FUNDSTÜCK DES MONATS
Mai
Auf seinem Dachboden in Güstritz entdeckte Dieter Schaarschmidt einige Fundstücke der besonderen Art: Diese Ordner mit Unterlagen aus den Anfängen der Gorleben-Proteste enthielten buchstäblich Leben – das Leben tausender Wespen.
Wegen Gorleben ist Dieter Schaarschmidt (Jahrgang 1956) ins Wendland gezogen. Um hier nur einige seiner vielfältigen Aktivitäten zu nennen: Im Juli 1983 errichteten Atomkraftgegner:innen ein Camp im Niemandsland der deutsch-deutschen Grenze im Wendland. Dieter war dabei. Nach Anschlägen auf die Bahn wurden 1985 die Daten von tausenden Gorleben-Gegner:innen von der Polizei gespeichert. Es stand „Terrorismus-Verdacht“ im Raum. Gegen viele Aktivist:innen wurde ermittelt, eine ganze Szene pauschal kriminalisiert. Neben anderen Häusern wurde auch Dieters Dachboden in Güstritz von der Polizei durchsucht. Gefunden wurde nichts, was einen „Terror-Verdacht“ untermauerte. Dieter lief auch 1988 den Kreuzweg von Wackersdorf nach Gorleben mit. Und durch seine Initiative entstand 1996 die erste Windkraftanlage in Lüchow-Dannenberg.
Nun räumt er seinen Dachboden und übergibt dem Gorleben Archiv eine ganze Reihe von alten Dokumenten. Zur diesjährigen Mitgliederversammlung des Archivs am 7. April brachte er schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, mit. In den kommenden Monaten wird Dieter nun helfen, die vielen Erinnerungen zu sortieren und in unserem Archiv-System zu erfassen.
Artikel über Dieters Engagement:
- taz.de (2020) – Grenze des Widerstands – Einst entwickelte sich das Wendland zum Hort des Kampfs gegen die Atomkraft. Heute leben linke Aktivisten aus dem Westen auch östlich in der Altmark.
- ndr.de (2007) – „Die DDR-Grenzer waren sehr schroff zu uns“ – Über das Camp im Niemandsland der deutsch-deutschen Grenze 1983.
Im Gorleben Archiv befinden sich zahlreiche Personen- und Gruppenbestände. Aktuell warten noch 280 Aktenordner und 55 Umzugskartons auf ihre Durchsicht und weitere Bearbeitung. Und das ist sicherlich noch nicht alles. Wir bitten alle Gorleben-Aktivisten:innen, bei denen vielleicht noch ungeahnte Schätze schlummern: Überlasst euer Erbe nicht den Wespen, sondern dem Gorleben Archiv!