1990: Wir stellen uns quer !

1990: Das Bundesverwaltungsgericht versagt den Endlagerstopp im Januar. Das Oberverwaltungsgericht lehnt einen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehbarkeit der atomrechtlichen Teilerrichtungsgenehmigung im März ab. Das Verwaltungsgericht entscheidet gegen den Sofortvollzug der Betriebsgenehmigung des Castor-Lagers im April. Und täglich rollenden Transporte mit Atommüll ins Zwischenlager.

Der Widerstand reagiert: Am 7.5. wird der Zaun zur Pilot Konditionierungsanlage (PKA) mit selbstgebauten Treppen überwunden. Am 22.6. besetzen zwölf Lüchow-DannenbergerInnen die Türme auf dem Bergwerksgeländes. Der Slogan „Wir stellen uns quer!“ wird erfunden und die Blockadeaktion unter dem Motto „Gorleben bebt“ beginnt: Fünf Monate, jeden Montag um 6 Uhr morgens werden die Eingangstore zum Zwischenlager und zur Baustelle für die PKA blockiert.

Klassische Konzerte, Frühschoppen, Sektfrühstück. Theater, Kabarett, Malwettbewerb – der Phantasie sind wieder mal keine Grenzen gesetzt. Hiesige Handwerker mauern das Eingangstor zum Zwischenlager zu, an einem anderen Montag machen sich Nicht-HandwerkerInnen mit Hammer und Meißel an der Mauer um die Endlagerbaustelle zu schaffen.

Gäste aus Salzwedel, Stendal, Bremen, Heidelberg und Hannover bereichern diese Montagsblockaden. Musiker aus Japan, Kinder aus Tschernobyl, Schülern aus Uelzen.

Die Kreisverwaltung macht darauf aufmerksam, dass eine Verkehrsblockade unrechtmäßig ist und die Presse bezeichnet die Blockaden in Gorleben als Dauerplage für die Atomindustrie.

Nützt nix. Es folgen Montage mit unabhängigen Holzfällern, einem selbständigen Friseur und Marktständen mit Bio Produkten der Wendland Kooperative. Besondere Überraschungsgäste sind 600 Schafe vor der Zufahrt des Zwischenlagers.

Am 5. September endet die Aktion mit einer dreitätigen Abschlussblockade. Die Ini60 bringt wie in den vergangenen Monaten morgens Brötchen und die Tageszeitung und die Post nimmt ihren Zustellungsauftrag sehr ernst: Etwa 50 Briefe und Karten händigt der Postbote mit der Anschrift „Blockadeteilnehmer, Atommüllzwischenlager, Haupttor 3131 Gorleben“ am 2.September vor dem Zwischenlager aus.

weitere Veröffentlichungen:

1990 – Bohrturmbesetzung

1. September 2020

Am 21. Juni 1990, dem Tag der Regierungsübernahme von SPD und Grünen in Niedersachsen, besetzt eine Gruppe von 14 Atomkraftgegner/-innen aus dem Wendland die Bohrtürme über den Gorlebener Schächten. Es ist 8 Uhr morgens, als die Aktivist/-innen den Maschendrahtzaun und die dahinter liegende vier Meter hohe Betonmauer mit selbstgebauten Holzleitern überwinden und die beiden Fördertürme…

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Der Turmbauer zu 1004

6. Juli 2020

Sigurd Elert hat die Architektur der Freien Republik Wendland geprägt wie nur wenige andere. Dabei kommt er gar nicht aus der Gegend und war auch seit der Räumung des Hüttendorfs auf der Tiefbohrstelle 1004 bei Gorleben im Juni 1980 nie wieder dort. Im Wendland geriet sein Name und sein Wirken in den zurückliegenden 40 Jahren…

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Zum ersten Mal: „Wir stellen uns quer!”

20. Mai 2020

Vor 25 Jahren fand der erste Castortransport ins Wendland statt. „In jeder Küche kann beim Kuchenbacken mal etwas Backpulver danebengehen!“ Als Atomkraftgegner/-innen im Wendland 1995 diese Verharmlosung der Risiken eines Castortransports hören, sind sie außer sich. Die Bemerkung ist noch heute vielen Wendländer/-innen im Ohr. Birgit Hunecke blickt 25 Jahre zurück.

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Undine von Blottnitz

1. Februar 2019

Undine von Blottnitz war Mitbegründerin der BI-Lüchow-Dannenberg und der Bäuerlichen Notgemeinschaft und 1977 eine der Ersten, die ihre Stimme gegen die Lagerung von atomarem Müll in Gorleben erhoben hat. Sie hat für die Grünen und für ihre Region gestritten, verhandelt und demonstriert. Unerschrocken, couragiert und geradeaus machte sie Politik. 1979 wurde Undine das erste Mal…

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Die lachende Sonne

7. November 2018

„Atomkraft? Nein Danke“, die lachende Sonne, ist wohl jedem Leser bekannt. Das Sonnenlogo ist in 55 Sprachen übersetzt und wurde als Aufkleber, Button, auf Fahnen, Plakaten und Flugblättern durch die Welt getragen. Aber wer hat’s erfunden?

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