Uhr: Auf der Kreisstraße 40 bei Wendisch Evern gibt es eine Sitzblockade mit 50 Menschen.
27.11.2011, 14:56 Uhr
14.56 Uhr: Der Castor hat wenige Meter vor der Blockade zwischen Vastorf und Elbe-Seiten-Kanal gestoppt.
27.11.2011, 15:05 Uhr
15.05 Uhr: Drei Menschen sind aus dem Betonklotz in Vastorf geräumt worden. Noch eine Person ist festgekettet. Gegen 15.30 Uhr ist die vierte Person aus dem Gleisbett entfernt.
27.11.2011, 15:45 Uhr
Die Arbeiten an der Betonpyramide der Bauern bei Hitzacker sind nicht erfolgsversprechend. Gegen 15.30 Uhr sind alle vier weiter auf den Schienen angekettet. Die technische Einheit der Bundespolizei ist ratlos. Es wird viel gebort und geflext. Als Schotter unter der Pyramide entfernt wird, sackt diese ab und droht die Aktivist:innen zu verletzen.
27.11.2011, 16:15 Uhr
Gegen 16.15 Uhr setzt sich der Castorzug in Vastorf wieder in Bewegung und setzt seine Fahrt im Schritttempo fort.
27.11.2011, 16:45 Uhr
30 Menschen blockieren gegen 16.45 Uhr bei Rohstorf den Reparturzug, der vor dem Castor fährt.
27.11.2011, 18:00 Uhr
Rund um die Pyramidenblockade in Hitzacker, in der weiter eine Frau und drei Männer angekettet sind, formiert sich gegen 18.00 Uhr eine zweite Sitzblockade. Insgesamt sitzen mehrere hundert Menschen auf den Gleisen.
27.11.2011, 19:30 Uhr
19.30 Uhr: Der Castorzug erreicht Dahlenburg.
27.11.2011, 20:45 Uhr
Gegen 20.45 Uhr stellt die Polizei die Arbeiten an der Pyramide in Hitzacker ein und setzt auf Verhandlung mit den Aktivist:innen. Die technische Einheit der Bundespolizei war gegen die niedersächsische Einheit ausgetauscht worden. Wegen möglicher Verletzungsgefahr der Aktivist:innen soll von einer Räumung absehen werden - und die vier zum Aufgeben bewegt werden.
Keine einfache Aufgabe für die Polizei, die versucht, die Pyramide mit schwerem Gerät zuteilen, die junge Frau zu lösen und die Blockade zu beenden. Als die Beamten die Steine unter der Pyramide entfernen, sackt sie ab und die junge Frau droht, verletzt zu werden. (ndr.de)
Zehn Karten für das Beatsteaks-Konzert im Kölner E-Werk habe ihnen ein Beamter versprochen, wenn sie freiwillig gehen. Obwohl sie sich mit einem Aufnäher als Fans der Band geoutet hatten, nützte auch dieser Versuch nichts. (ndr.de)
27.11.2011, 22:15 Uhr
22:15 Uhr: Der Castor passiert Harlingen und nähert sich Hitzacker. In Sichtweite zur Pyramidenblockade bleibt der Zug stehen.
27.11.2011, 22:30 Uhr
Nach mehr als 14 Stunden beenden die Aktivisten in Hitzacker ihre Blockadeaktion selbst.
Auch wenn sie ihre Forderungen, der sofortige Baustopp im Gorlebener Salzstock und der sofortige Stopp aller Castor-Transporte ins Wendland, nicht durchsetzen konnten, bezeichnen die Landwirte die Pyramide als gelungene Aktion. "Wir hätten noch länger ausgehalten", sagt Pothmer. "Es war eine Genugtuung, die Polizei scheitern zu sehen", ergänzt Müller auf der Pressekonferenz. Durch deren Fehlverhalten hätten sie letztendlich aufgeben müssen.
27.11.2011, 23:00 Uhr
Am späten Abend werden an zahlreichen Orten im Wendland die Straßen blockiert, um Polizeibewegungen zu behindern. In Platenlaase werden mehrere Trecker beschlagnahmt. Aufgrund einer Landmaschinenausstellung ist in Dünsche die Straße nicht befahrbar. Zwischen Grabow und Platenlaase liegen zwei große Strohballen auf der Straße. Etwa 50 Personen blockieren den Waddeweitzer Kreisel. In Pudripp stehen Traktoren auf der Kreuzung. Auf der Straße in Sallahn stehen landwirtschaftliche Gerätschaften...
27.11.2011, 23:00 Uhr
In Hitzacker sitzen etwa 1000 Menschen auf 600 m Gleis. Gegen 23.30 Uhr spricht die Polizei die erste Aufforderung zur Räumung aus. Mit den Worten "wegen polizeilicher Maßnahme" wird die Presse gehindert, zu den Gleisblockaden in Hitzacker zu kommen. Gegen 2.00 Uhr steht der Castorzug weiter in Harlingen.
28.11.2011, 03:00 Uhr
Nachdem gegen 3.00 Uhr eine weitere am Gleis angekettete Person bei Hitzacker gelöst wurde, setzt sich der Castorzug gegen 3.30 Uhr wieder in Bewegung.
28.11.2011, 04:19 Uhr
4:19 Uhr: Der Atommüllzug erreicht den Verladebahnhof Dannenberg.
28.11.2011, 06:00 Uhr
Unweit des Verladekrans findet um 6.00 Uhr in Nebenstedt eine Kundgebung statt.
28.11.2011, 07:00 Uhr
Um 7.00 Uhr ist der erste Atommüllbehälter vom Waggon auf den Straßentieflader verladen worden. Um 7.49 Uhr der zweite, gegen 8.45 Uhr der dritte Behälter.
28.11.2011, 09:12 Uhr
Um 9.12 Uhr meldet der Castorticker: "Der Castor 11/2011 mit 11 Behältern ist mittlerweile seit 111 Stunden 11 Minuten und 11 Sekunden unterwegs."
28.11.2011, 09:12 Uhr
Um 9.20 Uhr wird bekannt, dass es Greenpeace-Aktivist:innen gelungen ist, mit einem Transporter auf die Castor-Straßenstrecke in Klein Gusborn zu gelangen. In dem Transporter haben sich vier Personen mit der Straße verbunden und angekettet. Die Blockade dauerte 6 Stunden an.
"Diese Castoren haben in Gorleben nichts zu suchen. Der Transport ist illegal", so Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace. "Der Strahlengrenzwert wird bis Jahresende überschritten, weiterer Atommüll darf hier nicht gelagert werden. Die Genehmigung des Castortransports ist rechtswidrig."
28.11.2011, 10:30 Uhr
10.30 Uhr: der fünfte Castorbehälter ist verladen.
28.11.2011, 10:45 Uhr
Gegen 10.45 Uhr ist die Sitzblockade von X-tausendmalquer in Gorleben auf über 1000 Menschen angewachsen.
28.11.2011, 11:45 Uhr
11.45 Uhr: der siebte Castor ist verladen.
28.11.2011, 12:30 Uhr
Gegen 12.30 Uhr bewegen sich 30 Traktoren in Richtung der Transportstrecke in Splietau.
28.11.2011, 13:08 Uhr
13.08 Uhr: der achte Castorbehälter ist verladen. Polizeikräfte aus dem gesamten Landkreis sowie den angrenzenden Landkreisen bewegt sich in Richtung der Straßentransportstrecke.
28.11.2011, 13:53 Uhr
13.53 Uhr: der neunte Castorbehälter ist verladen.
28.11.2011, 15:00 Uhr
Eine Bestandsaufnahme des Castortickers um 15.00 Uhr: 150 Menschen blockieren die Straßenstrecke bei Klein Gusborn, 1600 vor Gorleben, 600 bei Laase und 100 in Groß Gusborn.
28.11.2011, 15:25 Uhr
15.25 Uhr: der zehnte Castorbehälter ist verladen.
28.11.2011, 15:30 Uhr
Gegen 15.30 Uhr spricht die Polizei die zweite Aufforderung an die Sitzblockiernden vor Gorleben aus, die Straße freiwillig zu verlassen. Kletterinnen von Robin Wood haben über der Sitzblockade mehrere Seilstrecken über die Straße gebaut.
28.11.2011, 15:53 Uhr
15.53 Uhr: der elfte Castorbehälter ist verladen.
28.11.2011, 16:00 Uhr
Gegen 16.00 Uhr räumt die Polizei die Transportblockade von Greenpeace in Klein Gusborn von der Straße. In Gorleben wird mit der Räumung der Sitzblockade begonnen. Die Polizei trägt die Menschen von der Straße und entlässt sie direkt in Freiheit. Einheiten der Bundespolizei gehen äußerst ruppig vor, wenden Schmerzgriffe an und werfen Menschen über die Absperrungen.
28.11.2011, 17:00 Uhr
17.00 Uhr: Die Blockade von x-tausendmalquer vor Gorleben ist komplett geräumt, Kletterinnen von Robin Wood sind noch im Seil.
28.11.2011, 17:00 Uhr
Auf dem Acker hinter Laase findet eine Mahnwache der Bürgerinitiative statt. Die Polizei zieht an der Straße mehrere Wasserwerfer zusammen. Brennende Strohballen werden gelöscht.
"Die Polizei reitet mit Pferden mitten durch die Menge am Musenpalast und greift wahllos Menschen aus der Menge. 18 Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Es gibt Verletzte, die seelische Hilfe, Decken und andere Wärmendes brauchen." (castorticker)
28.11.2011, 20:30 Uhr
Gegen 20.30 Uhr kommt der Konvoi auf der Straßenstrecke zum Stillstand: Zwei Aktivisten sind bei Grippel auf die Zugmaschine des ersten Castors geklettert und stoppen ihn für etwa eine Stunde.
28.11.2011, 21:40 Uhr
Gegen 21.40 Uhr erreicht die Spitze des kilometerlangen Castor-Konvois den Ort Gorleben. Am Straßenrand protestieren 200 Menschen. Mehrere Hubschrauber kreisen über dem Transport.
28.11.2011, 21:50 Uhr
21.50 Uhr: Der Castortransport erreicht das Zwischenlager Gorleben.
Mit einer Dauer von nahezu 126 Stunden war dies der längste Castortransport in der Geschichte des Wendlands.
28.11.2011, 23:00 Uhr
Auf der Abschluss-Pressekonferenz in den Trebeler Bauernstuben am späten Abend heißt es:
"Die Nervosität und Aggressivität bei den Polizeikräften ist größer geworden", bilanziert die Bäuerliche Notgemeinschaft. 355 Demonstranten wurden verletzt, fünf davon schwer. Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch Pfefferspray oder Schlagstöcke erlitten.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ist mit seiner Politik gescheitert. "Ein Konsens im Bundestag ist kein Konsens in der Bevölkerung.", so Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt.
"Mit dem Widerstand gegen den Castor-Transport sind die Atomkraftgegner einem Baustopp für ein Endlager in Gorleben einen entscheidenden Schritt näher gekommen", so Mathias Edler von Greenpeace. "Dieser Rekord-Castor-Protest ist Norbert Röttgens schwerste Niederlage", unterstreicht Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl.
"Der Castor-Transport ist am Ende, wir noch lange nicht", kündigt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg an.
Die Umweltschutzorganisation Robin Wood erklärt, die Anti-Atom-Bewegung sei stark und werde weitermachen, "bis die verantwortungslose Atommüllproduktion gestoppt ist".
29.11.2011
"Der Castor-Transport ist nach mehr als fünf Tagen in Gorleben angekommen, der Widerstand war so heftig wie noch nie", bilanziert der SPIEGEL am 29. November. Demonstranten und Polizei werfen sich massive Gewalt während der Proteste vor:
"Für die Polizei war es ohne Frage der härteste Einsatz, seit die Castor-Transporte stattfinden mussten", so Niedersachsens Innenminister Schünemann.
"Der Transport müsse ein politisches Nachspiel haben", fordert Bernhard Witthaut, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Eine Weitererkundung in Gorleben ist "Geldverschwendung", resümiert der Geologe Ulrich Kleemann in seiner Studie, die er am 13. Dezember in Lüchow präsentiert.
31.12.2011
Das Widerstandsjahr 2011 nimmt mit einer Sylvester Party am Schwarzbau Gorleben sein Ende.
Die ganze Geschichte:
…und davor – Die Anfänge bis 1972
Die Anfänge: Erste Überlegungen, Atommüll in Salz zu lagern – statt ihn in der Tiefsee zu versenken. Gasexplosion im Salzstock Gorleben-Rambow.
1973
1973 werden die Pläne bekannt, bei Langendorf an der Elbe ein Atomkraftwerk zu bauen. In der Debatte um einen Standort für ein Atommüll-Endlager bzw. die Errichtung eines Entsorgungszentrums spielt Gorleben 1973 offiziell keine Rolle.
1974
Die Standortsuche für ein Atommülllager beginnt. Das Credo: So lange die Anlage genug Platz hatte und niemanden störte, war alles gut. Der Standort Gorleben hatte damit nichts zu tun.
1975
Im August 1975 bricht bei Trebel ein großer Waldbrand aus. Die Bundesregierung geht bei der Standortsuche für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) davon aus, dass mehrere Salzstöcke parallel untersucht werden müssten. Gorleben gehört nicht dazu.
1976
(…) In einer zweiten Version der TÜV-Studie wurde handschriftlich der Standort Gorleben ergänzt und als am besten geeignet befunden. (…)
1977
Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen „Nuklearen Entsorgungszentrums“ benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
1978
Innerhalb von 5 Tagen sammeln Gorleben-Gegner*innen 800.000 DM, um der DWK beim Kauf weiterer Grundstücke über dem Salzstock Gorleben zuvor zukommen.
1979
Im März 1979 findet der legendäre „Treck nach Hannover“ statt. Nach einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt verkündet Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht das Aus für die WAA-Pläne in Gorleben.
1980
Platzbesetzung der Bohrstelle Gorleben 1004 und Gründung der „Republik Freies Wendland“. Die Räumung nach vier Wochen wird zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte der BRD.
1981
Gorleben-Hearing in Lüchow zum Bau des Zwischenlagers und massiver Protest gegen das AKW Brokdorf. Nach Bohrungen werden die Zweifel an der Eignung des Salzstock Gorleben für ein Endlager „größer, nicht kleiner“. Doch Gegner*innen des Projekts seien „Schreihälse, die bald der Geschichte angehören“, meinen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl.
1982
Baubeginn des Zwischenlagers wird mit Aktionen im Grenzstreifen zur DDR beantwortet, militante Eskalation beim „Tanz auf dem Vulkan“ und immer schlechtere Bohrergebnisse. Plötzlich ist das Wendland mit Dragahn wieder als ein WAA-Standort im Gespräch.
1983
Proteste gegen die Pläne, in Dragahn eine WAA zu errichten. „Gorleben statt Kreta“ und Demos im Grenzgebiet zwischen der DDR und BRD. Das Bundeskabinett unter Helmut Kohl stimmt der „untertägigen Erkundung“ des Salzstocks Gorleben zu.
1984
„Das Vertrauen hat sehr gelitten“: Menschenkette und Wendland-Blockade gegen die WAA-Pläne. Unter erheblichem Protest erreicht ein erster Atommülltransport das Fasslager Gorleben.
1985
Ein erster leerer Probe-Castor erreicht das Wendland. Der erste Kreuzweg führt vom AKW Krümmel nach Gorleben. Nach Anschlägen auf die Bahn werden die Daten von tausenden Gorleben-Gegner*innen von der Polizei gespeichert – und damit eine ganze Szene pauschal kriminalisiert.
1986
Baubeginn im Bergwerk Gorleben. Heftige Auseinandersetzungen um die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und das AKW Brokdorf. Nach dem GAU von Tschernobyl protestieren zehntausende Menschen gegen die Atomenergie.
1987
Schwerer Unfall in Schacht 1 des Bergwerks in Gorleben. „Transnuklearskandal“ betrifft auch Atommüll im Zwischenlager, Proteste gegen den Bau der PKA.
1988
Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, „Wir stellen uns quer“ – Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
1989
Das Aus für die WAA Wackersdorf, Castor-Alarm: erster hochradioaktiver Atommülltransport nach Gorleben wird wenige Stunden vor Abfahrt gerichtlich gestoppt.
1990
„Ein Hauch der Freien Republik Wendland wehte durch den Gorlebener Tann…“, als auf dem Bauplatz der PKA Hütten errichtet werden. Aktivist*innen besetzen im Sommer den Förderturm in Gorleben, zum Jahresende Baustopp und SPD-Versprechen.
1991
Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter „Castor-Alarm“ und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
1992
Resolution gegen und eine Mehrzweckhalle für Gorleben, Erweiterung des Zwischenlagers und viel Geld für den Landkreis.
1993
Sitzblockaden gegen Atommüll-Lieferungen, „Wege aus der Gorleben-Salzstock-Sackgasse“, Energiekonsens-Gespräche und hohes Bussgeld gegen Turmbesetzer*innen.
1994
Widerstandscamp „Castornix“ und erhebliche Proteste gegen ersten Castortransport, der wegen technischer Mängel dann abgesagt wird. Weiterbau der PKA per Weisung.
1995
Anschläge auf Bahn & Kran, die Aktion „ausrangiert“ will den ersten Castor empfangen, Bundesumweltministerin Merkel macht den absurden Backpulver-Vergleich & der Baustopp im Bergwerk wird aufgehoben.
1996
10 Jahre nach Tschernobyl, „Wir stellen uns quer!“ gegen den zweiten Castor nach Gorleben.
1997
Gewaltsame Räumung für den dritten Castor, Griefahn knickt ein & mehr Geld von der BLG.
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
1999
„Flickschusterei“ um Atomausstieg & AkEnd, Stunkparade nach Berlin und die Ankündigung, dass sich beim nächsten Castor X-tausend Menschen querstellen werden.
2000
Defekte Brücke und unsichere Behälter verhindern Castorlieferung, Atomkonsens „alles Lüge“, denn er sichert den Weiterbetrieb der AKW und Moratorium im Salzstock.
2001
Zwei Atommülltransporte rollen nach Gorleben, einer im März, ein zweiter im November. X-tausend Menschen stellen sich quer und WiderSetzen sich. Der Betonblock von Süschendorf zwingt den Castor zum Rückwärtsgang. Der Widerstand bekommt ein Archiv, die Bundestagsabgeordneten ein Denkmal, die „Gewissensruhe“.
2002
25 Jahre nach der Standortbenennung künftig keine Wasserwerfer mehr gegen den Widerstand, Freispruch im Süschendorf-Prozess, Ver-rück-te Dörfer gegen zwölf Castorbehälter, Rechenfehler und ein Abschlussbericht des AKEnd.
2003
Betonklötze für Betonköpfe, „Fest zum Protest“, der Salzstock wird besetzt, der siebte Castor rollt. Atomausstieg: das AKW Stade geht vom Netz – aber die Endlagersuche bleibt weiter unklar.
2004
Schienensitzen ist keine Straftat, das Einkesseln rechtswidrig, Trash People in Gedelitz, eine Veränderungssperre für den Salzstock zemetiert dessen Sonderstellung. Der Castortransport im Herbst verändert alles: Sebastién wird überfahren und stirbt.
2005
25 Jahre nach der „Republik Freies Wendland“ und 10 Jahre nach dem ersten Castortransport ist die Entsorgung des Atommülls weiter ungelöst. In die Debatte um die Entsorgung des Atommülls und die Zukunft der Atomenergie kommt Bewegung, die Veränderungssperre für den Salzstock wird verlängert. Container brennen, Bauern ziehen sich aus – und im November rollt der nächste Atommüllzug ins Zwischenlager.
2006
Geologe Grimmel warnt vor Erdbeben, die CDU kann sich in Gorleben ein Untertagelabor vorstellen. „Wir sind gekommen um zu bleiben“: Castorproteste im Herbst mit einer eigenen „Allgemeinverfügung gegen Atomwirtschaft und Polizeiwillkür“ und ein Offenbarungseid von Umweltminister Sigmar Gabriel.
2007
Der Widerstand feiert 30 Jahre Protest, ein Probecastor im Sommer aber keine „heiße Fracht“ im Herbst, stattdessen Kinderkrebsstudie und G8-Gipfel in Heiligendamm.
2008
Endlager-Symposium & Probebohrungen in Hamburg, absaufende Asse-2, 1 Millionen Jahre Endlager-Sicherheit und ein nächster Castortransport im November.
2009
Brisante Enthüllungen: Gorleben wurde aus politischen Motiven zum Endlagerstandort. Seit Jahren wird nicht nur „erkundet“, sondern ein Endlager gebaurt. „Mal so richtig abschalten“ – ein Protest-Treck aus dem Wendland führt zu einer großen Demo gegen AKW-Laufzeitverlängerung nach Berlin. Kein Castortransport, seit Oktober finden jeden Sonntag Spaziergänge um das Bergwerk statt.
2010
Krümmel-Treck, Ketten-Reaktion, Atomkraft-Schluss!, Castor XXL: die Antwort auf die AKW-Laufzeitverlängerung sind die größten Anti-Atom-Demonstrationen, die es in Deutschland je gab.
2011
Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein „Rekord-Castor“ – der letzte, der nach Gorleben rollte.
2012
Das „Wendejahr“ mit zahlreichen Werksblockaden unter dem Motto „gorleben365“ und der zentralen Forderung zur Endlagersuche auf der „weißen Landkarte“: Der Fleck Gorleben muss weg!
2013
Mit der „Beluga“ stellt Greenpeace in Gorleben ein Mahnmal auf, der Widerstand läuft Matrathon gegen das neue Standortauswahl-Gesetz.
2014
Die „neue Endlagersuche auf der weißen Landkarte“ beginnt – mit einem dicken Fleck: Gorleben. Immer wieder Proteste gegen die „Atommüllkommission“ der Regierung und tausende Unterschriften gegen weitere Castoren.
2015
Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der „Kessel von Harlingen“ war rechtswidrig.
2016
Für 23 Milliarden Euro entledigen sich die Atomkonzerne dem Atommüll, der ab sofort uns allen „gehört“. Zahlreiche Aktionen an den Atomanlagen gegen die Endlagerpläne der Bundesregierung.
2017
Auch 40 Jahre nach der Standortbenennung ist der Widerstand „lebendig“, Betreiber der Atomanlagen wird der Bund, Castoren auf dem Neckar und letzte Befahrung des Gorleben-Schachts.
2018
Neuer Betreiber will Aus für die PKA, Langzeitlagerung von Castoren rückt in den Fokus, Kritik an der Arbeit des „Nationalen Begleitgremiums“.
2019
30 Jahre Kulturelle Landpartie, 40 Jahre nach dem Treck nach Hannover. Abriss der Schutzmauer um das Bergwerk.
2020
Im „Corona-Jahr“ wird Gorleben Ende September völlig unerwartet aus der weiteren Suche nach einem Atommülllager ausgeschlossen. Nach über 40 Jahren Protestgeschichte ist es vorbei. Im Herbst rollt der erste Castor durch Deutschland, der eigentlich nach Gorleben sollte.
2021
10 Jahre nach Fukushima hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff, nur wenige öffentliche Aktionen finden statt. Viel Kritik an Online-Veranstaltungen zur Endlagersuche. Im Sommer der vierte Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath. Im Herbst das Versprechen: der Salzstock wird verfüllt.
2022
Das dritte Corona-Jahr beginnt mit einem Schicksalsschlag: völlig unerwartet stirbt Jochen Stay. Mit einem großen Festival feiern Anfang Juni tausende Menschen in Gorleben das Endlager-Aus und den Atomausstieg. Doch zum Jahresende die Ernüchterung: Die AKW-Abschaltung wird verschoben.
2023
Doch kein Atomausstieg zum 31.12.2022 – drei Atomkraftwerke laufen über das Jahr hinaus. Der Protest geht weiter.
2024
BI fordert Transportestopp ins Fasslager und Neubau des Zwischenlagers.
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