FUNDSTÜCK DES MONATS

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Juli: Ein unmoralisches Angebot

Atomkraftgegner schlagen Deal über 26 Mio DM aus.

Zwischen Januar und April 1978 versuchte die „Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen mbH“ (DWK) als Betreiberin des damals noch geplanten „Nuklearen Entsorgungszentrums Gorleben“, mit umstrittenen Methoden mehr als zwölf Quadratkilometer Land über dem Salzstock zu kaufen. Betroffene Bürger:innen und Atomkraftgegner:innen wurden bespitzelt und eingeschüchtert. Selbst der CDU-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag rügt die „frühkapitalistischen Methoden“. Die DWK stellt schließlich ein Ultimatum für die Grundstücksverkäufe bis zum 2. Mai, später bis Mitte Juli und droht mit Enteignung.

Zeitzeugeninterview: Fried von Bernstorff spricht 2014 über den „Kampf für den Erhalt des Erbes“

Am 10. Juli 1978 – vor 47 Jahren also – gaben Andreas Graf von Bernstorff, dessen Familie bis heute mit rund 50% die größte Fläche über dem Salzstock Gorleben gehört, und der Landwirt Otto Klauke aus Marleben während einer Pressekonferenz in Gartow bekannt, dass sie das Angebot der Atomwirtschaft von über 26 Millionen Mark für den Verkauf ihrer Ländereien über dem Salzstock Gorleben ablehnen werden.

Um auch andere Grundstücksverkäufe zu verhindern, sammelt die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) zwischen dem 10. und 15. Juli mit einer einmaligen Solidaritätsaktion 800.000 DM. Bei der geplanten Übergabe des „Koffer voll Geld“ stellte sich allerdings heraus, dass der betroffene Eigentümer, Landwirt Tiedemann, den Kaufvertrag mit der DWK bereits unterzeichnet hatte.

NDR,  04.07.1978 – Landkauf in Gorleben
Ein Bericht von 1978 über die DWK, die mit dubiosen Praktiken den Landkauf für die vorgesehene Atommülldeponie betreibt.

Der Gorleben-Protest reagierte damals – wie immer – kreativ: Um die nun zu erwartenden Gerichtsprozesse zur Enteignung der Grundstückseigentümer:innen zu unterstützen, wurde 1979 ein Rechtshilfefonds gegründet. Die „Rechtshilfe Gorleben“ wurde über die Jahrezehnte ein fester Bestandteil der wendländischen Anti-Atom-Bewegung, begleitete eine Fülle rechtlicher Verfahren, organisierte etliche Informations- und Solidaritätsveranstaltungen, formulierte Presseerklärungen und sammelte Hunderttausende an Spenden, um Gutachten und Prozesse zu finanzieren.

Seit 2020 steht bekanntlich fest: In Gorleben wird kein Endlager für Atommüll gebaut. Inzwischen wird das ehemalige Erkundungsbergwerk wieder verfüllt. Damit sind auch die langjährigen Prozesse um die Grundstücksenteignungen vom Tisch.

Rechtshilfe Gorleben 2025: Neuauflage der „SolidarAktie“

Unweit vom Bergwerk stehen in einem Zwischenlager noch 113 Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen und hochradioaktiven Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken. Sie müssen dort so lange bleiben, bis ein Standort benannt wurde und ein Endlager in Betrieb gehen kann. Das wird möglicherweise noch 80 bis 100 Jahre dauern. Die Genehmigung für das Zwischenlager in Gorleben läuft aber schon 2034 aus. Die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) plant eine einfache Verlängerung dieser Genehmigung, die aus den 1980er-Jahren stammt. Gorleben ist das erste und älteste von bundesweit sechzehn Zwischenlagern, bei denen die Genehmigung in wenigen Jahren ausläuft. Das anstehende Verfahren ist damit die Blaupause für alle anderen Zwischenlager im Land.

Nachdem die Arbeit der Rechtshilfe Gorleben einige Jahre ruhen konnte, setzt sie sich nun für eine umfassende Neugenehmigung für das Zwischenlager ein, die alle erdenklichen Gefahren und Risiken berücksichtigt sowie eine kontinuierliche und engmaschige Überwachung garantiert. Um Einwände und Forderungen zu begründen und im Verfahren geltend zu machen, wird juristische und wissenschaftliche Expertise benötigt. Dafür sammelt die Rechtshilfe seit Mitte 2025 Geld, u.a. wurde die „Bäuerliche SolidarAktie“ neu aufgelegt.

weitere Informationen zu den Aktien hier: http://www.rechtshilfe-gorleben.de/

Bild: Screenshot aus NDR,  04.07.1978 – Landkauf in Gorleben

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