Fünfzehn Jahre Gorleben Archiv: Die Vergangenheit bewahren, die Zukunft im Blick

Das Gorleben Archiv blickt auf ein besonders arbeitsintensives und erfolgreiches Jahr zurück. Mehrere wichtige Projekte konnten gestartet werden. Trotzdem war die Jahreshauptversammlung am vergangenen Sonntag von eher nachdenklichen und ernsten Tönen geprägt.

Denn erstmals in der 15jährigen Geschichte des Vereins fand eine Mitgliederversammlung ohne Marianne Fritzen statt. Die kürzlich verstorbene ‚Ikone des Widerstands’ galt als die Seele des Archivs, war seine Mitbegründerin, Frontfrau und bis zuletzt noch im Vorstand aktiv. „Ihr Tod reißt eine riesengroße Lücke“, sagte die Vorsitzende Gabi Haas. Als Fritzens Nachfolger im Vorstand wurde Rechtsanwalt Wolf Römmig gewählt. Der Strafverteidiger gehört zu den Bürgerinitiativlern der ersten Stunde, hat viele Bauern und Antiatomaktivisten vor Gericht vertreten und ist im Wendland deshalb bestens bekannt.

In ihrem Jahresbericht zogen die Vorstandsmitglieder und Archivleiterin Birgit Huneke eine ausgesprochen positive Bilanz: So wurden 2015 gleich fünf neue Projekte mit privater oder öffentlicher Förderung auf den Weg gebracht. Dabei geht es um die Erfassung und Digitalisierung umfangreicher Plakat- und Dia-Bestände. Auch die im Archiv gesammelten Hörkassetten und Tonbandspulen – darunter wichtige bisher noch unbekannte Aufnahmen – können nun digitalisiert und gerettet werden. Finanziell unterstützt werden diese Vorhaben durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK), die Greenpeace Umweltstiftung und den Rotary Club. Bereits begonnen wurde im vergangenen Jahr mit einem weiteren vom Lüneburgischen Landschaftsverband (LLV) geförderten Projekt: die Digitalisierung und Verschlagwortung einer von Marianne Fritzen über 40 Jahre lang erstellten und praktisch lückenlosen Presse-Dokumentation.

Das Gorleben Archiv über einen ganz besonderen Fundus verfügt, scheint sich herumzusprechen. Rund 150 Einzelnutzer oder Besuchergruppen wurden im letzten Jahr betreut – Journalisten, Studenten, Politiker, ganze Schulklassen oder Lehrergruppen. Tendenz steigend. Und neben einer vielbeachteten Plakatausstellung während der Kulturellen Landpartie werden Exponate des Gorleben Archivs inzwischen auch bundesweit in mehreren Ausstellungen präsentiert – etwa im Museum Lüneburg, im Zeitgenössischen Museum Leipzig oder im Technikmuseum in Berlin.

„Sieht man von den Gewerkschaften ab, ist bundesweit wohl keine andere soziale Bewegung über einen so langen Zeitraum so umfassend dokumentiert wie hier“, betonte Gabi Haas. „Unsere Aufgabe ist es, dieses Wissen auch zukünftigen Generationen zugänglich zu machen.“

Aber was ist zu tun, um das Gorleben Archiv auch langfristig auf sichere Füße stellen, es noch bekannter zu machen, sich in der Öffentlichkeit noch anschaulicher zu präsentieren und – vor allem – noch enger mit Forschungseinrichtungen zu kooperieren? Mit Fragen wie diesen soll sich im Auftrag des Vereins demnächst eine größere Studie befassen. Ziel des geplanten Projekts ist die „Entwicklung eines Konzepts zur Zukunft des Gorleben Archivs als Dokumentations-, Forschungs- und Bildungsstätte“. Der Lüneburgische Landesverband hat eine Beteiligung an den Kosten bereits zugesagt.

Wieder oder neu ins Amt gewählt - von links: Bernd Westphal (Beirat), Konni Ganßauge (Kassenwartin), Wolf Römmig (2. Vorsitzender), Birgit Huneke (Archivleiterin, mit einem Foto der verstorbenen Marianne Fritzen), Hans-Werner Zachow (Schriftführer), Gabi Haas (1. Vorsitzende), Doris Pechtl (Beirätin), Brigitte Heyde (Beirätin). Es fehlen die Beiräte Burghard Kulow und Dominique Chasseriaud.

Wieder oder neu ins Amt gewählt – von links: Bernd Westphal (Beirat), Konni Ganßauge (Kassenwartin), Wolf Römmig (2. Vorsitzender), Birgit Huneke (Archivleiterin, mit einem Foto der verstorbenen Marianne Fritzen), Hans-Werner Zachow (Schriftführer), Gabi Haas (1. Vorsitzende), Doris Pechtl (Beirätin), Brigitte Heyde (Beirätin). Es fehlen die Beiräte Burghard Kulow und Dominique Chasseriaud.

 

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