Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter "Castor-Alarm" und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
Januar
Im Januar wird ein Castortransport aus dem AKW Gundremmingen in Bayern in das Zwischenlager Gorleben abgesagt. Nach Kritik aus Niedersachsen zieht der AKW-Betreiber die Pläne zurück.
14.01.1991
Nach wie vor wird im Endlager-Erkundungsbergwerk mit derzeit etwa 160 Beschäftigten auf der Grundlage zugelassener Sonderbetriebspläne gearbeitet. Diese Arbeiten konnten nach Ansicht des BfS auch dann fortgeführt werden, wenn sich die Zulassung des neuen Hauptbetriebsplans wegen der Klage aus Oktober 1990 verzögert. Juristische Prüfungen, die diese Auffassungen der BfS-Techniker untermauern sollen, würden derzeit im Bundesamt vorgenommen. Die durch Sonderbetriebspläne abgedeckten Arbeiten im Schacht 1 reichen zumindest bis Mai dieses Jahres. Dann müßte für den Innenausbau eine neue Zulassung erteilt werden. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
Am ersten Jahrestag der Räumung des Hüttendorfes auf dem Baugelände der Pilotkonditionierungsanlage (PKA) besetzen 22 Atomkraftgegner:innen die stark gesicherte PKA-Baustelle. Kurz vor sechs Uhr früh überwinden sie mit Leitern den drei Meter hohen Sicherheitszaun. Die meisten von ihnen verbarrikadieren sich in einem Container auf dem Bauplatz, zwei erklimmen bei klirrender Kälte den rund 35 Meter hohen Kran, an dessen Ausleger sie ein Transparent befestigten. Rund zweieinhalb Stunden halten sie in luftiger Höhe aus, ehe sie wieder hinabsteigen.
Angekündigt hatte der Widerstand für den Mittwochmorgen eine Blockade des PKA-Baugeländes, wie sie seit geraumer Zeit an jedem 6. eines Monats veranstaltet wird. Die Bauplatzbesetzung kam für Wachleute und Polizei offensichtlich völlig überraschend.
Wolfgang Ehmke Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, bekundet, daß der Widerstand allmählich ungeduldig werde in Bezug auf die Umsetzung der von der rot-grünen Landesregierung angekündigten Maßnahmen zur Verhinderung der PKA.
Die Besetzer:innen zeigen auch Verbindungen zum Golfkrieg auf: Sobald hochradioaktive Brennelemente in Gorleben lagern, heißt es in einer Erklärung, genüge ein Bombenangriff oder Flugzeugabsturz, "um ganz Lüchow-Dannenberg unbewohnbar zu machen".
20.02.1991
Der Baustopp im Schacht II des Erkundungsbergwerk Gorleben wird am 20. Februar vom Verwaltungsgericht Lüneburg aufgehoben. Seit einem erfolgreichen Widerspruch von fünf Kläger:innen mussten die Bauarbeiten seit dem 7. Oktober 1990 ruhen.
21.02.1991
Die Brennelementlager Gorleben GmbH weisst den erhobenen Vorwurf zurück, daß "von der PKA große Gefahren ausgehen":
"Im Genehmigungsverfahren sei nachgewiesen, daß beim Betrieb der Anlage keine Gefahr für Menschen und Umgebung bestehe. Auch übersähen die Gegner, "daß die PKA eine wichtige Rolle im Umweltschutz einnimmt". Die PKA sorgt laut BLG unter anderem dafür, daß ausgediente Brennelemente gefahrlos in einem Endlager beseitigt werden können." Elbe Jeetzel Zeitung vom 21.02.1991
21.02.1991
In einer Erklärung weist die Brennelementlager Gorleben GmbH BLG den Vorwurf zurück, daß von der PKA große Gefahren ausgingen. Im Genehmigungsverfahren sei nachgewiesen, daß beim Betrieb der Anlage keine Gefahr für Menschen und Umgebung bestehe. Auch übersähen die Gegner, "daß die PKA eine wichtige Rolle im Umweltschutz einnimmt". Die PKA sorgt laut BLG unter anderem dafür, daß ausgediente Brennelemente "gefahrlos in einem Endlager beseitigt werden können". Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
März
06.03.1991
Das Niedersächsische Umweltministerium genehmigt den zweiten Hauptbetriebsplan in der Geschichte des Gorlebener Endlagers. Die erste Genehmigung durch Wirtschaftsminister Fischer Ende 1990 war noch als "Ausrutscher" interpretiert worden. Die von der Bürgerinitiative Umweltschutz von Beginn an geforderte atomrechtliche Prüfung ist nicht Bestandteil der Plangenehmigungen. Statt eines solchen, mit Beteiligung der Öffentlichkeit verbundenen Verfahrens hatten Betreiber und Genehmigungsbehörden die Arbeiten am Endlager-Bergwerk Gorleben nach dem für sie einfacheren Bergrecht abgewickelt. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
08.03.1991
Von einem Vorteil beim geplanten Ausstieg aus dem atomaren Endlager Gorleben, den die nach Bergrecht gegebene Zuständigkeit des Landes bedeute, ist in der rot-grünen Koalition in Hannover inzwischen nicht mehr die Rede. Im Gegenteil: Es könne sein, daß die Landesregierung auch künftig alle für den Ausbau des Bergwerkes notwendigen Hauptbetriebspläne genehmigen müsse, so Umwelt-Staatssekretär Peter Bulle. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
19.03.1991
Bei einem Unfall im Erkundungsbergwerk Gorleben werden am 19. März zwei Arbeiter verletzt.
Am frühen Morgen fahren sieben Bergleute zu routinemäßigen Wartungsarbeiten mit einem Kübel in den Schacht 1 des Endlager-Erkundungsbergwerkes ein, als plötzlich irgendwo im oberen Schachtteil der den Kübel leitende Führungsschlitten wegen Eisbildung festklebt und hängenbleibt, sich wieder löst, am Förderseil herunterrutscht und beim harten Aufprall am regulären Aufsatzpunkt einige Teile des Schlittens in den Kübel fallen. Ein Arbeiter erleidet Prellungen, der andere einen Schlüsselbeinbruch. Die Wartungsarbeiten an der Abteufvorrichtung seien wenige Stunden später wiederaufgenommen worden, so der Betreiber BfS. Quelle: Elbe Jeetzel Zeitung
20.03.1991
"Dieser erneute Unfall macht deutlich, daß die Sicherheitsfragen nicht hoch genug bewertet werden können", heißt es in einer ersten Stellungnahmen des Atomexperten der Grünen-Fraktion im Landtag, Hannes Kempmann, zum Unfall im Schacht 1 des Erkundungsbergwerkes. Im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen an der durch starken Gehirgsdruck deformierten Schachtwand sei "nicht sorgfältig genug gearbeitet worden". Ob ein Weiterbau in Gorleben überhaupt erlaubt werden könne, bezweifelt er.
"Die Schachtbaufirmen wollen offenbar nach dem Prinzip Hoffnung weitermachen. Dies darf aber in keinem Fall zugelassen werden." Der gestrige schwere Unfall habe gezeigt "wie gefährlich der Schacht Gorleben ist", so Kempmann.
Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 20.3.1991
20.03.1991
"Wir fragen uns natürlich im Vorfeld eines ersten Castor-Transports, welchen Wert das Gerede von der Zuverlässigkeit der Betreiberfirma haben soll, wenn die BLG nicht einmal in der Lage ist, schwach- und mittelaktive Abfälle in den Griff zu bekommen", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Mehr als bestätigt sieht sich die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg in ihrer Kritik an der Art der geplanten Umkonditionierung der in Gorleben zwischengelagerten Atommüllfässer durch den anhaltenden Expertenstreit um dieses Verfahren. Die Fässer, die entweder bei der Gesellschaft für Nuklearservice in Duisburg oder, bei Zweifel an ihrem Inhalt sowie Verbindung zum Transnuklear-Skandal, in einem Kernforschungszentrum umverpackt werden sollen, stehen nach wie vor in Gorleben. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 20.3.1991
22.03.1991
In Erwartung bevorstehender Castor-Transporte nach Gorleben besetzen AKW-Gegner:innen den Uelzener Bahnhof. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
30.03.1991
Vor der Gorleben-Kommission des Kreistages Lüchow-Dannenberg erläutert Geschäftsführer Manfred Florl von der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) die Ursache des Unfalls in Schacht I, welche zwei Gutachten bestätigt hätten: aller Wahrscheinlichkeit die Bildung einer Eisbrücke zwischen den Führungsseilen und dem Führungsschlitten des Förderkübels.
Die Untersuchungen ergaben, daß der Kübel etwa fünf Meter tief auf seinen üblichen Sitz oberhalb des Kübels gefallen sein muß. Bei dem Aufprall brachen Teile des Schlittens ab; einige stürzten in den Kübel, in dem sich sieben Bergleute befanden. Vorkommnisse dieser Art habe es bisher beim Abteufen der Schächte noch nicht gegeben, so Florl. Um eine Wiederholung auszuschließen, wurden jetzt mechanische Kontrollvorrichtungen installiert.
"Das einzige, wie man Unfälle verhindern kann, ist, daß man im Bett liegen bleibt. Aber auch dabei sollen schon Leute verunglückt sein", kommentiert Kurt-Dieter Grill (CDU).
Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
April
Das "Untergrundamt" der Republik Freies Wendland gibt bekannt, dass im Zusammenhang mit Aktionen gegen die PKA Gorleben zwischen Februar und Mai 1990 mehr als zwanzig Strafverfahren eingeleitet wurden. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Baustopp in Schacht 1
24.04.1991
Zur Überprüfung eines Gutachtens zur Standsicherheit des Erkundungsschachtes Gorleben I verfügt die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn durch Bescheid vom 24. April einen Baustopp vom 13. Mai bis 25. Juli 1991: Das niedersächsische Bergamt Celle untersagt dem Bundesamt für Strahlenschutz das Weiterteufen von Schacht 1 und ordnet die sofortige Vollziehbarkeit dieses Bescheides an.
Mai
April / Mai: Dritter "Castor-Alarm" im Wendland, nachdem das Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Sofortvollzug nicht kippt.
Ein für Mai vorgesehener Castor-Transport aus dem hessischen AKW Biblis in das Zwischenlager Gorleben scheitert an der fehlenden Rücknahmegenehmigung für defekte Behälter.
"Wunde.r.punkte Wendland - eine Kulturelle Landpartie" lädt zwischen Himmelfahrt und Pfingsten (9.-20. Mai) in den Landkreis Lüchow-Dannenberg. An 24 Orten zwischen der Clenzer Schweiz, Gartow und Sammatz finden zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen statt.
"Waren Sie bisher der Meinung, nur Freaks und Chaoten leisten Widerstand? Nun, die Teilnahme an der Aktion Wunde.r.punkte geben ihnen der Gelegenheit, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden. Sie laden sie ein, eine Reise durch die Landschaft zu machen, die sie lieben und die sie gern erhalten möchten; und sie wollen ihnen zeigen, wie sie leben und was sie schaffen." (aus: Reisebegleiter 1991)
Quelle: Reisebegleiter 1991
15.05.1991
Ab 15. Mai: Stillstand der Arbeiten am Schacht 1 des Erkundungsbergwerkes Gorleben.
30.05.1991
Am 30. Mai findet eine Besprechung zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) und der Firma IEAL Energie-Consult GmbH unter der Leitung von Prof. Dr. Bruno Thomauske statt. Bezüglich der Auffahrung der Strecken im Erkundungsbergwerk Gorleben wird festgestellt:
"Eine Erkundung nach Süd-Westen scheidet auf Basis nicht vorhandener Salzrechte aus. Die Rechte von Graf Bernstorff stellen hier einen Sperrriegel dar. Da dieser südwestliche Bereich des Salzstocks jedoch erkundet werden muss, schlägt ein verspäteter Erkundungsbeginn voll auf das Ende der untertägigen Erkundung durch. Für eine Erkundung nach Nord-Osten stellen die Rechte der Kirchengemeinden für die nördliche Erkundungsstrecke einen Sperrriegel dar. Ein Umfahren ist nach Ansicht der BGR nicht vertretbar."
Juni
06.06.1991
Am 6. Juni erlässt das Bergamt Celle eine Untersagungsverfügung: Im Zeitraum vom 26. Juli 1991 bis 4. Mai 1994 darf kein Abraumsalz aus dem Bergwerk mehr auf die Salzhade hinter Schacht Gorleben II verbracht werden.
06.06.1991
"Steht der Abtransport der Bläh- und Rißfässer aus dem atomaren Faßlager Gorleben zur Nachbehandlung in den Hallen der Gesellschaft für Nukleaservice (GNS) in Duisburg unmittelbar bevor?", fragt die Bürgerinitiative Umweltschutz. Der BI wurde seitens der GNS signalisiert, eine erste Charge von neun Fässern sollte Ende Juni nach Duisburg verfrachtet werden. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
Die Anlieferung von drei Containern mit schachaktivem Atommüll in das Zwischenlager Gorleben aus der belgischen Atomanlage Mol wird am 14. Juni vom niedersächsischen Umweltministerium gestoppt. Hintergrund ist der "Mol-Skandal", in Fässern war falsch deklarierter Inhalt gefunden worden.
Nicht im Zwischenlager in Gorleben, sondern in der Polizeikaserne in Lüchow endet vorerst der Transport von drei Containern mit schwachradioaktiven Abfällen. Einer dieser Behälter, der aus dem niederländischen Mol, enthält Reste des Skandalmaterials der aufgelösten Hanauer Transportfirma Transnuklear. Das niedersächsische Umweltministerium stoppt den Transport und beschlagnahmt den Mol-Container, weil die Herkunft und Zusammensetzung nicht geklärt ist. Die beiden anderen Container kommen aus Jülich.
Das Material sei bereits in Mol sortiert, zum Teil verbrannt gewesen, bevor der TÜV zur Kontrolle dazugekommen sei, heißt es aus dem Ministerium. Den Kontrolleuren sei lediglich versichert worden, es handele sich um Müll, wie er typisch sei für deutsche Atomkraftwerke. Genauer sei die Herkunft nicht angegeben worden. GNS und BLG hatten behauptet, daß es schwachradioaktiver Abfall aus Krümmel und Neckarwestheim sei.
Ab 6 Uhr blockieren Aktivist:innen am Zwischenlager in Gorleben mit Fahrzeugen die Zufahrt, da war der Transport aber schon in Lüchow angekommen. Ab Schulanfang blockieren daraufhin zeitweilig knapp hundert Schüler:innen die Zufahrt zur Polizeiunterkunft an der Saaßer Chaussee in Lüchow.
16.06.1991
Bundesumweltminister Töpfer (CDU) weist Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn an, den Müll aus Mol in Gorleben einzulagern. Griefahn hatte sich zunächst mit der Begründung geweigert, es sei unklar, ob die Abfälle wirklich aus deutschen kerntechnischen Anlagen stammten. Laut Töpfer handelt es sich um radioaktive Abfälle aus den Kraftwerken Krümmel und Neckarwestheim. Ferner erklärt der Minister, "es komme nicht darauf an, wo der Atommüll herkomme, sondern lediglich darauf, daß er entsprechend den Bestimmungen ordentlich eingelagert werde".
200 Menschen und Trecker blockieren die Zufahrten zum Zwischenlager. Die drei Transport-LKW werden kurzfristig in der Polizeikaserne Lüchow untergestellt. Quelle: u.a. ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de
17.06.1991
Erneut wird die Einfahrt des Zwischenlagers von etwa 200 Atomkraftgegner:innen blockiert, mehrere Traktoren versperren die Zufahrt.
"Diese Weisung schafft kein Vertrauen für die Aufarbeitung der Altlast aus dem Transnuklearskandal", so Landesumweltministerin Monika Griefahn auf die Weisung aus Bonn, nachdem es am Wochenende in der Bundeshauptstadt stundenlange Debatten bei diesem Streit zwischen Bund und Land gab. Ganz offensichtlich, so Griefahn, lasse sich die Herkunft der Abfälle aus Mol nicht eindeutig nachweisen, ansonsten hätte Töpfer nicht zum Mittel der Weisung gegriffen. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
17.06.1991
"Wir müssen das Zeug da reinbringen", so Barbara Mussack, Pressesprecherin im Landesumweltministerium zu dem umstrittenen Mol-Container. Möglichst jedoch ohne Konflikte. Es solle "möglichst ohne Konfrontation mit den Blockierern" einzulagert werden. Regierungspräsident Imgart und der Referatsleiter Biedermann machen sich vor Ort einen Eindruck und erklären, daß es nach der Weisung keinen Spielraum mehr gebe. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke wertet das lediglich als eine "Geste". Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
17.06.1991
Der Container mit Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken, die in Mol konditioniert worden sind, entspricht den Einlagerungsbestimmungen der Brennelementlager Gorleben GmbH (BLG). Damit sei eine Deponierung im, hiesigen Zwischenlager rechtmäßig, heißt es vom Betreiber des Zwischenlagers. Die Einlagerungsgenehmigung betrachte nicht die Herkunft der Abfälle, sondern die Einhaltung der vom Land genehmigten Einlagerungsspezifikation. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 18.6.1991
17.06.1991
Als "unerträglich" bezeichnet die Gewerkschaft der Polizei in Niedersachsen (GdP) den politischen Hickhack um den Mol-Container. Es könne als sicher angesehen werden, so die Polizeigewerkschaft, daß die Bürger:innen um Lüchow die politische Entscheidung nicht akzeptieren würden und auf ihre Forderung auf Abtransport des radioaktiven Mülls aus Mol bestehen werden. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 18.6.1991
17.06.1991
170 der 370 Grundschüler bleiben dem Unterricht an der Grundschule in Lüchow fern. Der Grund: In einer spontanen Elterninitiative waren sich zahlreiche Eltern einig, daß eine akute Gefährdung ihrer Kinder in unmittelbarer Nähe zum zwischengelagerten Mol-Container in der nahe gelegene Polizeiunterkunft nicht auszuschließen sei. Auch der DRK-Kindergarten verzichtet auf seinen Sportunterricht in der Grundschulhalle am Königshorster Weg.
Neben dem Schutz ihrer Kinder wollen die Eltern ihre Maßnahme auch als Protest verstanden wissen: dagegen, daß der Kompetenzenstreit zwischen Bundesumweltministerium und Landesregierung auf dem Rücken der Grundschüler ausgetragen wird. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 18.6.1991
18.06.1991
Vertreter:innen des niedersächsischen Umweltministeriums versuchen vergeblich, durch Verhandlungen die Atomkraftgegner:innen zur Auflösung der Blockade zu bewegen. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
18.06.1991
Das Umweltministerium in Hannover weist das Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg an, die Umgangsgenehmigung für das Faßlager Gorleben so zu präzisieren, daß nur noch Abfälle aus deutschen Atomkraftwerken in Gorleben angenommen werden dürfen. Ein Nachweis müßte demnach auch für die noch etwa 20 bis 30 Transporte erbracht werden, die in Mol der Auslieferung harren.
Woher dieser Atommüll stamme, lasse sich "vermutlich nicht nachweisen", so Eva-Maria Rexing, Sprecherin des Landesumweltministeriums. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen etwa 420 Polizisten und rund 250 Atomkraftgegner:innen kommt es am Vormittag vor dem Zwischenlager in Gorleben zu "schlimmen Szenen", als die Beamte die Einfahrt zum PKA-Gelände freiräumen. Der Weg wird freigemacht für drei Container mit schwachradioaktivem Inhalt, unter anderem auch für den Behälter mit dem umstrittenen Inhalt aus Mol.
Um 9.13 Uhr erscheinen vier Hundertschaften in Gorleben – ohne Helm, ohne Schutzschilde. Das Bemühen die Situation so "sanft" wie möglich zu bereinigen, ist durchaus zu spüren.
Gegen 9.45 Uhr ist die Auffahrt zum PKA-Gelände freigeräumt, die über Rondel und Meetschow angerollten Container hätten aufs Gelände gebracht werden können. Die Polizei hatte die weniger verbarrikadierte PKA-Auffahrt gegenüber der Zwischenlager-Einfahrt favorisiert.
Gegen 10.00 Uhr strömen Atomkraftgegner:innen durch den Wald zu dem Konvoi und setzen sich zwischen die Fahrzeuge auf die Straße. Der Bremsschlauch des ersten Fahrzeuges wird durchtrennt. Die Polizei setzt Diensthunde ein, es kommt immer wieder zu neue Sitzblockaden, Räumungen, Aggressionen, Tritte.
Erst um 11.30 Uhr rollt der erste Container auf das PKA-Gelände. Erneut kommt es zu Blockaden der zwei weiteren LKW. Der Notarztwagen fährt mehrmals.
Um 12.25 Uhr gelangen die beiden letzten Transporter auf das PKA-Gelände, von dort aus weiter ins Zwischenlager.
Mehrere Menschen werden verletzt. Eine Atomkraftgegnerin musste nach einem Tritt in den Rücken per Hubschrauber abtransportiert werden, eine andere Blockiererin habe einen Tritt ins Gesicht bekommen. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke sieht, wie Blockierer "getreten und gewürgt" werden. Ehmke äußert den Verdacht, daß das Einsatzkommando das Innenministerium gar blamieren wollte. Dennoch habe man sich auf Seiten des Widerstands gefreut, daß der Konvoi vor Ort noch einmal gestoppt wurde.
Polizei-Einsatzleiter Horst Heitmann spricht von einer "schlimmen Situation", bei der die Beamten mit Faustschlägen traktiert worden seien.
"Für das, was hier heute passiert ist, trägt Töpfer die Verantwortung", so Grünen-MdL Hannes Kempmann.
Vor Journalisten erklärt Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder am Nachmittag, der Einsatz sei der "real existierenden Kumpanei zwischen der Bundesregierung und der Atomlobby" zu verdanken. Die Weisung Töpfers sei eine merkwürdige und unseriöse Weise, den Skandal um die ehemalige Hanauer Transportfirma Trans- nuklear aufzuarbeiten, indem er Niedersachsen zum Atomklo mache. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
21.06.1991
CDU und FDP fordern Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn (parteilos) auf zurückzutreten, da sie den Widerstand mitinitiiert habe. Die FDP fordert ferner eine umfassende Aufklärung über die "verdeckte Zusammenarbeit zwischen der Bürgerinitiative und der staatlichen Ebene". Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) wirft Umweltminister Töpfer vor, er betreibe "Kumpanei mit der Atomlobby", was die Bundesregierung als "politische Diffamierung" bewertet. Der CDU-Landtagsabgeordnete Kurt Dieter Grill unterstellt der Regierung Schröder, die rot-grüne Koalition habe "offensichtlich die Weisung durch den Bundesumweltminister provoziert und die Randale in Gorleben und Lüchow billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar geplant". Der Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann (Die Grünen) habe in "konspirativer Zusammenarbeit mit Umweltministerin Griefahn den Widerstand gegen die Einlagerung der Mol-Fässer organisiert und damit gegen geltendes Recht verstoßen". Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de
Juli
13.07.1991
260.000 Einwendungen gegen ein Atommülllager Schacht Konrad übergeben Bürgerinitiativen dem niedersächsischen Umweltministerium. Mehr als fünfzig Trecker und hunderte anderer Fahrzeuge sind zuvor in einem imposanten, zwei Kilometer langen Konvoi von Salzgitter nach Hannover gerollt. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Mitte Juli
Das niedersächsische Umweltministerium bestätigt Mitte Juli, der "geforderte Nachweis der Standsicherheit des Schachtes" Gorleben 1 sei erbracht. Aus Sicht des Bergamtes Celle sei auch der Verbleib des bei weiteren Abteufarbeiten anfallenden Salzes aus dem Schacht geklärt - es soll ins 120km entfernte Atommüllendlager Morsleben in Sachsen-Anhalt gebracht werden. Bis 1994 fallen 47.000 Kubikmeter an.
16.07.1991
Am 16. Juli weist das Verwaltungsgericht Lüneburg die Klagen gegen die Gorlebener Rahmenbetriebspläne ab.
Das Gericht sieht die Rechte zweier Nachbarn, eines Waldbesitzers und eines Fischers, durch den Rahmenbetriebsplan nicht verletzt. Beide hatten auf Gefährdungen verwiesen, die auf sie als Nachbarn der geplanten Salzhalde zukommen könnten. Der Waldbesitzer wandte sich außerdem gegen die Stollen, die im Salzstock unter seinem Grundstück geplant, bislang aber noch verwirklicht sind. "Salz ist lebensfeindlich", erkannte dazu das Gericht. Ob und in welchem Maße die Rechte der Kläger durch die geplante Salzhalde verletzt würden, könnten aber erst die einzelnen Haupt- und Sonderbetriebspläne zeigen. Der Waldbesitzer habe auch kein Recht, das Projekt zu stoppen, solange die unterirdischen Gänge vor seinem Grundstück enden. Quelle: u.a. ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de
25.07.1991
Die bis zum 25. Juli gestoppten Arbeiten in Schacht I werden auch nach Ablauf der Frist nicht wieder aufgenommen, weil das Land Niedersachsen weiter die Zustimmung verweigert.
25.07.1991
Am 25. Juli beantragt die Bundesrepublik die Zulassung eines Hauptbetriebsplans für das Erkundungsbergwerk für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1993.
25.07.1991
Etwa 50 Polizisten räumen am Vormittag eine Blockade von ebensovielen Atomkraftgegner:innen beiseite, die seit 6 Uhr die Zufahrt zum PKA-Gelände beim Zwischenlager in Gorleben blockierten. Nicht hineingelassen werden sollten drei Lkw, die fünf Container mit schwach radioaktivem Abfall lieferten. Der Atommüll stammt aus Biblis und nicht, wie die hiesige Bürgerinitiative zunächst irrtümlich annahm, erneut aus Mol.
"Ob es Mol-Container sind oder nicht, ist schnuppe wir blockieren", kündigte eine Atomkraftgegnerin an.
Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
August
27.08.1991
Der möglichst schnelle Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie bleibe ein "zentrales energie- und umweltpolitisches Ziel der SPD". Dies bekräftigt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Harald Schäfer in Bonn. Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de
September
In der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) gelten 37 unbestrahlte Uran-Brenn-stäbe mit 51,4 kg Natururan als vermißt. Nach Vermutung der WAK wurden sie Anfang der achtziger Jahre versehentlich für nuklearen Schrott gehalten und entsorgt. An ihrer Stelle seien jahrelang mit Blei gefüllte Attrappen für die Original-Brennstäbe gehalten worden. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sieht in dieser Affäre ein "einmaliges Versagen aller bundesdeutschen und internationalen Kontrollorgane". Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de
Anfang September
Mit zahlreichen Blockaden vor den Toren und auf den Zufahrtswegen zur Baustelle der Pilot-Konditionierungsanlage versuchen Atomkraftgegner*innen Anfang September vergeblich die zahlreich anrollenden Betonmischer zu stoppen.
Oktober
06.10.1991
Bei der Kommunalwahl am 6. Oktober verliert die CDU ihre absolute Mehrheit im Kreistag Lüchow-Dannenberg. Eine Absage an die Atomanlagen eint die Parteien der "bunten Koaliton" aus SPD, FDP, GRÜNE und UWG. In der Folge wird die "Gorleben-Kommission" aufgelöst.
14.10.1991
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert die Politik der SPD scharf: Die Sozialdemokraten seien dabei, von ihrem Nürnberger Parteitagsbeschluß abzurücken, den Ausstieg aus der Atomenergie innerhalb von zehn Jahren zu vollziehen. Unter der Bedingung, daß keine Wiederaufarbeitung im Ausland erfolge, sei die SPD bereit, die "Endlagerprojekte Gorleben und Schacht Konrad" politisch mitzutragen sowie auf einen konkreten Ausstiegstermin zu verzichten. Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de, FR
18.10.1991
Die SPD-regierten Länder verhandeln seit mehreren Monaten über eine gemeinsame Strategie hinsichtlich der Entsorgung nuklearer Abfälle und suchen dabei die Verständigung mit der Bundesregierung. Alle SPD-Länder seien sich einig, ein nationales Entsorgungskonzept mitzutragen, sofern zugleich der Ausstieg aus der Atomenergie festgeschrieben werde. Alternativ zu Gorleben solle an mindestens zwei anderen Standorten nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle gesucht werden. Strittig sei noch die in Gorleben geplante Konditionierungsanlage. Quelle: ENERGIE-CHRONIK, udo-leuschner.de, dpa
November
05.11.1991
Ein Termin für die Einlagerung hochradioaktiver Abfälle in Castor-Behältern im Gorlebener Zwischenlager ist "gegenwärtig nicht absehbar". Diese Auskunft hat Landtagsabgeordneter Johannes Kempmann aus dem niedersächsischen Umweltministerium erhalten, schreibt die Elbe-Jeetzel Zeitung. Im Falle der Einlagerung rechne das niedersächsischen Umweltministerium allerdings mit "erheblichen Auseinandersetzungen vor Ort." Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung
15.11.1991
Am 15. November bestätigt das Verwaltungsgericht Stade die Dringlichkeit der Salzstockuntersuchung in seiner schriftlichen Urteilsbegründung vom 16. Juli.
Die ganze Geschichte:
…und davor – Die Anfänge bis 1972
Die Anfänge: Erste Überlegungen, Atommüll in Salz zu lagern – statt ihn in der Tiefsee zu versenken. Gasexplosion im Salzstock Gorleben-Rambow.
1973
1973 werden die Pläne bekannt, bei Langendorf an der Elbe ein Atomkraftwerk zu bauen. In der Debatte um einen Standort für ein Atommüll-Endlager bzw. die Errichtung eines Entsorgungszentrums spielt Gorleben 1973 offiziell keine Rolle.
1974
Die Standortsuche für ein Atommülllager beginnt. Das Credo: So lange die Anlage genug Platz hatte und niemanden störte, war alles gut. Der Standort Gorleben hatte damit nichts zu tun.
1975
Im August 1975 bricht bei Trebel ein großer Waldbrand aus. Die Bundesregierung geht bei der Standortsuche für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) davon aus, dass mehrere Salzstöcke parallel untersucht werden müssten. Gorleben gehört nicht dazu.
1976
(…) In einer zweiten Version der TÜV-Studie wurde handschriftlich der Standort Gorleben ergänzt und als am besten geeignet befunden. (…)
1977
Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen „Nuklearen Entsorgungszentrums“ benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
1978
Innerhalb von 5 Tagen sammeln Gorleben-Gegner*innen 800.000 DM, um der DWK beim Kauf weiterer Grundstücke über dem Salzstock Gorleben zuvor zukommen.
1979
Im März 1979 findet der legendäre „Treck nach Hannover“ statt. Nach einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt verkündet Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht das Aus für die WAA-Pläne in Gorleben.
1980
Platzbesetzung der Bohrstelle Gorleben 1004 und Gründung der „Republik Freies Wendland“. Die Räumung nach vier Wochen wird zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte der BRD.
1981
Gorleben-Hearing in Lüchow zum Bau des Zwischenlagers und massiver Protest gegen das AKW Brokdorf. Nach Bohrungen werden die Zweifel an der Eignung des Salzstock Gorleben für ein Endlager „größer, nicht kleiner“. Doch Gegner*innen des Projekts seien „Schreihälse, die bald der Geschichte angehören“, meinen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl.
1982
Baubeginn des Zwischenlagers wird mit Aktionen im Grenzstreifen zur DDR beantwortet, militante Eskalation beim „Tanz auf dem Vulkan“ und immer schlechtere Bohrergebnisse. Plötzlich ist das Wendland mit Dragahn wieder als ein WAA-Standort im Gespräch.
1983
Proteste gegen die Pläne, in Dragahn eine WAA zu errichten. „Gorleben statt Kreta“ und Demos im Grenzgebiet zwischen der DDR und BRD. Das Bundeskabinett unter Helmut Kohl stimmt der „untertägigen Erkundung“ des Salzstocks Gorleben zu.
1984
„Das Vertrauen hat sehr gelitten“: Menschenkette und Wendland-Blockade gegen die WAA-Pläne. Unter erheblichem Protest erreicht ein erster Atommülltransport das Fasslager Gorleben.
1985
Ein erster leerer Probe-Castor erreicht das Wendland. Der erste Kreuzweg führt vom AKW Krümmel nach Gorleben. Nach Anschlägen auf die Bahn werden die Daten von tausenden Gorleben-Gegner*innen von der Polizei gespeichert – und damit eine ganze Szene pauschal kriminalisiert.
1986
Baubeginn im Bergwerk Gorleben. Heftige Auseinandersetzungen um die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und das AKW Brokdorf. Nach dem GAU von Tschernobyl protestieren zehntausende Menschen gegen die Atomenergie.
1987
Schwerer Unfall in Schacht 1 des Bergwerks in Gorleben. „Transnuklearskandal“ betrifft auch Atommüll im Zwischenlager, Proteste gegen den Bau der PKA.
1988
Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, „Wir stellen uns quer“ – Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
1989
Das Aus für die WAA Wackersdorf, Castor-Alarm: erster hochradioaktiver Atommülltransport nach Gorleben wird wenige Stunden vor Abfahrt gerichtlich gestoppt.
1990
„Ein Hauch der Freien Republik Wendland wehte durch den Gorlebener Tann…“, als auf dem Bauplatz der PKA Hütten errichtet werden. Aktivist*innen besetzen im Sommer den Förderturm in Gorleben, zum Jahresende Baustopp und SPD-Versprechen.
1991
Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter „Castor-Alarm“ und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
1992
Resolution gegen und eine Mehrzweckhalle für Gorleben, Erweiterung des Zwischenlagers und viel Geld für den Landkreis.
1993
Sitzblockaden gegen Atommüll-Lieferungen, „Wege aus der Gorleben-Salzstock-Sackgasse“, Energiekonsens-Gespräche und hohes Bussgeld gegen Turmbesetzer*innen.
1994
Widerstandscamp „Castornix“ und erhebliche Proteste gegen ersten Castortransport, der wegen technischer Mängel dann abgesagt wird. Weiterbau der PKA per Weisung.
1995
Anschläge auf Bahn & Kran, die Aktion „ausrangiert“ will den ersten Castor empfangen, Bundesumweltministerin Merkel macht den absurden Backpulver-Vergleich & der Baustopp im Bergwerk wird aufgehoben.
1996
10 Jahre nach Tschernobyl, „Wir stellen uns quer!“ gegen den zweiten Castor nach Gorleben.
1997
Gewaltsame Räumung für den dritten Castor, Griefahn knickt ein & mehr Geld von der BLG.
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
1999
„Flickschusterei“ um Atomausstieg & AkEnd, Stunkparade nach Berlin und die Ankündigung, dass sich beim nächsten Castor X-tausend Menschen querstellen werden.
2000
Defekte Brücke und unsichere Behälter verhindern Castorlieferung, Atomkonsens „alles Lüge“, denn er sichert den Weiterbetrieb der AKW und Moratorium im Salzstock.
2001
Zwei Atommülltransporte rollen nach Gorleben, einer im März, ein zweiter im November. X-tausend Menschen stellen sich quer und WiderSetzen sich. Der Betonblock von Süschendorf zwingt den Castor zum Rückwärtsgang. Der Widerstand bekommt ein Archiv, die Bundestagsabgeordneten ein Denkmal, die „Gewissensruhe“.
2002
25 Jahre nach der Standortbenennung künftig keine Wasserwerfer mehr gegen den Widerstand, Freispruch im Süschendorf-Prozess, Ver-rück-te Dörfer gegen zwölf Castorbehälter, Rechenfehler und ein Abschlussbericht des AKEnd.
2003
Betonklötze für Betonköpfe, „Fest zum Protest“, der Salzstock wird besetzt, der siebte Castor rollt. Atomausstieg: das AKW Stade geht vom Netz – aber die Endlagersuche bleibt weiter unklar.
2004
Schienensitzen ist keine Straftat, das Einkesseln rechtswidrig, Trash People in Gedelitz, eine Veränderungssperre für den Salzstock zemetiert dessen Sonderstellung. Der Castortransport im Herbst verändert alles: Sebastién wird überfahren und stirbt.
2005
25 Jahre nach der „Republik Freies Wendland“ und 10 Jahre nach dem ersten Castortransport ist die Entsorgung des Atommülls weiter ungelöst. In die Debatte um die Entsorgung des Atommülls und die Zukunft der Atomenergie kommt Bewegung, die Veränderungssperre für den Salzstock wird verlängert. Container brennen, Bauern ziehen sich aus – und im November rollt der nächste Atommüllzug ins Zwischenlager.
2006
Geologe Grimmel warnt vor Erdbeben, die CDU kann sich in Gorleben ein Untertagelabor vorstellen. „Wir sind gekommen um zu bleiben“: Castorproteste im Herbst mit einer eigenen „Allgemeinverfügung gegen Atomwirtschaft und Polizeiwillkür“ und ein Offenbarungseid von Umweltminister Sigmar Gabriel.
2007
Der Widerstand feiert 30 Jahre Protest, ein Probecastor im Sommer aber keine „heiße Fracht“ im Herbst, stattdessen Kinderkrebsstudie und G8-Gipfel in Heiligendamm.
2008
Endlager-Symposium & Probebohrungen in Hamburg, absaufende Asse-2, 1 Millionen Jahre Endlager-Sicherheit und ein nächster Castortransport im November.
2009
Brisante Enthüllungen: Gorleben wurde aus politischen Motiven zum Endlagerstandort. Seit Jahren wird nicht nur „erkundet“, sondern ein Endlager gebaurt. „Mal so richtig abschalten“ – ein Protest-Treck aus dem Wendland führt zu einer großen Demo gegen AKW-Laufzeitverlängerung nach Berlin. Kein Castortransport, seit Oktober finden jeden Sonntag Spaziergänge um das Bergwerk statt.
2010
Krümmel-Treck, Ketten-Reaktion, Atomkraft-Schluss!, Castor XXL: die Antwort auf die AKW-Laufzeitverlängerung sind die größten Anti-Atom-Demonstrationen, die es in Deutschland je gab.
2011
Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein „Rekord-Castor“ – der letzte, der nach Gorleben rollte.
2012
Das „Wendejahr“ mit zahlreichen Werksblockaden unter dem Motto „gorleben365“ und der zentralen Forderung zur Endlagersuche auf der „weißen Landkarte“: Der Fleck Gorleben muss weg!
2013
Mit der „Beluga“ stellt Greenpeace in Gorleben ein Mahnmal auf, der Widerstand läuft Matrathon gegen das neue Standortauswahl-Gesetz.
2014
Die „neue Endlagersuche auf der weißen Landkarte“ beginnt – mit einem dicken Fleck: Gorleben. Immer wieder Proteste gegen die „Atommüllkommission“ der Regierung und tausende Unterschriften gegen weitere Castoren.
2015
Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der „Kessel von Harlingen“ war rechtswidrig.
2016
Für 23 Milliarden Euro entledigen sich die Atomkonzerne dem Atommüll, der ab sofort uns allen „gehört“. Zahlreiche Aktionen an den Atomanlagen gegen die Endlagerpläne der Bundesregierung.
2017
Auch 40 Jahre nach der Standortbenennung ist der Widerstand „lebendig“, Betreiber der Atomanlagen wird der Bund, Castoren auf dem Neckar und letzte Befahrung des Gorleben-Schachts.
2018
Neuer Betreiber will Aus für die PKA, Langzeitlagerung von Castoren rückt in den Fokus, Kritik an der Arbeit des „Nationalen Begleitgremiums“.
2019
30 Jahre Kulturelle Landpartie, 40 Jahre nach dem Treck nach Hannover. Abriss der Schutzmauer um das Bergwerk.
2020
Im „Corona-Jahr“ wird Gorleben Ende September völlig unerwartet aus der weiteren Suche nach einem Atommülllager ausgeschlossen. Nach über 40 Jahren Protestgeschichte ist es vorbei. Im Herbst rollt der erste Castor durch Deutschland, der eigentlich nach Gorleben sollte.
2021
10 Jahre nach Fukushima hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff, nur wenige öffentliche Aktionen finden statt. Viel Kritik an Online-Veranstaltungen zur Endlagersuche. Im Sommer der vierte Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath. Im Herbst das Versprechen: der Salzstock wird verfüllt.
2022
Das dritte Corona-Jahr beginnt mit einem Schicksalsschlag: völlig unerwartet stirbt Jochen Stay. Mit einem großen Festival feiern Anfang Juni tausende Menschen in Gorleben das Endlager-Aus und den Atomausstieg. Doch zum Jahresende die Ernüchterung: Die AKW-Abschaltung wird verschoben.
2023
Doch kein Atomausstieg zum 31.12.2022 – drei Atomkraftwerke laufen über das Jahr hinaus. Der Protest geht weiter.
2024
BI fordert Transportestopp ins Fasslager und Neubau des Zwischenlagers.
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