Francis ist tot

received_10157364174862977-225x300Mittwoch früh wurde Francis Althoff tot auf dem Salinas-Gelände gefunden, wo er am Vortag eine Besuchergruppe empfangen hat. Er hinterlässt eine traurige Tochter, einen traurigen Sohn und viele traurige Mitstreiter*innen.

Er war einer, der von Anfang an sich gegen Gorleben, die Atomkraft, aber auch für einen anderen Lebensstil engagierte.

Als Anfang Mai 1980 sich eine vielköpfige Menge mit Trecker, Sack und Pack auf den Weg machte, um die Bohrstelle 1004 zu besetzen, wo dann das legendäre Hüttendorf, die „Republik Freies Wendland“, wuchs, war Francis schon da, er hatte sich schon vorher mit dem Zelt dort niedergelassen, um der Polizei zuvor zu kommen.

„Schächte dicht!“ hieß es dann im Juni 1990, Aktivist*innen überwanden die Mauer des Endlagerbergwerks und kletterten auf die Bohrtürme der Schächte 1 und 2. In einer gemeinsamen Erklärung verlangten sie von Rot-Grün in Hannover das Ende des Endlagerprojekts, schließlich hatte der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) dieses Ziel im Wahlkampf proklamiert. 126.000 DM sollten die Besetzer*innen zivilrechtlich für diese Aktion blechen, aber die beispiellose Solidarität führte dazu, dass die Schadensersatzansprüche im Sande verliefen. Francis hat maßgeblich mit dem Buch „Leben im Atomstaat“ diese Aktion dokumentiert und eine Solidarisierungswelle mit angestoßen, er saß dabei zwar nicht auf einem der Türme, sondern startete ein Ablenkungsmanöver, ließ sich festnehmen, damit die anderen auf die Türme klettern konnten.

Viele Jahre übernahm er Funktionen im Vorstand der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, u.a. auch als Pressesprecher und bis zuletzt war er im BI-Büro „zuhause“, immer offen für ein Gespräch.

Francis war ein bemerkenswerter Mensch, strikt, klar positioniert und dabei sehr aufmerksam und sanft. Er hat den „richtigen Riecher“ für Recherche und bohrende Fragen und hatte sich in den letzten Jahren maßgeblich in der AG Fracking der BI engagiert, immer sehr zurückhaltend und auf das Wohl der Gruppen bedacht.

Schon lange, bevor der Begriff „Suffizienz“ die Runde machte, lebte er dementsprechend. Längere Zeit im Forsthaus Rondel, damals noch ohne elektrischen Strom, bescheiden, heute würde man sagen, er verzichtete auf Konsum, lebte hart am Gelände der Atomanlagen. Er fuhr, wann immer es ging, alle seine Strecken mit dem Rad und heute würde man sagen, sein „ökologischer Fußabdruck“ war vorbildlich.

Francis starb in Sichtweite der Türme. Wir vermissen ihn.

Nachtrag:

Es ist davon auszugehen, dass Francis an Herzversagen starb, er war vor Ort mit einer Besuchergruppe und blieb noch etwas dort, um auszuruhen. Wir warten noch darauf, dass seine Kinder ins Wendland kommen und sind aus Respekt ihnen gegenüber zurückhaltend, planen aber für den kommenden Sonntag (24. Juni, 13 Uhr) einen Sonntagsspaziergang rund um das Endlagerbergwerk zu seinem Gedenken. Wer das Bedürfnis hat, schon an diesem Sonntag zum tradionellen Rundgang zu kommen, ist natürlich herzlich eingeladen zu einem Gedankenaustausch.

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